Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
greifen.
»Ich bin es nicht, der ihn anbietet, Prinz. Als Haushofmeister des Dunklen Hofes ist er mir zur Aufbewahrung anvertraut worden.«
Nervös leckte sich Daemon über die Lippen. »Ist er je getragen worden?« Jaenelle war mittlerweile fünfundzwanzig. Es bestand kein Grund, zu glauben – zu hoffen –, er habe nie zuvor den Finger eines anderen Mannes geziert.
In Saetans Augen lag eine Mischung aus Erleichterung und Trauer. »Nein.« Er machte die Schatulle wieder zu und hielt sie ihm entgegen.
Daemons Hand schloss sich krampfartig darum.
»Komm schon, Junge«, meinte Saetan, wobei er das Brandyglas an Lucivar weiterreichte und Daemon aufhalf. »Ich zeige dir dein Zimmer. In ein paar Minuten wird Beale dir ein Tablett hochbringen. Versuch etwas zu essen und zu schlafen. Morgen können wir uns weiter unterhalten.«
Daemon öffnete die Glastür und trat auf den Balkon. Der seidene Morgenmantel war zu dünn und konnte nicht verhindern, dass die Nachtluft ihm die Wärme raubte, die ihm ein langes Bad geschenkt hatte. Doch er musste einen Augenblick im Freien sein und dem Gesang des Wassers lauschen, das unten in dem natürlich wirkenden Brunnen in der Mitte des Gartens über den Stein plätscherte. Nur in zwei Zimmern, die auf den Garten hinausgingen, war weicher Lichtschein zu sehen. Handelte es sich um Gästezimmer? Oder bewohnten Aaron und Khardeen jene Gemächer?
Saetan hatte gesagt, dass bisher kein Mann den Ring der Hingabe getragen habe, aber …
Daemon atmete tief und langsam durch. Sie war eine Königin, und eine Königin hatte ein Anrecht auf jegliches Vergnügen, das die Männer an ihrem Hof ihr bieten konnten.
Und nun war er hier.
Zitternd kehrte er in das Zimmer zurück, schloss die Glastür und zog die Vorhänge vor. Dann schlüpfte er aus dem Morgenmantel,
stieg in sein Bett und zog sich die Decke über den nackten Körper. Er legte sich auf die Seite und starrte etliche Minuten lang die Schmuckschatulle an, die auf dem Nachttisch stand.
Er war nun hier. Jetzt hatte er die Wahl.
Er holte den Ring der Hingabe aus der Schatulle und steckte ihn sich an den Ringfinger seiner linken Hand.
6 Kaeleer
Während Surreal damit beschäftigt war, ihre Toilettenartikel in den Badezimmerschrank zu räumen, hielt sie inne und lauschte. Ja, jemand hatte ihr Schlafzimmer betreten. War das Dienstmädchen zu einer weiteren höflichen Auseinandersetzung zurückgekehrt? Sie hatte der Frau doch deutlich gesagt, dass sie keine Hilfe beim Auspacken benötigte – und hatte sich über den leisen Kommentar gewundert, den sie geerntet hatte: Keine Frage, du bist eine SaDiablo.
Vielleicht war sie tatsächlich ein wenig voreilig gewesen. Schließlich hatte sie keine Lust, ihre Wäsche während ihres gesamten Aufenthalts auf der Burg – wie lange der auch sein mochte – selbst zu waschen.
Auf dem Weg zur Badezimmertür durchforstete sie das Schlafzimmer vorsorglich mithilfe der Kunst. Sie fletschte die Zähne. Es war nicht das Dienstmädchen. Stattdessen war soeben ein Mann dabei, es sich in ihrem Zimmer bequem zu machen! Sie hielt inne. Die mentale Signatur war zweifellos männlich – aber irgendetwas stimmte damit nicht.
Sie rief ihren Lieblingsdolch herbei und legte einen Sichtschutz darum. Aufgrund der Art, wie sie die Arme herabhängen ließ, die rechte Hand locker um den Dolchgriff gelegt, hätte niemand vermutet, dass sie eine Waffe gezückt hielt – außer die betreffende Person wusste, wer und was sie war. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um einen Mann, der von ihrem früheren Beruf gehört hatte und sich dachte, sie würde
ihn nur allzu gerne verwöhnen – wie jene feigen Mistkerle auf dem Dienstbasar, die sie bedrängt hatten, einen Vertrag zu unterschreiben und in einem ›aristokratischen‹ Haus des Roten Mondes zu arbeiten.
Nun, wenn dieser Mann erwartete, sich mit ihr zu vergnügen, würde sie ihn einfach darüber aufklären, dass er zuerst mit dem Haushofmeister über die Entschädigung zu sprechen habe. Außer, es handelte sich um den Haushofmeister. Glaubte er wirklich, sie würde sich aus einem Vertrag freikaufen, den sie überhaupt nicht hatte unterschreiben wollen?
Innerlich vor Wut schäumend, betrat Surreal das Schlafzimmer – und blieb wie angewurzelt stehen, nicht sicher, ob sie losschreien oder lachen sollte.
Ein riesiger grauer Hund hatte den Kopf in ihrem offenen Schrankkoffer vergraben. Die Spitze seines Schwanzes schlug wie ein Metronom hin und her, während er an
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