Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten

Titel: Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
ein hölzerner Stuhl. Sorgsam platzierte Kerzen tauchten die Statuen und die Treppenstufen in ihren Lichtschein.
    Die Statuen zogen ihn magisch an. Er ging die Stufen hinab und zögerte einen Augenblick, bevor er den Rasen betrat.
    Machtvolle Energie lag in der Luft und ließ sie beinahe zu schwer zum Atmen werden. Als er seine Lungen damit füllte, konnte er spüren, wie sein Körper die Kraft und den Frieden in sich aufnahm, die in diesem Garten herrschten. Auf dem Steinsockel befanden sich ein halbes Dutzend Kerzen in getönten Glasbehältern. Er suchte willkürlich eine aus und schuf mithilfe der Kunst eine Flamme Hexenfeuer, um sie anzuzünden. Ein Hauch Lavendel umhüllte ihn, noch bevor er zu dem Brunnen hinüberwandelte, in dem sich die weibliche Statue befand.
    Die Rückseite des Brunnens bestand aus einer wellenförmigen, unbehauenen Felswand, über die sich das Wasser wie ein Vorhang in das steinumfasste Becken ergoss. Die Frau erhob sich halb aus dem Wasser, das Antlitz himmelwärts gerichtet. Ihre Augen waren geschlossen, und ihre Lippen umspielte ein leichtes Lächeln. Sie hatte die Hände erhoben, als wolle sie sich das Wasser aus den Haaren wringen. Alles an ihr verkörperte gelassene Kraft und die Feier des Lebens.
    Den erwachsenen Körper erkannte er nicht wieder, das Gesicht dafür umso deutlicher. Unwillkürlich fragte er sich, ob der Bildhauer unter den Hüften, die aus den Fluten hervorragten, mit ebenso feiner Detailliebe gearbeitet hatte. Was
würden seine Finger finden, wenn er seine Hand ihren Bauch hinabgleiten ließe?
    Verwirrt drehte er sich zu der anderen Statue um – dem Mann.
    Dem Biest.
    Tief in seinem Innern erkannte er instinktiv den gekrümmten, offenkundig männlichen Körper wieder, der eine Mischung aus Mensch und Tier darstellte. Es war, als habe ihm jemand die Haut abgestreift und offenbart, was wirklich darunter verborgen lag.
    Auf den breiten Schultern lag ein katzenartiges Haupt mit wütend gefletschten Zähnen. Eine Pfote oder Hand ruhte auf dem Boden neben dem Kopf einer kleinen, schlafenden Frauengestalt. Die andere war erhoben, die Krallen ausgefahren.
    Jemand wie Alexandra würde dieses Wesen ansehen und zu dem Schluss kommen, dass es kurz davor stand, die Frau zu zerquetschen und in Stücke zu reißen. In ihren Augen gäbe es nur eine einzige Möglichkeit, jene körperliche Stärke und jene Wut zu bändigen: den Mann in Ketten zu legen. Jemand wie Alexandra würde niemals über jene Schlussfolgerung hinausblicken und die kleinen Einzelheiten wahrnehmen – wie die Hand der Schlafenden, die ausgestreckt war, sodass ihre Fingerspitzen sachte die Pfote oder Hand in der Nähe ihres Kopfes entlang strichen; oder die Art und Weise, wie der gebückte Körper sie beschützte, und die glitzernden grünen Steinaugen auf denjenigen starrten, der sich näherte; oder gar den Umstand, dass der wilde Zorn der Bestie dem Verlangen entsprang, die Frau zu beschützen.
    Daemon atmete tief durch – und versteifte sich dann. Er hatte keinerlei Schritte gehört, doch er musste sich nicht erst umdrehen, um zu wissen, wer in diesem Augenblick am Fuß der Treppe stand. »Wie findest du ihn?«, fragte er leise.
    »Er ist wunderschön«, erwiderte Jaenelle mit ihrer Mitternachtsstimme.
    Langsam wandte Daemon sich ihr zu.
    Sie trug ein langes schwarzes Kleid. Der Spitzenbesatz endete knapp über ihren Brüsten, ließ jedoch genug helle
Haut frei, um einen Mann aus der Fassung zu bringen. Das goldene Haar fiel ihr über die Schultern den Rücken hinab. Ihre uralten Saphiraugen wirkten nicht so gehetzt, wie er sie in Erinnerung hatte, aber ihn beschlich der schmerzliche Verdacht, dass er der Grund für die Traurigkeit war, die sich nun darin spiegelte.
    Als sich das Schweigen zwischen ihnen ausdehnte, war es ihm unmöglich, auf sie zuzugehen – genauso, wie es ihm unmöglich war, sich von ihr fortzubewegen.
    »Daemon …«
    »Begreifst du, wofür er steht?«, fragte er rasch. Er nickte leicht in Richtung der Statue.
    Der Hauch eines Lächelns umspielte Jaenelles Lippen. »Oh ja, Prinz, ich begreife, wofür er steht.«
    Daemon musste hart schlucken. »Dann beleidige mich nicht, indem du dich entschuldigst. Ein Mann ist entbehrlich. Jeder Mann. Eine Königin nicht, insbesondere wenn es sich um Hexe handelt.«
    Sie gab ein eigenartiges Geräusch von sich. »Einst hat Saetan mir beinahe das Gleiche gesagt.«
    »Und er hatte Recht.«
    »Nun, da du ein Kriegerprinz und aus demselben Holz geschnitzt

Weitere Kostenlose Bücher