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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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horizontalen Gewerbe zurückzog.
    Nach jener Nacht an Cassandras Altar hatte sie feststellen müssen, dass sie es nicht mehr verkraftete, mit Männern ins Bett zu gehen, selbst wenn es ihren Aufträgen diente. Verhungern würde sie wohl kaum, bloß weil sie die Hurerei aufgab. Lord Marcus, Sadis Finanzexperte, kümmerte sich ebenfalls um ihre Investitionen, und er erledigte seine Aufgabe gut. Abgesehen davon hatte sie ihre Arbeit als Attentäterin schon immer der Prostitution vorgezogen.
    Surreal schüttelte den Kopf. Über ihre Zukunft würde sie sich später Gedanken machen.
    Geräuschlos schlich sie durch das niedrige Gebüsch am Rand der Rasenfläche, bis sie den Baum erreicht hatte, der einen perfekten Ast für eine Schaukel besaß. Normalerweise
hing auch etwas von dem Ast herab, doch es war kein Kinderspielzeug.
    Surreal blickte empor und versuchte, die geisterhafte Erscheinung zu spüren und die durchsichtige Gestalt im Schatten des Baumes auszumachen.
    »Du wirst sie nicht finden«, erklang eine Mädchenstimme. »Marjane ist fort.«
    Surreal wirbelte herum und starrte das Mädchen mit der aufgeschlitzten Kehle und dem blutverschmierten Kleid an. Sie hatte Rose vor sieben Monaten kennen gelernt, als Jaenelle ihr Briarwoods schreckliches Geheimnis offenbart hatte. In der folgenden Nacht hatten Rose und sie Jaenelle aus Briarwood herausgeholt, waren jedoch zu spät gekommen, um zu verhindern, dass dem Mädchen Gewalt angetan worden war.
    »Was ist mit ihr passiert?«, wollte Surreal mit einem Blick in Richtung des Baumes wissen. Sie kam sich dumm vor, eine derartige Frage nach einem Mädchen zu stellen, das schon lange tot war.
    Rose zuckte mit den Schultern. »Sie verblasste, hat sich aufgelöst. Alle alten Geister sind nach und nach in die Dunkelheit zurückgekehrt.« Sie betrachtete Surreal. »Warum bist du hier?«
    Surreal atmete tief ein. »Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden. Morgen früh verlasse ich Chaillot – und werde nicht zurückkehren.«
    Rose dachte über ihre Worte nach. »Wenn du meine Hand hältst, kannst du vielleicht einen Blick auf Dannie erhaschen. Ich habe keine Ahnung, wie es Jaenelle früher immer gelang, die Geister zu sehen. Selbst nachdem ich eine Dämonin wurde, konnte ich die alten Geister nur sehen, wenn sie hier war. Sie meinte, es läge daran, dass dies hier eines der Reiche der Lebenden ist.«
    Nachdem Surreal Roses Hand ergriffen hatte, gingen sie auf die Überreste des Gemüsegartens am Ende des Rasens zu.
    »Geht es Jaenelle gut?«, erkundigte Rose sich zögerlich.

    Surreal schob sich das vom Wind zerzauste Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß es nicht. Sie war schwer verletzt. Eine Hexe an Cassandras Altar hat sie an einen sicheren Ort gebracht. Vielleicht konnte sie Jaenelle schnell genug zu einer Heilerin schaffen.«
    Sie verharrten vor dem Karottenbeet, wo zwei rothaarige Schwestern heimlich verscharrt worden waren – auf dieselbe unwürdige Weise, wie all die Kinder hier begraben worden waren. Doch es waren keinerlei Gestalten zu sehen oder flüsternde Stimmen zu hören, und Surreal wurde nicht von dem benommenen Entsetzen befallen, dass sie bei ihrem ersten Besuch in dem Garten gespürt hatte. Jetzt empfand sie nur noch Trauer und die leise Hoffnung, dass jene jungen Mädchen endlich den Erinnerungen an das entkommen waren, was man ihnen angetan hatte.
    Nur Dannie war noch da. Surreal bemühte sich, nicht den gespenstischen Stumpf am Oberschenkel des Mädchens anzusehen. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie noch verzweifelter versuchte, nicht daran zu denken, was mit dem Bein geschehen war, das dort eigentlich sein sollte.
    Im nächsten Augenblick unterdrückte Surreal ihr Mitleid und entsandte einen mentalen Faden voll Wärme und Freundschaft zu dem Geistermädchen.
    Dannie lächelte.
    Selbst zu ihren Toten waren die Angehörigen des Blutes grausam, dachte Surreal, während sie Roses kalte Hand drückte. Wie leer und einsam mussten die ganzen Jahre für diejenigen gewesen sein, die nicht stark genug waren, um zu Dämonentoten zu werden, andererseits jedoch zu kräftig, um wieder in die Dunkelheit einzukehren. So blieben sie an ihre Gräber gekettet zurück; ungesehen, ungehört, ungeliebt – außer von Jaenelle.
    Was war mit ihr geschehen?
    Nach einer Weile gingen Surreal und Rose wieder zu den Gebüschen zurück. »Man sollte sie alle umbringen«, knurrte Surreal, als sie Roses Hand losließ. An den Baum gelehnt blickte sie unverwandt zu dem Gebäude

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