Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
befürchten zu müssen, dass er im Laufe der Nacht gegen sie stoßen und sie verletzen könnte.
Als er das Laken und die Decke anhob, entging ihm nicht, dass sich ihr Atemrhythmus änderte, und sie sich auf den Rücken rollte.
»Schlaf weiter, mein Schatz«, sagte er leise. »Ich bin es nur.«
»Daemon.« Sie sank wieder in den tiefen Schlaf, den ihr Körper ihr abverlangte.
Auf einen Ellbogen gestützt, sah Daemon ihr lange Zeit beim Schlafen zu. Hatte in diesem einen Wort Verlangen mitgeklungen?
Er rückte näher an sie heran. Dann streckte er die Hand aus und berührte die Spitzen ihres goldenen Haares. Die verwandten Wesen hatten ihr Haar mithilfe der Kunst sehr kurz geschnitten. Das war praktisch gewesen, während sie sich um ihren Körper kümmerten, solange sie an die heilenden Netze angeschlossen gewesen war. Mittlerweile war ihr Haar so weit gewachsen, dass es zottig aussah. Es war das Einzige, was er berühren konnte, ohne fürchten zu müssen, ihr wehzutun.
Also fuhr er ihr mit den Fingerspitzen über das Haar und wünschte sich, sie wäre wieder so gesund, dass er mit den Lippen über die ihren fahren, dass er seine Zunge in ihren Mund gleiten lassen und sie so liebkosen könnte, wie er es so dringend wünschte.
Eines Tages würde er sie wieder auf diese Art und Weise küssen können. Eines Tages würde er viel mehr tun können, als sie nur zu küssen.
Etwas anderes zu glauben, würde er sich nicht gestatten.
3
Da Lektra zu ruhelos war, um schlafen zu können, ging sie in ihrem Schlafzimmer auf und ab. Roxies Plan musste aufgehen. Er musste! Sie würden Gerüchte in die Welt setzen und Einzelheiten in Umlauf bringen, die - falsch interpretiert - den Ruf eines Mannes ruinieren würden. Gleichzeitig würden sie lautstark für Daemon Sadis Unschuld plädieren. Letzten Endes, wenn er erst einmal der Verpflichtung enthoben war, sich um diesen Krüppel zu kümmern, würde er der Frau dankbar sein, die ihn genug geliebt hatte, um ihn öffentlich gegen den Vorwurf der Untreue zu verteidigen.
Und sie liebte ihn tatsächlich. Sie liebte ihn! Weshalb sollte dieser wunderschöne, kräftige Mann also gezwungen sein, für eine Frau den Krankenpfleger zu spielen, die keinerlei Verwendung mehr für ihn hatte? Warum sollte er die nächsten Jahrzehnte an einem Krankenlager sitzen und einer hoffnungslosen Invalidin Geschichten vorlesen? Oder, noch schlimmer, warum sollte er seine Abscheu verbergen müssen, falls Jaenelle Angelline in sexueller Hinsicht immer noch etwas von ihm forderte?
Lektra hatte sich in Daemon verliebt, als sie ihn vor über einem Jahr zum ersten Mal gesehen hatte. Er war mit Jaenelle nach Amdarh gekommen, um Winsoleinkäufe zu erledigen und ein paar Feste zu besuchen, bevor sie wieder auf Burg
SaDiablo zurückkehrten, um mit ihrer Familie und Jaenelles Erstem Kreis Winsol zu feiern. Damals hatte es Sinn ergeben, dass er eingewilligt hatte, Jaenelles Gefährte zu sein. Zu dem Zeitpunkt war sie die Königin des Schwarzen Askavi gewesen - die mächtigste Königin in ganz Kaeleer. Jeder starke, ehrgeizige Mann, der ausgebildet war, die Pflichten eines Gefährten zu erfüllen, hätte den Ring tragen wollen, den Daemon an seiner linken Hand getragen hatte. Doch Daemon, der wunderschöne Daemon, hatte diese heiß begehrte Stellung errungen.
Kein Wunder! Er hatte Jaenelle angesehen, als gäbe es keine andere Frau auf der Welt - und als würde es nie mehr wieder eine andere geben. Und wenn sie miteinander tanzten, war jede seiner Bewegungen ein Vorgeschmack auf den Tanz im Schlafgemach, ein Versprechen dessen, was er in einem weniger öffentlichen Rahmen zu bieten hatte. Selbst wenn es sich um einen Gesellschaftstanz handelte, bei dem mehrere Paare miteinander tanzen mussten, war unübersehbar, wie er diese glühende Leidenschaft unter Verschluss hielt, wenn er sich einer anderen Tanzpartnerin zuwandte, und wie sie wieder emporloderte, sobald seine Hand Jaenelles berührte.
Ein erlesener Mann. Die Art Mann, neben dem jeder andere wie ein Tölpel wirkte.
Sie hätte auf ihn gewartet, bis sein Vertrag abgelaufen war. Schließlich waren die fünf Jahre, die er an Jaenelles Hof dienen musste, nicht der Rede wert für eine Frau, die einem der langlebigen Völker entstammte. Sobald sein Vertrag erfüllt war, wäre er frei gewesen, woanders nach einer Geliebten Ausschau zu halten. Sie hatte sogar versucht, sich dem Dunklen Hof anzuschließen, damit sie zumindest auf gewisse Weise zusammen sein konnten.
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