Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Spannungen zwischen Philip und Robert weitaus interessanter gefunden als das Stück.
Hier war er nun also am Ende des Tages und wanderte ruhelos umher. Als er an der Bibliothek mit den Werken über die Kunst vorbeikam, blieb er stehen, da ein schwacher
Lichtschein, der unter der Tür durchschimmerte, seine Aufmerksamkeit erregte.
In dem Augenblick, als er die Tür öffnete, erlosch das Licht.
Daemon schlüpfte in das Zimmer und hob die Hand. Die Kerze in der gegenüberliegenden Ecke begann zu leuchten; zwar nur schwach, doch das Licht reichte aus.
In seinen goldenen Augen lag ein freudiger Glanz, als er sich durch das Durcheinander schlängelte, das in dem Raum herrschte, bis er vor den Bücherregalen stand und auf einen goldblonden Schopf hinabblickte, dessen ganze Aufmerksamkeit auf den Fußboden gerichtet zu sein schien. Unter dem Nachthemd sahen ihre nackten Füße hervor.
»Es ist schon spät, Kleines.« Er schalt sich selbst für den besorgten Ton in seiner Stimme, doch es gab nichts, was er dagegen hätte tun können. »Solltest du nicht längst im Bett sein?«
Jaenelle blickte zu ihm auf. Das Misstrauen in ihren Augen traf ihn wie eine Ohrfeige. Noch am Morgen war er ihr Spielkamerad gewesen. Weshalb war er nun auf einmal ein verdächtiger Fremder?
Während er überlegte, was er sagen konnte, fiel ihm auf dem obersten Regal ein Buch auf, das zur Hälfte herausgezogen war. Er hoffte, den Grund für ihren plötzlichen Argwohn erraten zu haben, nahm das Buch aus dem Regal und las den Titel, woraufhin er überrascht eine Augenbraue hochzog. Wenn dies ihre Bettlektüre darstellte, war es kein Wunder, dass sie mit Graffs Lektionen in der Kunst nichts anzufangen wusste. Ohne etwas zu sagen, reichte er ihr das Buch und griff nach oben, um die übrigen Bände auf dem obersten Regal leicht zu verrücken. Als er fertig war, gab es an der Stelle, an der eben noch das Buch gestanden hatte, keine Lücke mehr und jemandem, der einen kurzen Blick auf die Regale warf, würde das Fehlen des einen Werkes nicht auffallen.
Nun? Er sagte es nicht. Versandte den Gedanken nicht. Dennoch stellte er die Frage und harrte einer Antwort.
Jaenelles Lippen zuckten. Unter ihrer Vorsicht war ein gewisses Vergnügen zu erkennen. Und darunter… vielleicht ein winziger Funke Vertrauen?
»Danke, Prinz.« In Jaenelles Stimme schwang Lachen mit.
»Sehr gern geschehen.« Er zögerte. »Ich heiße Daemon.«
»Es wäre unhöflich, dich so zu nennen. Schließlich bist du so viel älter als ich.«
Er stieß einen entnervten Seufzer aus.
Lachend vollführte sie einen unverschämten Knicks vor ihm und verließ das Zimmer.
»Ungezogener Fratz«, meinte er grollend, als er aus der Bibliothek trat, um in sein Zimmer zurückzukehren. Doch es gelang ihm nicht, das hoffnungsvolle Lächeln zu unterdrücken, das seine Lippen umspielte.
Alexandra saß auf ihrem Bett, die Arme um die Knie geschlungen. Zu beiden Seiten ihrer Schlafstatt hing je ein Klingelzug. Der linke würde ihr Dienstmädchen rufen. Der rechte – sie blickte zum sechsten Mal in einer Viertelstunde in die Richtung – würde es im Schlafzimmer unter dem ihren läuten lassen.
Seufzend stützte sie den Kopf auf die Arme.
In seiner Abendgarderobe, die so perfekt geschnitten war und seinen prächtigen Körper sowie das schöne Gesicht noch unterstrich, hatte er so verdammt elegant ausgesehen. Als er sich mit ihr unterhalten hatte, war seine Stimme ein sinnliches Streicheln gewesen, das ihr das Gefühl gab, Schmetterlinge im Bauch zu haben – ein Gefühl, das bisher kein anderer Mann bei ihr geweckt hatte. Seine Stimme und sein Körper waren schier unerträglich, da er sich der Wirkung, die er auf Frauen hatte, nicht bewusst zu sein schien. Im Theater waren mehr Operngläser auf ihn als auf die Bühne gerichtet gewesen.
Seinen Ruf durfte man natürlich nicht vergessen. Doch abgesehen davon, dass er immer auf geradezu kühle Weise höflich war, hatte sie bisher nichts an ihm gefunden, was ihm vorzuwerfen wäre. Er kam, wenn er gerufen wurde, erfüllte seine Pflichten als Begleiter mit Intuition und Taktgefühl, war immer liebenswürdig, wenn auch nicht schmeichlerisch – und erregte so viel sexuelles Verlangen, dass sich jede Frau, die heute im Theater gewesen war, noch in dieser Nacht nach einem Gefährten oder Liebhaber umsehen würde.
Sie selbst hatte keinen festen Geliebten mehr gehabt, seitdem sie Philip gebeten hatte, sich um Lelands Jungfrauennacht zu kümmern. Von
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