Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
er nicht den Ring der Hingabe tragen würde und nicht jede einzelne Minute an die Beziehung erinnert würde, die damit einherging, könnte er vielleicht akzeptieren, für Jaenelle bloß ein guter Freund zu sein oder – so wahr die Dunkelheit ihm helfe – ein weiterer älterer Bruder. Vielleicht konnte er jenes Verlangen überwinden, das ihm solche Qualen bereitete, und …
Und was? Zusehen, wie Jaenelle einen anderen Mann erhörte? So tun, als könne er das Feuer löschen, das in seinem Inneren loderte?
Ein Monat war keine lange Zeit für eine Werbung. Doch er hatte bereits so unendlich lange auf das Erscheinen von Hexe gewartet. Dann, als sie ihm den Ring der Hingabe angeboten hatte, hatte er gehofft …
Er würde mit Saetan sprechen, den Ring zurückgeben und herausfinden, ob es einen Hof in einem weit entfernten Winkel des Reiches gab, an dem er die vorgeschriebene Zeit dienen konnte, um in Kaeleer zu bleiben. Er würde …
Da ging eine Tür auf. Jaenelle trat auf den Gang. Sie erbleichte, als sie ihn sah.
Er blieb stehen. Er mochte alles andere aufgeben müssen, doch er würde niemals aufhören, sie zu lieben.
»Ähm, Daemon«, sagte Jaenelle in eigenartigem Tonfall. »Hast du kurz Zeit?«
»Selbstverständlich.« Es kostete ihn Mühe, doch er schenkte ihr ein warmherziges, aufmunterndes Lächeln und folgte ihr in das Zimmer.
Jaenelle stand außer Reichweite von ihm und starrte zu Boden. Sie wirkte nervös und konzentriert – als suche sie nach den richtigen Worten, um ihm schlechte Neuigkeiten zu verkünden.
Sie wird mich bitten, ihr den Ring der Hingabe zurückzugeben. Sobald sich dieser Gedanke in seinem Kopf festgesetzt hatte, begrub er unbarmherzig jegliche Vorstellung einer noblen Opferhaltung, die er eben noch gehegt hatte. So leicht
würde er nicht aufgeben! Und den Ring der Hingabe würde er ihr nicht widerstandslos aushändigen.
»Wie schwer kann es schon sein?«, murmelte Jaenelle.
Daemon wartete einfach ab.
Mit einem lang gezogenen Seufzer trat Jaenelle auf ihn zu, legte ihm die Hände auf die Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und strich mit den Lippen über die seinen. Anschließend zog sie sich hastig wieder außer Reichweite zurück und betrachtete ihn wachsam.
Daemon war sich nicht sicher, was er zu dieser unerwarteten Entwicklung sagen sollte. Als Kuss betrachtet, ließ er einiges zu wünschen übrig. Doch als Kuss von Jaenelle …
Es kostete ihn Überwindung, sich nicht die Lippen zu lecken.
»Bist du nervös?«, fragte Jaenelle, die ihn immer noch argwöhnisch beäugte.
Er würde eine kleine Unterhaltung mit Surreal über rätselhafte Ratschläge führen müssen. Zumindest hatte er so jedoch eine Ahnung, wie die richtige Antwort zu lauten hatte.
»Ehrlich gesagt habe ich schrecklich Angst, ich könnte etwas Dummes sagen oder tun, sodass du mich vielleicht nie wieder küssen willst.«
Vielleicht war das zu dick aufgetragen, denn nun wirkte sie besorgt. Dann warf sie die Hände in einer Geste wütender Hilflosigkeit in die Höhe.
»Ich weiß nicht, was ich tun muss«, sagte sie mit kläglicher Stimme. Dann fügte sie kaum hörbar hinzu: »Surreal hätte mich doch mitschreiben lassen sollen.«
Daemon biss sich auf die Zunge. Ja, er würde sogar ganz bestimmt eine kleine Unterhaltung mit Surreal führen müssen!
Jaenelle begann auf und ab zu gehen. »In Liebesgeschichten klingt immer alles so einfach.«
»Küssen ist auch nicht schwierig«, warf Daemon vorsichtig ein.
Sie warf ihm einen giftigen Blick zu, als sie an ihm vorüberging. »Lucivar hat das Gleiche vom Kochen behauptet«,
meinte sie unwirsch. »Die Wölfe haben nicht einmal abgewartet, bis mein Braten aus dem Ofen kam, sondern gruben gleich ein tiefes Loch, um ihn zu verscharren.«
Das klang nach einer interessanten Geschichte. Mit Lucivar würde er demnächst auch einen kleinen Schwatz halten.
»Küssen ist wirklich nicht schwierig«, beharrte Daemon unbeirrt. »Du hast mich doch gerade eben geküsst.«
»Aber nicht sehr gut«, murmelte sie verdrießlich.
Daemon zog es vor, hierauf keine Antwort zu geben. Stattdessen musterte er sie. Frustration. Verlegenheit. Und ein Gefühl, das ihm den Atem verschlug – Begehren. »Warum hast du Surreal gefragt, wie man küsst?«
» Sie hat dir davon erzählt? «
»Nein, das habe ich erraten.« Und aufgrund von Jaenelles halblauter Bemerkung über das Mitschreiben sowie Surreals knapper Anweisung war es ihm nicht schwer gefallen, die richtigen Schlüsse zu
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