Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
Augenblick zu bereuen.
Als Jaenelle ihm ihr Gesicht zuwandte, stand kalte Wut in ihren Augen.
Sofort machte Daemon einen Rückzieher und versuchte, das eben Gesagte abzumildern. »Ich meine … schimpft er mit dir, wenn du während des Unterrichts etwas falsch machst? So wie Graff es tut?«
Die Wut wich aus Jaenelles Augen, doch sie war weiterhin wachsam. »Nun, meistens nicht. Eigentlich bloß einmal, aber da habe ich allen einen gehörigen Schrecken eingejagt, und außerdem war es in Wirklichkeit Prothvars Schuld, weil ich ihn bat, mir etwas beizubringen, aber er wollte es nicht, sondern lachte bloß und sagte, dass ich es nicht könnte, aber ich wusste, dass ich es kann. Also habe ich es getan, um es ihm zu zeigen, aber er wusste das ja
nicht und bekam es mit der Angst zu tun, und sie wurden alle mächtig zornig und dann wurde ich gescholten. Aber in Wirklichkeit war es Prothvars Schuld.« In ihren Augen lag das stumme Flehen, er möge Partei für sie ergreifen.
Ihre Erklärung hatte Daemon schwindelig werden lassen und er griff sich die einzige Einzelheit heraus, die er zu fassen bekam. »Wer ist Prothvar?«
»Andulvars Enkelsohn.«
Langsam bekam Daemon Kopfschmerzen. Zu viele Nächte lang hatte er hitzige Debatten mit Lucivar darüber geführt, wer der mächtigste Kriegerprinz in der Geschichte des Blutes gewesen war, um nicht von Andulvar gehört zu haben. Mutter der Nacht, dachte er, während er sich verstohlen die Schläfen massierte, wie viele Tote kannte sie denn noch? »Ich stimme dir zu«, erklärte er mit Nachdruck. »Es war Prothvars Schuld.«
Jaenelle blinzelte. Dann grinste sie. »Genau das glaube ich auch.« Sie rümpfte die Nase. »Prothvar war da allerdings anderer Meinung. Ist er immer noch.«
Daemon zuckte mit den Schultern. »Er ist Eyrier und Eyrier sind eben stur.«
Kichernd kuschelte Jaenelle sich an ihn. Daemon senkte langsam den Arm, bis seine Hand leicht ihre Schulter berührte. Er stieß einen zufriedenen Seufzer aus.
Mit dem Priester würde er Frieden schließen müssen. Zurücktreten würde er nicht, aber er wollte nicht, dass Jaenelle inmitten einer derartigen Konkurrenz gefangen war. Außerdem war der Höllenfürst lediglich ein Rivale, kein Feind. Vielleicht brauchte sie ihn ebenfalls.
»Dein Mentor wird auch der Priester genannt, nicht wahr?«, wollte Daemon mit schläfrig-seidener Stimme wissen.
Das Mädchen verkrampfte sich, wich jedoch nicht vor ihm zurück. Schließlich nickte Jaenelle.
»Wenn du ihn das nächste Mal siehst, richtest du ihm dann bitte Grüße von mir aus?«
Jaenelles Kopf fuhr so schnell in die Höhe, dass Daemon sich vor Schreck beinahe auf die Zunge gebissen hätte. »Du kennst den Priester?«
»Wir haben einander flüchtig gekannt … aber das ist schon lange her«, meinte Daemon, während seine Finger sich in ihrem Haar verfingen.
Sie schmiegte sich dichter an ihn, wobei sie ein herzhaftes Gähnen hinter beiden Händen zu verbergen suchte. »Ich werde daran denken«, versprach sie schläfrig.
Nachdem Daemon sie auf den Haarschopf geküsst hatte, zog er sie widerwillig auf die Beine, stellte das Buch ins Regal zurück und geleitete sie aus der Bibliothek. Er brachte sie bis zu der Treppe, die zu den Kinderzimmern führte. »Geh ins Bett und schlafe.« Er gab sich Mühe, streng zu klingen, doch selbst in seinen Ohren klang der Befehl eher liebevoll als aufgebracht.
»Manchmal klingst du genau wie er«, murrte Jaenelle, bevor sie die Treppe emporstieg und verschwand.
Daemon schloss die Augen. Lügner. Seidener, bei Hof abgerichteter Lügner. Im Grunde wollte er die Konkurrenz aus der Welt schaffen. Deshalb sandte er die Grüße nicht. Er wollte – aus zweiter Hand und nur für einen Augenblick – Saetan dazu zwingen, seinen eigenen Sohn anzuerkennen.
Doch welche Art Botschaft würde der Priester ihm im Gegenzug zukommen lassen, wenn er sich überhaupt die Mühe machte?
7Terreille
G reer stand mit locker hinter dem Rücken verschränkten Händen vor den beiden Frauen, die am Kamin saßen. Er war der getreueste Diener der Hohepriesterin von Hayll, ihr bester Meuchelmörder und Handlanger in allen delikaten
und schwierigen Angelegenheiten. Dieser Auftrag war eine wunderbare Belohnung für seine Treue.
»Du verstehst, was du tun sollst?«
Greer wandte sich der Frau zu, die man die Dunkle Priesterin nannte. Bis zum heutigen Abend hatte er nie verstanden, weshalb eine mächtige Priesterin sich genötigt sah, dieser geheimnisvollen
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