Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
vielleicht die geeigneten Druckmittel, um sie zu überreden. Nachdem er sich in den Sichtschutz gehüllt hatte, öffnete er die Tür und schlüpfte hinter Jaenelle aus dem Badezimmer. Die Frau, die ungeduldig vor der Tür gewartet hatte, packte Jaenelle unsanft am Arm und schleifte sie zurück in den Ballsaal.
Geräuschlos und unsichtbar schob Daemon sich am Rand des Saals entlang. Es war eine solche Kleinigkeit, ein Herz zum Stillstand zu bringen, hineinzugreifen und eine Arterie zu zerschneiden. Gab es hier auch nur einen einzigen Mann, ihn selbst eingeschlossen, der unentbehrlich war? Nein, nicht wenn das Eis in seinen Venen flüsterte, nicht, wenn das zweischneidige Schwert aus der Scheide gezogen war. Er glitt hinter seinen Cousin und hörte Kartane sagen: »Die da? Ein milchgesichtiges, kleines Ding. Die Schwester ist hübscher.«
Daemon lächelte. Immer noch in seinen Sichtschutz gehüllt, streckte er die Rechte nach Kartanes Schulter aus. Einen Augenblick lang, bevor seine Hand gewaltvoll zupackte, konnte er spüren, wie Kartane sich an ihn lehnte und die sinnliche, zitternde Berührung seiner langen Nägel genoss. Daemon weidete sich an dem Gefühl, als das sinnliche
Erschauern zu einem ängstlichen Beben wurde, sobald seine Nägel Kartane durch Jackett und Hemd schnitten.
»Cousin«, flüsterte Daemon ihm ins Ohr. »Komm mit mir auf die Terrasse hinaus.«
»Lass mich in Ruhe«, knurrte Kartane wütend aus dem Mundwinkel, wobei er versuchte, Daemons Hand abzuschütteln. »Ich habe zu tun.«
Daemon lächelte immer noch. Es war dumm von dem Jungen, Mut vorzutäuschen, wenn er doch nichts als Angst ausdünstete. »Zuerst hast du es mit mir zu tun.« Langsam drehte er sich um und zog Kartane mit sich.
»Bastard«, meinte Kartane leise, bewegte sich jedoch in Richtung Terrasse, um nicht dorthin geschleift zu werden.
»Gemäß meiner Geburt und auch, was meine sonstige Veranlagung betrifft«, pflichtete Daemon ihm mit liebenswürdiger Kälte bei.
Als sie draußen auf der Terrasse waren, ließ Daemon den Sichtschutz sinken. Im Vergleich zu der feurigen Kälte, die er in seinem Innern spürte, wirkte die Nachtluft mild. Während er darauf wartete, dass Kartane nicht mehr den Garten, sondern ihn ansähe, strich er geistesabwesend über die Zweige einer Topfpflanze. Er lächelte, als sich auf ihnen sogleich eine Eisschicht bildete, und fuhr fort, den Busch zu streicheln, bis er ganz in Eis eingehüllt war. Dann zog er mit einem Schulterzucken sein goldenes Etui aus der Tasche, zündete sich eine Zigarette an und wartete. Er stand zwischen Kartane und der Tür. Sein Cousin würde nicht gehen, bevor er bereit war, ihn ziehen zu lassen.
Am ganzen Körper schlotternd wandte Kartane sich um.
»Das milchgesichtige, kleine Ding«, sang Daemon leise, während der Zigarettenrauch sein Gesicht verhüllte.
»Was ist damit?«, wollte Kartane nervös wissen.
»Lass die Finger von ihr.«
»Warum?«, meinte Kartane mit einem höhnischen Grinsen. »Willst du sie vielleicht?«
»Ja.«
Daemon beobachtete, wie Kartane rückwärts taumelte und sich an der Terrassenbrüstung festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Es gibt Hübschere, wenn du junges Fleisch möchtest«, lockte Kartane schmeichlerisch.
»Fleisch bedeutet mir nichts«, erwiderte Daemon. »Mein Hunger geht tiefer.« Er warf die Zigarette von sich und beobachtete, wie sie auf ihrem Weg in den Garten dicht an Kartanes Wange vorbeisegelte. »Doch, Cousin, solltest du meinen Fehltritt ... oder meine Wahl ... jemals erwähnen ...«
Die Drohung hing unausgesprochen in der Luft.
»Du würdest mich umbringen?« Kartane brach in ungläubiges Gelächter aus. » Mich umbringen? Dorotheas Sohn?«
Daemon lächelte. »Dich physisch zu töten ist das Mindeste, was ich dir antun würde. Erinnerst du dich an Cornelia? Als es so weit war, war sie geradezu dankbar für das, was ich ihrem Körper antat.« Es dauerte nur einen Augenblick, bis Daemon unter Kartanes inneren Barrieren hindurchgeschlüpft war und mit der Zartheit einer Schneeflocke die Erinnerung an den Anblick von Cornelias Zimmer in dessen Geist fallen ließ, kurz bevor Daemon es verlassen hatte. Geduldig wartete er ab, bis Kartane aufgehört hatte, sich zu übergeben. »So ...«
Ein Wutschrei und das Geräusch zerberstenden Glases in einem der Zimmer über dem Ballsaal ließen ihn stocken.
Daemon wankte. Warum drehte sich der Boden – nicht der Boden – warum drehte er sich auf diese
Weitere Kostenlose Bücher