Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
umarmt, doch Daemon wirkte auf einmal angespannt und beinahe scheu. Saetan fragte sich unwillkürlich, ob Daemon nach all den Jahren an Dorotheas Hof eine Abneigung dagegen entwickelt hatte, berührt zu werden.
Und dann war da noch Lucivar. Saetan hatte nach Lucivar fragen wollen, doch Daemons gehetzter Gesichtsausdruck bei der bloßen Nennung des Namens hatte diese Möglichkeit zunichte gemacht. Da er seine Söhne kennen lernen wollte, würde er sich in Geduld üben und warten müssen, bis sie auf ihn zukamen, sobald sie so weit waren.
2Terreille
E s dauerte noch nervenaufreibende anderthalb Tage, bis Jaenelle zurückkehrte.
Nach einem hektischen Nachmittag voller gesellschaftlicher Visiten mit Alexandra schlich Daemon in den Gängen umher, da er zu ruhelos war, um sich hinzulegen und den dringend benötigten Schlaf nachzuholen. Da fiel sein Blick auf die beiden Mädchen, die vom Garten hereinkamen.
»Aber du musst dich doch daran erinnern, wie lustig es war!«, sagte Wilhelmina, als sich die beiden näherten. Sie blickte verwirrt drein. »Es ist doch erst gestern passiert.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Jaenelle geistesabwesend. »Oh ja, jetzt entsinne ich mich wieder.«
Daemon machte eine übertriebene Verbeugung. »Ladys.«
Wilhelmina kicherte. Jaenelle hob den Blick und sah ihm in die Augen.
Ihr erschöpfter Gesichtsausdruck gefiel ihm nicht, ebenso wenig der uralte Ausdruck in ihren Augen, selbst wenn sie dem Betrachter immer noch vorheuchelten, dass sie so blau wie der Sommerhimmel waren. Dennoch hielt er
ihrem Blick stand. »Lady, kann ich kurz etwas mit dir besprechen? «
Sie warteten, bis Wilhelmina die Treppe zu den Kinderzimmern hochgestiegen war, bevor sie in die Bibliothek gingen. Daemon sperrte die Tür ab. Bevor er sich entschieden hatte, was er sagen wollte, murmelte Jaenelle: »Schimpf nicht mit mir, Prinz.«
Während sein Zorn innerlich wuchs, verschränkte Daemon die Arme und kam gemächlich auf sie zu. »Ich habe noch keine Silbe gesagt.«
Jaenelle zog sich Mantel und Mütze aus und ließ beides auf das Sofa fallen, bevor sie sich daneben fallen ließ. »Ich bin heute schon ausgescholten worden.«
Der Priester hatte sie also zuerst in die Finger bekommen. Umso besser. Alles, was Daemon tun wollte, war, sie in den Arm zu nehmen. Er ließ sich neben ihr nieder und verspürte beinahe den Drang, sie wegen der erlittenen Schelte zu trösten, die er ihr eben selbst noch hatte angedeihen lassen wollen. »War es eine schlimme Standpauke?«, fragte er sanft.
Jaenelle warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. »Es hätte überhaupt keine Standpauke gegeben, wenn du mich nicht verpetzt hättest. Warum hast du das getan?«
»Ich hatte Angst, weil ich dachte, dir sei etwas zugestoßen.«
»Oh«, meinte Jaenelle ernüchtert. »Aber ich habe mir solche Mühe gegeben, als ich den Schatten erschuf, damit sich niemand Sorgen machen würde und es keinen Unterschied gäbe. Niemandem sonst ist der Unterschied aufgefallen.«
Er ist ihnen aufgefallen, Lady, und sie waren dankbar dafür. Es belustigte ihn – ein wenig –, dass sie sich mehr darüber den Kopf zu zerbrechen schien, dass sich ihre Kunst als weniger wirksam als angenommen erwiesen hatte, als über die Sorgen, die sie verursacht hatte. »Schwarz war nötig, um den Unterschied zu spüren, und selbst ich war mir am ersten Tag nicht sicher.«
»Wirklich?« Jaenelle hob den Kopf.
»Wirklich.« Daemon versuchte zu lächeln, was ihm jedoch nicht ganz gelang. »Meinst du nicht, ich hätte eine Erklärung verdient?«
Jaenelle senkte den Kopf und verbarg ihr Gesicht hinter ihrem goldenen Haarschleier. »Ich hätte es dir ohnehin gesagt. Das habe ich versprochen. Und dem Priester musste ich es sagen, damit er ein paar Dinge arrangieren konnte. «
Daemon runzelte die Stirn. »Wem hast du es versprochen?«
»Tersa.«
Er zählte bis zehn. »Woher kennst du Tersa?«
»Es war Zeit, Daemon«, fuhr Jaenelle fort, ohne auf seine Frage einzugehen.
Erneut zählte er bis zehn. »Tersa bedeutet mir sehr viel.«
»Das weiß ich«, sagte Jaenelle leise. »Aber du bist jetzt erwachsen, Daemon, und brauchst sie nicht mehr wirklich. Und für sie war es an der Zeit, das Verzerrte Reich zu verlassen... doch sie war so lange dort, dass sie den Weg alleine nicht mehr gefunden hätte.«
Das Zimmer war so kalt – und es war nicht die Art Kälte, die vom Zorn herrührte, sondern von purer Angst. Daemon hielt Jaenelles Hände in den seinen und fand ein wenig Trost
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