Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarze Schatulle

Die schwarze Schatulle

Titel: Die schwarze Schatulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
Vom Netzwerk:
dass Benji in mir einen Teil der beängstigenden Welt sehe. Jetzt müsse man herausfinden, was ihn derart ängstige, dass er nicht mehr in die Schule gehe. »Ein Junge, der endlich Freund gefunden hat, nicht sich verhält so ohne Grund. Man muss verfolgen, ja, genau wie im Kino.« Hirsch wusste, dass wir Filme liebten, er liebe sie auch, sagte er, obwohl er so alt sei. »Muss auch befragen alle, die Benji kennen und ihn sehen, wie er sich verhalten hat letzte Zeit, also fragen nach alles, was auffällig war.«
    Und dann fing er an, über alles Mögliche Fragen zu stellen. Wie sah Benjis Zimmer aus? Welche Gegenstände waren darin und wo befanden sie sich? Was tat Benji vom Aufstehen bis zum Schlafengehen? Nachdem ich ihm alles beantwortet hatte, fragte er nach seinen Eltern. Wie sie seien und was sie täten. Während ich ihm die Umstände erklärte, schloss er die Augen, um sich zu konzentrieren. Er dachte eine ganze Weile nach, dann sagte er, Benjis Eltern könne man sicher Vernachlässigung vorwerfen, aber nicht Misshandlung im körperlichen Sinne. Der Zettel in Benjis Hand beweise, dass der Schuldige jemand von außen sei. »Ein Pfeil mit Blut«, sagte er. »Ich glaube nicht, hat Erwachsener gemalt.« Dann erkundigte er sich nach dem Mörderspiel und wir erklärten ihm, dass es immer nur ein Spiel war, nur einfach so eben.
    »Na ja, vielleicht jemand will, dass nicht nur Spiel ist, use it for something else. Like a Camouflage.«
    Joli übersetzte: »Der es für etwas anderes benutzt. Aber das letzte Wort habe ich nicht verstanden. Was ist das, Ka-mu-flasch?«
    Hirsch lächelte. »Wie in Theater. Nein, nicht wie in Theater, wie in Krieg. Wenn man sich einreibt mit Schlamm, um Farbe von Boden zu haben, damit man nicht wird entdeckt.«
    »Ach so«, sagte Joli. »Du meinst Tarnung.«
    Hirsch nickte. Dann erkundigte er sich, ob Benji noch andere Freunde hätte, und ich sagte, nein, keinen außer mir.
    »Aber seine Mutter hat von große Junge gesprochen und im Kloster du hast jemand gehört, stimmt’s?«
    Ich sagte, ich hätte keine Ahnung, wer mit ihm zum Kloster gegangen sei.
    »Gut«, sagte Hirsch und kratzte sich am Kinn. »Wissen nicht, wer, wissen nur, dass.«
    Er kratzte sich noch einmal am Kinn und fragte, ob Benji manchmal mit Geld in die Schule gekommen sei.
    »Ja, natürlich«, sagte ich.
    »Viel Geld? Wie viel«, fragte Hirsch.
    »Sehr viel«, sagte ich. »Oft mit hundert Schekel oder so.«
    Hirsch fragte, ob Benji das Geld von seinen Eltern gestohlen hätte.
    »Das braucht er nicht«, erklärte ich. »Es gibt einen Platz für das Geld, im Regal, da liegt so viel, wie er will, und er darf es sich jederzeit nehmen. Das heißt, niemand merkt es, ob er Geld nimmt oder nicht.«
    Hirsch schaute mich an. Ob ich wisse, wie viel Geld normalerweise dort liege.
    Ich fühlte mich unbehaglich. Irgendwie so, als wär ich verdächtig. »Genau weiß ich es nicht.«
    »Noch jemand weiß, wo Geld ist«, fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht. Nur alle, die dort wohnen – und ich. «
    »Okay«, sagte Hirsch langsam. »Also wir verstehen, dass sie wollen Benji für Geld.«
    Ich verstand ihn nicht. »Er meint«, sagte Joli, »dass sie nicht einfach so Geld wollen, sondern dass sie wollen, dass Benji es ihnen gibt. Sonst wären sie eingebrochen und hätten es gestohlen.«
    »Jetzt man muss Motiv finden«, sagte Hirsch. »Außer Geld. Geld braucht jeder.«
    »Motiv«, fragte ich. »Es gibt Kinder, denen es einfach Spaß macht, andere zu quälen, und nicht nur Kinder. Es gibt auch Erwachsene, die andern gern Angst machen. Und sie sogar schlagen.«
    »Gibt es«, bestätigte Hirsch. »Aber erst muss man einfache Gründe prüfen.«
    Ich dachte an die Diebstähle in der Schule und wie man uns vor dem Klassenausflug eingeschärft hatte, kein Bargeld mitzubringen, sondern Schecks. Ich dachte an den Einbruch in Esthers Kiosk und an meine schwarze Schatulle und schwieg.
    Wenn Benji das Haus nicht verlässt, sagte Hirsch, muss man aufpassen, wer ihn besucht oder wer sich in der Gegend herumtreibt. »Observieren«, sagte Hirsch. »Auch alter Mann und Kinder können observieren.« Einmal, in England, hatte er sogar eine achtzigjährige Frau gekannt, die ihren Mann observierte, um herauszufinden, ob er die Fische, die er heimbrachte, wirklich selber fing, und was entdeckte sie am Schluss?
    »Dass er sie in einem Laden gekauft hat«, fragte Joli.
    »Dass er kleinen Fisch aus Gold in ein Glas hatte«, sagte Hirsch. »Hat

Weitere Kostenlose Bücher