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Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit

Titel: Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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war. Er hörte in Leder gebundene Bücher wie aufgeschreckte Vögel durch den Raum schwirren, bevor sie
mit einem lauten Poltern zu Boden fielen. Seine Schuhe zuckten heftig bei dem Versuch, sich von den Füßen zu lösen. Über allem lag Jaenelles Gezeter: »Aufhören, aufhören, aufhören!«
    Sekunden später herrschte wieder Stille.
    Jaenelle lugte zwischen den Sessellehnen hindurch. »Saetan?«, meinte sie mit leiser, zitternder Stimme. »Saetan, alles in Ordnung bei dir?«
    Mit Hilfe der Kunst brachte Saetan den Sessel über sich zurück hinter den Schreibtisch. »Mir geht es gut, Hexenkind. « Er schob die Füße in seine Schuhe und erhob sich behutsam. »So viel Aufregung habe ich schon seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt.«
    »Wirklich?«
    Er brachte seine Jacke in Ordnung und strich sich das Haar zurück. »Ja, wirklich.« Hüter hin oder her, einem Mann seines Alters sollte das Herz nicht derart heftig im Brustkorb hämmern.
    Saetan ließ den Blick durch das Arbeitszimmer schweifen und musste ein Stöhnen unterdrücken. Das Buch, in dem er am Lesepult geblättert hatte, hing verkehrt herum in der Luft, die übrigen Bände lagen wie Treibholz auf dem Boden verstreut. Ja, der einzige lederne Gegenstand, der Jaenelles Aufforderung nicht Folge geleistet hatte, war ihr Schuh.
    »Es tut mir Leid, Saetan.«
    Er biss die Zähne zusammen. »Es dauert seine Zeit, Hexenkind. « Er ließ sich in den Sessel zurücksinken. Sie besaß so viel rohe Kraft und war doch so verletzlich, solange sie nicht gelernt hatte, sie richtig einzusetzen. Da schoss ihm ein beunruhigender Gedanke durch den Kopf. »Weiß sonst noch jemand von den Juwelen, die Lorn dir gegeben hat?«
    »Nein.« Ihre Stimme war ein mitternächtliches Flüstern. Angst und Schmerz spiegelten sich in ihren Augen und noch etwas, das stärker war als diese beiden Gefühle.
Etwas, das ihm einen Schauder über den Rücken jagte und ihn in seinem tiefsten Innern erstarren ließ.
    Doch die Angst und der Schmerz in ihren Augen entsetzten ihn im Grunde noch mehr.
    Selbst ein starkes, begabtes Kind war von den Erwachsenen in seinem Umfeld abhängig. Wenn ihre Stärke ihn aus dem Konzept brachte, wie erst würden ihre Leute, ihre Familie reagieren, wenn sie herausfanden, was sich in dieser kleinen Hülle verbarg? Würden sie das Kind akzeptieren, das jetzt schon die stärkste Königin in der Geschichte des Blutes war, oder würden sie ihre Stärke fürchten? Und wenn sie ihre Stärke fürchten sollten, würden sie versuchen, sie ihr zu nehmen, indem sie das Mädchen zerbrachen?
    Wurde die Jungfrauennacht auf gewaltsame Weise herbeigeführt, konnte sie das ihre Kräfte kosten. Doch da ihr inneres Netz derart tief im Abgrund angesiedelt war, wäre es ihr vielleicht möglich, sich weit genug zurückzuziehen, um der Schändung ihres Körpers standzuhalten – außer es gelang dem Mann, tief genug in den Abgrund vorzudringen, um sie selbst dort zu bedrohen.
    Gab es überhaupt einen Mann, der stark genug, dunkel genug, boshaft genug war?
    Es gab ... einen.
    Saetan schloss die Augen. Er könnte Marjong rufen und den Vollstrecker das Nötige erledigen lassen. Nein, noch nicht. Nicht, bevor es einen Anlass dazu gab.
    »Saetan?«
    Zögernd öffnete er die Augen und sah, erst verständnislos, dann mit wachsendem Entsetzen, wie sie den Ärmel nach oben schob und ihm ihr Handgelenk darbot.
    »Es besteht kein Grund, Blutgeld zu entrichten«, fuhr er sie an.
    Sie ließ das Handgelenk nicht sinken. »Es wird dir gut tun.«
    Jene uralten Augen versengten ihn und schienen ihn seines Fleisches zu berauben, bis er zitternd vor ihr stand. Er
versuchte abzulehnen, doch die Worte wollten nicht kommen, als er ihr frisches Blut roch, die Lebenskraft, die im entgegengesetzten Rhythmus zu seinem eigenen Herzschlag durch ihre Adern pulsierte.
    »Nicht so«, erwiderte er und zog sie zu sich. »Nicht bei mir.« Er schnitt mit dem Fingernagel in die seidige Haut an ihrem Hals. Das Blut floss heiß und süß. Er senkte den Mund auf die Wunde.
    Ihre Kraft wuchs, eine langsame, schwarze Flutwelle, geschickt kontrolliert, eine gewaltige Woge, die über ihn hinwegspülte, ihn reinigte und ihn heilte, obgleich sein Geist erschauderte, als er von einem anderen überflutet wurde, der so mächtig und so sanft war.
    Er zählte ihre Herzschläge und als er bei fünf angekommen war, hob er den Kopf. Sie sah weder schockiert noch verängstigt aus, was normalerweise der Fall war, wenn man von den Lebenden

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