Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
ausleihen.«
Sylvia sah ihn wütend an. »Ich leihe es dir unter der Bedingung, dass du dem Hexensabbat gegenüber zugibst, es zu lesen.«
Saetan schwieg. Nun waren seine Wangen von einer leichten Röte überzogen.
Zufrieden schenkte Sylvia Daemon ein herzliches Lächeln. »Willkommen in Kaeleer, Prinz Sadi.«
»Danke, Lady«, erwiderte Daemon höflich. »Deine Bekanntschaft zu machen, war sehr aufschlussreich.«
Saetan stieß ein zorniges Zischen aus. Sylvia suchte eilig das Weite.
Als sie fort war, fuhr Saetan sich mit den Fingern durch das Haar und betrachtete anschließend seine leere Hand. »Ich begreife nur zu gut, weshalb das Haar ihres Vaters ausgefallen
ist«, meinte er verdrießlich. »Zumindest bekomme ich immer mehr graue Strähnen, wofür ich wahrscheinlich noch dankbar sein sollte.«
»Sie ist eine Freundin?«, erkundigte Daemon sich unschuldig.
»Ja, sie ist eine Freundin «, fuhr Saetan ihn an, wobei er das letzte Wort ein wenig zu stark betonte. Er warf Daemon einen aufgebrachten Blick zu. »Komm schon, Kleiner. Du setzt dich besser hin, bevor du mir noch umkippst.«
Gehorsam folgte Daemon seinem Vater trotz der Anrede in dessen offizielles Arbeitszimmer. Der gereizte, abwehrende Tonfall in Saetans Stimme amüsierte ihn und schürte seine Neugierde.
Als er sich endlich umständlich in einen Sessel gesetzt hatte, stieß Andulvar Yaslana zu ihnen.
»Für einen Anfänger warst du gar nicht schlecht«, sagte Andulvar.
»Sobald ich mich wieder bewegen kann, werde ich ihm den Kopf abreißen«, knurrte Daemon.
Saetan und Andulvar tauschten belustigte Blicke aus.
»Ach«, seufzte Saetan, »die Jahrhunderte mögen verstreichen, doch die Einstellung bleibt die gleiche.«
»Du wolltest Lucivar schon den Kopf abreißen, nachdem ihr das erste Mal aufeinander losgelassen worden wart«, erklärte Andulvar Daemon.
Daemon musterte die beiden Männer aus zusammengekniffenen Augen.
»Ihr beiden wart nur zwei Jahre älter als Daemonar«, sagte Saetan. »Ihr habt eine lange Stange gefunden, die den richtigen Durchmesser für eine Kinderhand hatte, habt sie in zwei Hälften gesägt, und Lucivar zeigte dir die Übungen, die er gelernt hatte.«
»Er ist von Natur aus begabt, was den Umgang mit Waffen betrifft«, meinte Andulvar, »aber in dem Alter war er nicht sonderlich gut darin, die Übungen zu erklären.«
»Folglich erzielte er ein paar Treffer«, fuhr Saetan fort, »und du ebenso, sei es durch Glück oder Temperament. Schließlich
warft ihr beiden die Stangen von euch und seid mit den Fäusten aufeinander losgegangen. Manny hat dem Ganzen ein Ende gesetzt, indem sie einen Eimer kaltes Wasser über euch ausgoss.«
Es kostete Daemon einige Anstrengung, gleichmütig dreinzublicken. »Wirst du das jetzt regelmäßig tun?«, fragte er Saetan missmutig.
»Was tun?«, erkundigte sich Saetan höflich.
»Alberne Geschichten aus meiner Kindheit auftischen.«
Saetan lächelte nur.
»Komm schon, Kleiner«, meinte Andulvar. »Was du brauchst, ist ein heißes Bad, eine Massage und etwas zu essen. Der Morgen ist jung, und du hast noch den ganzen Tag vor dir.«
Daemons Knurren wurde zu einem Jaulen, als Andulvar ihn am Kragen seines Hemds packte und auf die Beine zog.
»Einen Augenblick«, sagte Saetan leise.
Daemon spürte den Stimmungsumschlag und wandte sich um, sodass er Saetan direkt in die Augen sah. »Du hast mich rufen lassen.«
Eine Minute lang musterte Saetan seinen Sohn eingehend. »Mir ist eine Anfrage zugekommen. Ob du darauf eingehen möchtest, liegt ganz bei dir. Wenn du zu dem Schluss kommst, dass du noch nicht so weit bist oder gar nicht darauf eingehen möchtest, werde ich mir Mühe geben, es zu erklären. «
Eis schoss Daemon durch die Adern, doch er widerstand dem Verlangen, der kalten Wut nachzugeben. Er hatte noch vieles zu lernen, was das Geben und Nehmen zwischen Männern und Frauen in Kaeleer betraf. Von daher sollte er nicht gleich annehmen, dass Anfragen hier auf dasselbe hinausliefen wie in Terreille.
»Wie lautet die Anfrage?«
Saetan erwiderte sanft: »Deine Mutter möchte dich sehen.«
6 Kaeleer
Karla nippte an einer Tasse Kräutertee, während sie im inneren Garten umherwanderte. Sie hoffte, das Geräusch des Brunnens würde sie beruhigen. Einmal blickte sie ängstlich zu den Fenstern im zweiten Stock an der Südseite des Hofes empor. War Sadi in diesem Moment dort oben und beobachtete sie durch die Gardinen hindurch?
Beim Feuer der Hölle, ich hätte nicht
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