Die Schuld
komme zurecht. Aber die anderen schlagen sich gerade so durch. Und sie haben ihren Stolz.«
»Wie viel?«
»Ich würde es nur ungern sehen, dass einer von ihnen geht. Sie sind gut. Sie arbeiten wie die Verrückten.«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Um diese Jahreszeit bin ich immer sehr großzügig. Ich gebe allen einen neuen Vertrag für ein Jahr, für zweihunderttausend. Aber dafür bekomme ich jede Menge Stunden. Wir sind hier einer ganz großen Sache auf der Spur, die noch größer ist als der Fall vom letzten Jahr. Ihre Jungs sorgen dafür, dass alles klappt, und ich gebe allen eine Prämie. Eine richtig fette Prämie. Ich liebe Prämien. Der Grund dafür dürfte klar sein. Einverstanden?«
»In Ordnung, Boss.«
Es lag zu viel Schnee, um nach Hause zu fahren, und so setzten sie ihren Marathon fort. Clay sprach mit Mulrooney über die ersten Dokumente für das Unternehmen in Reedsburg, Pennsylvania, das den schadhaften Mörtel hergestellt hatte. Wes Saulsberry hatte ihm die vertrauliche Akte zukommen lassen, von der er in New York gesprochen hatte. Maurermörtel war zwar nicht so aufregend wie Blasentumore, Blutgerinnsel oder undichte Herzklappen, aber das Geld dafür war ebenfalls aus Papier. Sie teilten zwei Anwälte und einen Anwaltsassistenten ein, die die Sammelklage vorbereiten und einige Kläger suchen sollten.
Zehn geschlagene Stunden lang saßen sie zusammen im Konferenzraum, zehn Stunden, in denen sie literweise Kaffee tranken, eingetrocknete Bagels aßen, zusahen, wie aus dem Schneeschauer ein Sturm wurde, das Jahr planten. Die Besprechung hatte als Ideenaustausch begonnen, sich dann aber zu etwas viel Wichtigerem entwickelt. Eine neue Kanzlei war im Entstehen, und dieses Mal wusste Clay ganz genau, in welche Richtung er gehen wollte.
Der Präsident brauchte ihn! Obwohl die Wiederwahl erst in zwei Jahren anstand, waren seine Feinde bereits eifrig dabei, ganze Wagenladungen Geld zu sammeln. Der Präsident selbst war seit seinen Tagen als junger Senator immer für die Prozessanwälte eingetreten, hatte sogar selbst einmal einige kleinere Prozesse geführt, worauf er heute noch stolz war. Und jetzt brauchte er Clays Hilfe, um die eigennützigen Interessen der Großkonzerne abwehren zu können. Da er Clay unbedingt persönlich kennen lernen wollte, schlug er vor, das über den so genannten »Expertenrat des Präsidenten« zu arrangieren - einen handverlesenen Kreis von Prozessanwälten und Gewerkschaftsvertretern, die großzügige Schecks ausstellen konnten und Zeit hatten, um sich über wichtige Themen zu unterhalten.
Die Feinde planten gerade einen weiteren heftigen Angriff, mit dem sie eine Reform des Sammelklagenrechts durchzusetzen versuchten. Sie wollten lächerliche Höchstsätze festlegen, sowohl für den Strafschadenersatz als auch für den tatsächlich entstandenen Schaden. Sie wollten das Sammelklagensystem vernichten, das seinen Zweck für die auf Sammelklagen spezialisierten Anwälte bis jetzt doch so gut erfüllt hatte. Sie wollten verhindern, dass jemand seinen Arzt verklagte.
Der Präsident würde ihnen natürlich die Stirn bieten, wie immer, aber dazu brauchte er Hilfe. Der repräsentative, auf goldgeprägtes Briefpapier gedruckte Dreiseitenbrief endete mit der Bitte um Geld, vorzugsweise eine ganze Menge davon. Clay rief Patton French an, der sich gerade in seinem Büro in Biloxi aufhielt, was sehr ungewöhnlich war. Wie immer war French kurz angebunden. »Stellen Sie den verdammten Scheck aus«, befand er.
Clay und der Vorsitzende des Expertenrats führten mehrere Telefongespräche. Hinterher konnte sich Clay nicht mehr daran erinnern, was er ursprünglich hatte spenden wollen, aber der Betrag war mit Sicherheit erheblich niedriger gewesen als die zweihundertfünfzigtausend Dollar, die es schließlich geworden waren. Ein Kurier holte den Scheck ab und brachte ihn ins Weiße Haus. Vier Stunden später gab ein anderer Kurier einen schmalen Umschlag aus dem Weißen Haus für Clay ab. Er enthielt eine handgeschriebene Mitteilung des Präsidenten:
Lieber Mr Garret, ich bin gerade in einer Kabinettssitzung (und versuche, wach zu bleiben), sonst hätte ich Sie gleich angerufen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Wir sollten uns kennen lernen, vielleicht bei einem gemeinsamen Abendessen?
Unterschrieben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Ganz nett, aber für eine Viertelmillion Dollar konnte er das ja auch erwarten. Am nächsten Tag brachte ein Kurier eine dicke
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