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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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blauen Tätowierungen überzogen, die aussahen wie die mit groben Strichen gemalten Gestalten in den alten schwarz-weißen Zeichentrickfilmen.
    Dann kam der Tag, an dem sein Blick auf Ladice Hulin fiel.
    »Geh da rüber zu den Gummibäumen und setz dich in den Schatten«, sagte er.
    »Ich muss meine Reihe noch zu Ende pflücken. Danach muss ich mir die nächste Reihe vornehmen. Sonst schaff ich mein Soll nicht«, sagte sie.
    Er griff nach unten, nahm ihr den Sack aus der Hand und band ihn an seinen Sattelknauf.
    »Von dem Pfeffersaft kriegst du Blasen. Du musst deine Hände am Abend in Milch tauchen. Da vergeht das Brennen sofort«, sagte er.
    »Sie tun nicht weh, Legion. Bestimmt nicht. Ich muss meine Reihe fertig machen«, sagte Ladice.
    Diesmal erwiderte er nichts. Er zog sein Pferd herum, ließ es im Kreis gehen und lenkte es hinter sie, bis es sie mit der Vorhand anstieß.
    »Legion, mein Daddy will mich heut Nachmittag besuchen. Er kommt aus der Siedlung. Ich muss hier draußen auf dem Feld sein, wo er mich sehen kann«, sagte sie.
    »Du hast keinen Daddy, Kleine. Lass dich nicht noch mal bitten«, sagte Legion.
    Die anderen Arbeiter, die über die Pfeffersträucher gebeugt waren, blickten aus lauter Angst nicht ein Mal auf, hatten genug mit ihrem eigenen Elend zu tun, der Sonne und der Hitze, den Blasen an ihren Fingern und dem stechenden Schmerz in ihrem Kreuz, der in den langen Nachmittagsstunden ständig schlimmer wurde. Ladice wischte sich mit ihrem Kleid den Staub und den Schweiß vom Gesicht und ging auf die Tupelobäume zu, in deren Mitte ein Dornbusch stand, der sattgrüne Blätter und rote Blüten trug, die im heißen Schatten wie Blutstropfen aussahen.
    Sie hörte ein Auto auf der Straße hupen. Sie drehte sich um und sah Mr. Julian in seinem Lincoln Continental sitzen, dessen Weißwandreifen und Speichenräder in der Sonne funkelten, wie eine strahlende Erscheinung aus den Wolken. Er stieg mitten auf der Straße aus, trug ein langärmliges weißes Hemd mit lila Ärmelhaltern, eine Leinenhose und einen nach hinten geschobenen Panamahut. Sein Lächeln war wundervoll, und er schaute sie an, voller Güte, aber sein Auftreten war zugleich auch so gebieterisch, dass Legion ihren Sack zu Boden fallen ließ, aus dem Sattel stieg und sein Pferd zur Straße führte, damit sein Arbeitgeber nicht zu ihm aufblicken musste, wenn er ihn ansprach.
    Er lächelte so leutselig wie eh und je, doch im Wind, der durch die Pfeffersträucher wehte, konnte sie jedes Wort von ihm hören.
    »Ich bin ein bisschen überrascht, dass ich mitansehen musste, wie Sie eine junge Frau mit dem Pferd angestoßen haben, Legion. Ich nehme doch an, das war ein Versehen, nicht wahr?«, sagte er.
    »Ja, Sir. Ich hab ihr schon gesagt, dass es mir Leid tut«, sagte Legion.
    »Gut so. Weil Sie nämlich ein guter Mann sind. Ich möchte nicht noch mal so ein Gespräch mit Ihnen führen müssen.«
    Ladice hob ihren Sack auf, ging wieder in die Staudenreihe, bückte sich und pflückte die Pfefferschoten, durch deren Saft ihre Finger manchmal so dick anschwollen, als hätten sie Bienen gestochen. Sie warf einen verstohlenen Blick zu Mr. Julian, betrachtete seine Haltung, das Grübchen in seinem Kinn, die glänzenden Haare, als er den Hut abnahm, den roten Schlips, den ihm der Wind über die Schulter wehte. Von der Statur her überragte Legion Mr. Julian, aber er stand schweigend da, reglos wie ein gescholtenes Kind, während Mr. Julian den Deckel seiner goldenen Taschenuhr aufschnappen ließ, feststellte, wie spät es war, den Deckel wieder zuklappte und sich über eine Hochseeangeltour ausließ, die er unternehmen wollte.
    Während er redete, verweilte sein Blick unverwandt auf Ladice.
    »Denk bloß nicht, du wärst was Besonderes, Mädel. Sei nicht so dumm«, sagte eine alte Frau in der Reihe nebenan.
    Eine Woche später stellte Mr. Julian Ladice im großen Haus an, gab ihr neue Kleider, die sie bei der Arbeit tragen sollte, und überließ ihr die Wohnung über der Garage. Sie wusste, welchen Preis er dafür verlangen würde, aber sie nahm es ihm nicht übel. Vielmehr spürte sie, wie ihr beim bloßen Gedanken an sein offenkundiges Verlangen und seine Abhängigkeit, daran, dass er sie haben wollte, unter all den Frauen in der Siedlung ausgerechnet sie auserwählt hatte, dass er jede Nacht zu ihr kommen und ihr seine ganze Schwäche offenbaren würde, die Wangen glühten und der Atem wie eine Glasscherbe in der Brust brannte.
    Sie gab sich ihren

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