Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
stolperte.
6
Am nächsten Morgen gingen Gerüchte auf dem Marktplatz von Amdarh um, als die Dienstboten aus verschiedenen Adelshäusern zusammentrafen, um ihre Einkäufe zu erledigen. Es gab Streitereien zwischen denjenigen, die nicht sonderlich überrascht waren angesichts der Neuigkeiten, dass Daemon Sadi aufgegeben hatte, immer noch als der treue, aufopferungsvolle Geliebte der ehemaligen Königin des Schwarzen Askavi gelten zu wollen, und denjenigen, die es für unmöglich hielten, dass sich Prinz Sadi eine Geliebte zugelegt
hatte und sie überdies zu einem solch öffentlichen Ort wie dem Theater begleitet haben sollte.
Doch alle nahmen sie diese Gerüchte mit nach Hause, wo sie das Gehörte mit den übrigen Hausangestellten besprachen.
Mittags sickerten die Geschichten bereits durch das gesamte Einkaufsviertel. Manche Kaufleute befürchteten, dass die adeligen Angehörigen des Blutes, besonders diejenigen, die an Lady Zharas Hof dienten, nicht mehr in Geschäften einkaufen würden, in denen Prinz Sadi verkehrte. Andere Händler, deren Stammkundschaft teilweise aus Angehörigen der Familie SaDiablo bestand, erbleichten angesichts der Neuigkeiten - und fragten sich, wie viel von Amdarh übrig bliebe, wenn Lucivar Yaslana erst einmal von dem angeblichen Verrat seines Bruders an der Königin erfuhr, der sie beide dienten.
Bis zum Abend waren die Gerüchte den adeligen Angehörigen des Blutes zu Ohren gekommen und waren das Hauptgesprächsthema bei Tisch. Manche verteidigten Prinz Sadi und sagten, er würde Jaenelle Angelline niemals beleidigen und sich eine Geliebte nehmen, während seine ehemalige Königin immer noch bei ihm auf der Burg lebte. Andere verteidigten ihn, indem sie darauf beharrten, dass er keinerlei Schwur brach, wenn er sich eine Geliebte zulegte, da Jaenelle nun nichts weiter als ein Familienmitglied war, um das man sich kümmern musste. Und egal, wie ihre Beziehung einst ausgesehen haben mochte, die Umstände hatten sich geändert, und mittlerweile konnte niemand mehr von einem Kriegerprinzen verlangen, dass er keusch lebte. Wieder andere argumentierten, dass es zwar entschuldbar sei, sich eine Geliebte zu nehmen, dass es jedoch alles andere als diskret sei, in einem Restaurant mit ihr Händchen zu halten.
Gleichgültig, was die Leute von Daemon Sadis Verhalten dachten, sie alle verspürten Mitleid für Jaenelle Angelline, die ihren Körper und ihre Juwelen geopfert hatte, um Kaeleer zu retten, und die nun von dem einzigen Mann im Stich gelassen
wurde, für den sie je genug empfunden hatte, um ihn zu ihrem Geliebten zu machen.
7
Surreal betrat Jaenelles Wohnzimmer und blieb wie angewurzelt stehen, als ihr Blick auf die Schuhe fiel, die im ganzen Raum verstreut lagen. Jaenelle stand mitten im Zimmer und hielt ein Paar Hausschuhe aus weichem Leder in der Hand. Sie hatte Farbe im Gesicht, und ihre Augen funkelten.
»Sieh nur«, sagte Jaenelle aufgeregt. »Ich kann meine Schuhe herbeirufen!«
Mitleid packte Surreals Herz, doch sie lächelte, als sie auf Jaenelle zuging. »Tja, das ist... wunderbar.« Oder wäre es zumindest gewesen, wenn Jaenelle ein Kind wäre, das dabei war, die Grundlagen der Kunst zu erlernen.
»Nicht wahr?« Jaenelle ließ die Schuhe fallen und hielt dann die Hände von sich gestreckt. Einen Augenblick später schwebte ein Stiefelpaar durch die Luft. Grinsend griff sie nach den Stiefeln. »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es an der Zeit ist herauszufinden, was ich mit meinem neuen Juwel anfangen kann.«
Noch vor einem Jahr konntest du Dinge tun, von denen die übrigen Angehörigen des Blutes nicht einmal zu träumen wagten, dachte Surreal traurig und betrachtete die Schuhe. Und jetzt musst du dich darüber freuen, dass du die einfachste Kunst anwenden kannst. Ach, Süße!
Während sie nach aufmunternden Worten suchte, sah sie Jaenelle in die Augen. Es kostete sie große Überwindung, nicht ein oder zwei Schritte zurückzutaumeln.
Es lag keine Freude mehr in den saphirblauen Augen. Stattdessen funkelte dort Stärke. Macht. Diese Augen waren kalt, wild und voller tödlichem Zorn.
Dann kam Ladvarian in das Zimmer getrottet, und Jaenelle wandte den Blick ab.
Hexe , dachte Surreal, die darum kämpfte, den Schauder zu verbergen, der ihr den Rücken hinablief. Sie hatte nicht erwartet, diesen Blick jemals wieder in Jaenelles Augen zu sehen - und war sich nicht sicher, was es zu bedeuten hatte, dass er jetzt zurückgekehrt war.
Ladvarian beschnupperte die Schuhe am
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