Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
erstatten«, erwiderte ich.
Er betastete seinen Mund und schaute in den Spiegel. Sein Blick war nach wie vor wütend. Dann, als werde ihm bewusst, dass seine Miene nicht zu dem Perry LaSalle passte, den wir alle kannten, stieß er den Atem aus und grinste.
»Vielleicht nehme ich ihn mir ein andermal vor«, sagte er.
»Würde ich sein lassen. Joe Zeroski war Auftragskiller für die Familie Giacano«, sagte ich.
Sein Blick wurde ausdruckslos, als wollte er nicht, dass ich ihn deutete. Er nahm mir seine Jacke aus der Hand, zog sie an und kämmte sich vor dem Spiegel die Haare. Dann hielt er inne.
»Starren Sie mich aus einem bestimmten Grund so an, Dave?«, fragte er.
»Nein.«
»Glauben Sie etwa, ich bin beunruhigt, weil der Kerl mal Gorilla für die Giacanos war«, sagte er.
»Selbst an guten Tagen bin ich mir nicht mal über meine eigenen Gefühle im Klaren, Perry«, sagte ich.
»Sparen Sie sich den Zwölf-Stufen-Kram fürs nächste Meeting, mein Guter«, erwiderte er.
Ein paar Minuten später begleitete ich Clete Purcel zu seinem Auto. Das Verdeck war offen, und ein halbes Dutzend Angelruten lehnten am Rücksitz. Wir sahen zu, wie Perry LaSalles Gazelle vom Parkplatz fuhr, die Bahngleise überquerte und in die St. Peter Street abbog.
»Zeigt er Joe Zeroski etwa nicht an?«, fragte Clete.
»Perrys Großvater hat während der Prohibition mit den Giacanos Rum geschmuggelt. Ich glaube, Perry möchte nicht an diese Verbindung erinnert werden«, sagte ich.
»Seinerzeit hat jeder Rum geschmuggelt«, sagte Clete.
»Jemand anders hat an Stelle seines Großvaters gesessen. Du hast doch nicht etwa vor, dich für den Ellbogenstoß an die Nase zu revanchieren, oder?«
Clete dachte darüber nach. »Das war nicht persönlich gemeint. Für einen Killer ist Joe kein übler Kerl.«
»Klasse Maßstab.«
»Wir sind hier in Louisiana, Dave. Guatemala-Nord. Hör auf, so zu tun, als ob das zu den Vereinigten Staaten gehört. Dann ergibt das Leben viel mehr Sinn«, sagte er.
Ich war an diesem Abend noch lange im Büro. Die zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großen Tatortfotos von Linda Zeroski und Amanda Boudreau waren auf meinem Schreibtisch ausgebreitet. Die Körperhaltung und die Gesichter der Toten erzählen immer eine Geschichte. Manchmal steht der Mund offen, wie wenn es jemandem die Sprache verschlagen hat, als hätte der Sterbende mit einem Mal festgestellt, dass die Welt ein einziger Schwindel ist. Der Blick ist möglicherweise auf einen Sonnenstrahl gerichtet, der durch das Laubdach eines Baumes fällt, oder eine Träne haftet im Augenwinkel, oder die Hände sind geöffnet, als wollten sie den Geist übergeben. Ich würde nur zu gern glauben, dass diejenigen, die eines gewaltsamen Todes sterben, von übernatürlichen Wesen getröstet werden, die sich auf eine besondere Weise um sie kümmern und sie schützen. Aber die Augen von Linda Zeroski und Amanda Boudreau verfolgten mich, und ich wollte ihre Mörder finden und ihnen etwas Furchtbares antun.
Auf dem Heimweg fuhr ich an der Ecke vorbei, an der Linda Zeroski unter einer ausladenden Eiche in ein Auto gestiegen und sorglos in einen Sonnenuntergang davongefahren war, der aussah, als hinge lila und roter Rauch am Horizont im Westen. Die halbwüchsigen Crackdealer, die angeblich ihre Freunde gewesen waren, reagierten erst gelangweilt auf meine Fragen, dann gereizt, weil ich die laufenden Geschäfte an der Ecke störte. Als ich nicht ging, blickten sie einander an und legten sich eine andere Strategie zurecht, so als wäre ich nicht da. Sie schlugen einen einschmeichelnden Tonfall an, machten ernste Mienen und gaben mir einmütig zu verstehen, dass sie ganz bestimmt in meinem Büro anrufen würden, falls sie irgendetwas erfahren sollten, das mir weiterhelfen könnte.
Ich ging zu meinem Pickup und wollte einsteigen. Dann hielt ich inne und lief zurück.
»Kreuzt manchmal auch Tee Bobby Hulin hier an der Ecke auf?«, fragte ich.
»Tee Bobby mag sie am liebsten, wenn sie süß, weiß und sechzehn sind. Ich seh hier in der Nähe nix dergleichen, Sir«, sagte einer der Kids. Die anderen kicherten.
»Was willst du damit sagen?«, fragte ich.
»Tee Bobby hat sein eigenes Ding laufen. Mit uns hat das gar nix zu tun«, sagte derselbe Junge.
Sie senkten im Dämmerlicht die Köpfe, mussten sich das Grinsen verkneifen, traten mit den Füßen in den Staub und warfen einander belustigte Blicke zu. Ich ging zu meinem Pickup zurück und stieg ein. Das Wetterleuchten im
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