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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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uns und lächelte. »Ich danke Ihnen, meine Herren. Ich möchte Sie jetzt nicht länger aufhalten. Sie können gehen. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe.«
    »Bitte zögern Sie nicht, sich an mich zu wenden, wenn ich Ihnen noch irgendwie nützlich sein kann«, erwiderte ich. »Ich wohne bei Mr. Fickling.«
    »Wie lange wollen Sie noch in der Stadt bleiben?«
    »Nur noch zwei Tage. Am Sonnabend morgen reise ich ab.«
    »Ich fürchte, Sie werden bei der gerichtlichen Untersuchung als Zeuge auftreten müssen. Sie beide, meine Herren.« Er drehte sich zu Austin um.
    »Ja, natürlich«, erwiderte ich. »Wissen Sie, wann das sein wird?«
    »Ich hoffe morgen.«
    »Dann ist das ja kein Problem«, versicherte ich.
    Wir tauschten noch einige Höflichkeitsfloskeln aus, und als wir schließlich das Haus verließen, klangen uns die Entschuldigungen des Majors für die Unannehmlichkeiten, die man uns bereitet hatte, noch in den Ohren. Als wir uns endlich auf der Straße vor dem Haus wiederfanden, bemerkte ich, daß Austin zitterte, und ich faßte ihn am Arm.
    »Wir sollten etwas essen«, sagte ich. »Es ist schon spät, und wir haben noch nichts gehabt.« Wir standen vor dem Wirtshaus, in dem wir einige Stunden zuvor etwas getrunken hatten, aber dort wollte ich nicht wieder hingehen. Vor allen Dingen fürchtete ich, daß Slattery in der Bar lauern könnte. »Wie wäre es mit dem ›Dolphin‹?« schlug ich vor.
    Austin nickte teilnahmslos.
    Wenige Minuten später saßen wir in der leeren Gaststube. Der Kellner, der gerade seine Arbeit für den Abend hatte beenden wollen, erklärte sich übellaunig bereit, uns etwas kalten Braten mit gekochten Kartoffeln aus der Küche zu holen.
    »Was für eine fürchterliche Geschichte.« Mein Kommentar war reichlich abgedroschen, aber das Schweigen zwischen uns begann langsam peinlich zu werden.
    Austin antwortete nicht, was mich nicht überraschte, denn seit der Entdeckung des Verbrechens befand er sich in einer Art Trancezustand.
    »Ich fand das Betragen des Sergeanten ausgesprochen beleidigend«, sagte ich. »Er schien der Meinung zu sein, daß einer von uns beiden lügt. Und er hat mir einige ziemlich unverschämte Fragen gestellt.«
    Austin sah auf. »Wirklich? Was wollte er denn wissen?«
    »Ich habe mich geweigert, ihm irgend etwas zu erzählen, das nichts mit den Ereignissen dieses Nachmittags zu tun hatte. Er schien es wichtig zu finden, daß der arme alte Mr. Stonex die Einladung verschoben hatte. Er hat doch auch dich danach gefragt, oder?«
    Austin nickte. Wieder schwiegen wir, bis der Kellner zwei Teller mit trockenem Fleisch und gestockter Soße sowie eine Schüssel mit fleckigen, lauwarmen Kartoffeln vor uns auf den Tisch knallte.
    »Adams scheint so eine Art Hypothese zu haben«, fuhr ich fort, »daß der alte Herr Besuch erwartet hat.«
    »Darüber braucht man sich nicht den Kopf zu zerbrechen«, sagte Austin. »Der Major hat recht. Es ist wirklich sehr simpel.«
    »Ich glaube, er irrt sich, wenn er meint, daß Mrs. Bubbosh etwas damit zu schaffen hat.«
    »Perkins hat es getan«, behauptete Austin, »mit oder ohne Hilfe der alten Frau.«
    »Ohne ihre Hilfe. Aber sicher lügt sie wegen der Kuchen, meinst du nicht?«
    »Natürlich lügt sie.«
    »Aber warum? Was könnte sie zu einer so überflüssigen und albernen Lüge veranlassen?«
    »Wer weiß? Bei so jemandem ist das oft schwer zu sagen. Es ändert nichts an der Tatsache, daß Perkins es war.«
    »Bist du dir sicher?«
    Austin legte Messer und Gabel aus der Hand. »Es ist sehr einfach: Als Stonex ihm sagte, daß er ihm um halb sechs ein Bier bringen solle – was er vorher noch nie getan hatte –, erkannte Perkins, daß seine große Chance gekommen war, ihn zu berauben. Er würde ins Haus eingelassen werden, ohne daß jemand davon erfuhr. Was er natürlich nicht wissen konnte, war, daß Stonex gerade an diesem Nachmittag Gäste haben würde, denen gegenüber er erwähnen würde, daß er sich ein Bier bestellt hätte.«
    Ich nickte. »Dann war es also ein plötzlicher Impuls?«
    »Ja. Er hat wohl die Absicht schon seit Monaten gehabt. Natürlich war ihm klar, daß er ihn würde töten müssen.«
    Ich erschauerte. »Aber Austin, warum … Warum hat er es auf diese Weise gemacht?«
    »Wie?« fragte er fast ein wenig ärgerlich. »Du hast es doch gesehen. Das wäre doch ganz bestimmt nicht nötig gewesen.«
    Er zuckte die Achseln. »Wer weiß? Kommt es darauf noch an?«
    Wir beendeten unsere Mahlzeit und begaben uns

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