Die schwarze Kathedrale
sind Ihnen außerordentlich dankbar«, erwiderte der Major. Dann wandte er sich an die alte Frau.
»Also, Mrs. Bubbosh, der Sergeant sagt mir, Sie hätten ausgesagt, Sie seien um kurz vor sechs zur Haustür gekommen und nicht eingelassen worden. Hat denn irgend jemand gesehen, daß Sie herkamen und die Tür verschlossen fanden?«
Die alte Frau sah erschrocken aus. »Das weiß ich nicht, Sir.«
»Es kann also niemand bestätigen, daß Mr. Stonex Sie auf Ihr Klopfen nicht eingelassen hat, wie er es seit fünfundzwanzig Jahren tagtäglich um sechs Uhr getan hat?«
»Wie hätte er das denn sollen, Sir? Der arme Herr lag doch tot in dem Zimmer da drüben.«
»Genau darum geht es ja, gute Frau.« Der Major lächelte Austin und mich an. »War er wirklich schon tot, als Sie an die Tür kamen? Oder hat er die Tür für Sie und einen Komplizen geöffnet?«
Sie sah entsetzt von einem zum anderen. »Kommen Sie, gute Frau. Stehlen Sie mir nicht die Zeit. Ich bin von einem schönen Zusammensein mit meiner Familie weg hierhergerufen worden. Verdammt noch mal, übermorgen ist Weihnachten. Ich habe die Absicht, diese Angelegenheit noch vor dem Fest zu erledigen. Seien Sie ehrlich. Was wissen Sie darüber? Haben Sie Söhne, Enkel, Neffen? Gibt es irgendwelche jungen Männer in Ihrer Familie, die Geld brauchen?«
Er wandte sich um und warf Austin und mir einen bedeutungsvollen Blick zu, als wolle er sagen: »Ich bin der Wahrheit auf der Spur.«
»Wir haben alle kein Geld, Sir. Aber bei uns gibt es nicht einen Mann oder Jungen, der auch nur im Traum daran denken würde, so etwas Böses zu tun.«
»Ach, wirklich? Ich kann Ihnen versprechen, daß wir sehr genaue Ermittlungen über die männlichen Mitglieder Ihrer Familie durchführen werden; sehr genaue Ermittlungen.«
»Und Sie werden nichts Verkehrtes finden. Bis auf meinen Bruder Jim, der beim Wildern erwischt worden ist. Aber das war nur ein einziges Mal. Er war zwei Jahre im Gefängnis dafür.«
»Aha«, rief der Major aus. »Da haben wir’s! Hat dieser Bruder versucht, sich mit Gewalt der Verhaftung zu entziehen? Ist das der Grund, warum er zu einer so langen Gefängnisstrafe verurteilt wurde?«
»Nein, Sir, das hat er nicht. Der Richter war ein Freund von dem Herrn, auf dessen Land man ihn erwischt hatte. Deshalb wurde er so streng bestraft.«
»Ein verbitterter und abgebrühter Knastbruder also. Und wo befindet sich dieser Bruder jetzt, gute Frau?«
»Auf dem Friedhof, Sir. Schon seit zehn Jahren.«
Das Lächeln im Gesicht des Majors erstarb. »All das wird genau überprüft werden, das verspreche ich Ihnen. Es bleibt also die Tatsache, daß Sie nicht beweisen können, daß Sie um sechs Uhr nicht eingelassen wurden.«
Ich fragte mich, was für eine abwegige Strategie der Major damit wohl verfolgte, denn seine Hypothese, daß Mrs. Bubbosh um sechs Uhr mit einem Komplizen in das Haus eingedrungen sein könnte, war in vieler Hinsicht anfechtbar – insbesondere hätte nur sehr wenig Zeit zur Verfügung gestanden, um die Tat auszuführen. Offenbar war dem Sergeanten der gleiche Gedanke gekommen, denn er zog seinen Vorgesetzten zur Seite, und die beiden führten leise eine kurze Unterredung.
Dann wandte sich der Major an Austin und mich. »Meine Herren, als Sie das Haus um halb sechs verließen, wurde an die Vordertür geklopft, und der Verstorbene sagte Ihnen, daß das der Kellner Perkins sei, der ihm einen Krug Bier bringen wolle?«
»Das ist richtig«, erwiderte ich.
Der Major wirbelte herum und wies mit dem Finger auf Mrs. Bubbosh. »Sie kennen diesen Perkins, nicht wahr?«
Sie sah ihn verblüfft an. »Ich kenne Eddy seit seiner Kindheit. Und vor ihm habe ich schon seinen Vater gekannt. Aber ich verstehe nicht, warum Sie das in einem Ton sagen, als ob das ein Verbrechen wäre.«
»Halten Sie sich gefälligst zurück, meine Liebe. Wenn ich Ihnen eine Frage stelle, erwarte ich eine klare Antwort ohne irgendwelche Mätzchen. Jetzt geben Sie mir gefälligst eine einfache Antwort auf eine einfache Frage!«
»Was für eine Frage war das, Sir?«
»Sind Sie und Perkins um halb sechs hierhergekommen?«
»Nein, das bin ich nicht! Und ich glaube, der junge Perkins auch nicht.«
»Behaupten Sie, daß diese Herren hier lügen?« unterbrach sie der Major.
Sie drehte sich um und sah uns entgeistert an. »Nein, natürlich nicht, Sir. Aber wenn sie behaupten, daß Eddy gekommen ist, dann kann ich nur sagen, daß er das noch nie getan hat. Und wenn Sie gestatten, glaub
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