Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
gegenüber an den Tag legte, regte ihn auf. Als er sah, wie ihre Hand mit dem eyrischen Jagdmesser zitterte, mit dem sie noch vor einem Monat problemlos umgegangen war, gab er dem Zorn nach, der in ihm aufwallte. »Lady!«, meinte er schroff.
Jaenelle wirbelte zu ihm herum, wobei es ihr offensichtlich schwer fiel, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Auch ihre Augen loderten kampfeslustig.
»Man hat Daemon gefunden.«
Mit verschränkten Armen lehnte sich Saetan an die Wand und ging nicht auf den herausfordernden Unterton in ihrer Stimme ein. »Du hast also vor, deine Kraft mithilfe eines bereits geschwächten Körpers zu kanalisieren, um den Schatten zu erschaffen, mit dem du bereits ganz Terreille durchforstet hast, deinen Schatten an den Ort zu schicken, an dem sich Daemons Körper befindet, durch das Verzerrte Reich zu streifen, bis du Daemons Geist gefunden hast, und ihn anschließend zurückzuführen.«
»Ja«, entgegnete sie mit viel zu ruhiger Stimme. »Genau das habe ich vor.«
Lucivar schlug seitlich mit der Faust gegen die Wand. »Es ist zu viel. Du hast noch nicht einmal angefangen, dich von
den Strapazen des Heilens zu erholen. Diese Freundin von dir soll ihn ein paar Wochen bei sich behalten.«
»Man kann jemanden, der sich in das Verzerrte Reich verirrt hat, nicht einfach ›bei sich behalten‹«, fuhr Jaenelle ihn aufgebracht an. »Leute, die sich im Verzerrten Reich befinden, leben nicht in unserer Welt und sind nicht in der Lage, die Wirklichkeit so wahrzunehmen, wie jeder andere es tut. Sollte ihn etwas erschrecken, sodass er meiner Freundin entschlüpft, könnte es Wochen oder gar Monate dauern, bis sie ihn wiederfände. Bis dahin ist es vielleicht zu spät. Ihm läuft die Zeit davon! «
»Dann soll sie ihn zum Bergfried in Terreille bringen«, schlug Lucivar vor. »Dort können wir ihn festhalten, bis du wieder stark genug bist, um ihn zu heilen.«
»Er ist wahnsinnig, nicht zerbrochen, und trägt immer noch Schwarz. Wenn jemand versuchte, dich ›festzuhalten‹, welche Erinnerungen riefe das in dir wach?«
»Sie hat Recht, Lucivar«, meinte Saetan ruhig. »Wenn er glaubt, dass diese Freundin ihn in eine Falle gelockt hat, wird das wenige Vertrauen zerstört, das er in sie setzt; ganz egal, was ihre wahren Beweggründe sein mögen. Und ein weiteres Mal wird sie ihn gewiss nicht finden. Zumindest nicht, solange es noch etwas zu finden gibt, das der Mühe wert wäre.«
Erneut schlug Lucivar mit der Faust gegen die Wand. Immer wieder hieb er auf das Gestein ein, während er leise vor sich hin fluchte. Schließlich massierte er sich die Handkante. »Dann gehe ich nach Terreille zurück und hole ihn.«
»Weshalb sollte er dir vertrauen?«, meinte Jaenelle verbittert.
In Lucivars Augen stand sein Schmerz geschrieben.
Saetan konnte fühlen, wie sich Jaenelles innere Barrieren einen Spaltbreit öffneten. Er dachte nicht lang nach. In dem Augenblick, als sie zwischen ihrem Zorn und ihrem Mitgefühl Lucivar gegenüber hin- und hergerissen war, tauchte er kurz durch die Lücke, um ihre Gefühlslage zu erspüren.
So, so. Sie ging also davon aus, sie zwingen zu können, ihren Wünschen nachzugeben. Sie glaubte, dass sie im Grunde
eine Waffe in der Hand hielt, der sie sich nicht widersetzen konnten.
Sie hatte Recht.
Doch jetzt befand er sich in derselben Situation.
»Lass sie gehen, Lucivar«, erklang Saetans besänftigender Singsang. Seine Stimme war ein leises, gedämpftes Donnergrollen. Immer noch mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt, verbeugte er sich spöttisch. »Die Lady hat uns in der Hand, und sie weiß es.«
Mit grimmiger Zufriedenheit beobachtete er, wie ihm aus Jaenelles Augen Argwohn entgegenschlug.
Sie warf beiden einen raschen Blick zu. »Ihr werdet mich nicht aufhalten?«
»Nein, wir werden dich nicht aufhalten.« Saetan lächelte boshaft. »Jedenfalls dann nicht, wenn du einwilligst, den Preis für unser ergebenes Einlenken zu bezahlen. Solltest du dich weigern, kommst du nur über unsere Leichen von hier fort.«
Welch eine hübsche Falle, welch süßer Köder!
Er hatte sie verwirrt. Endlich war es ihm gelungen, sie aus der Fassung zu bringen. Gleich würde sie herausfinden, wie raffiniert er sie in ein Netz einspinnen konnte.
»Was ist euer Preis?«, fragte Jaenelle widerstrebend.
Gelassen musterte er sie von Kopf bis Fuß. »Dein Körper.«
Sie ließ das Messer fallen.
Wahrscheinlich hätte es sich in ihren Fuß gebohrt, hätte Lucivar es nicht mitten
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