Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
zurück. Doch sie warf einen Blick über die Straße zu der Stelle, an der die Droschke gestanden hatte. Sie schüttelte das unbehagliche Gefühl ab und konzentrierte sich auf den Kriegerprinzen, der vor ihr stand. »Was führt dich nach Amdarh?«
»Ich habe mir gedacht, dass ich mich besser einmal mit Daemon unterhalten sollte«, erwiderte Lucivar und trat auf die Eingangstufen des Stadthauses zu.
Surreal sprang vor ihn und versperrte ihm den Weg. »Vertrau mir, Süßer: Das lässt du besser bleiben. Nicht heute Abend zumindest. Daemon hat heute Abend keinerlei Interesse, sich mit jemandem zu unterhalten.«
Lucivar betrachtete die Eingangstür. »Wo ist Jaenelle? Hattet ihr heute nicht irgendwelche Frauensachen vor?«
»Hatten wir. Haben wir auch gemacht. Aber …« Surreal warf dem Stadthaus einen bedeutungsvollen Blick zu. »Jaenelle hat heute Abend auch keinerlei Interesse, sich mit jemandem zu unterhalten.«
»Willst du mir damit etwa sagen, dass ich um mein Leben fürchten müsste, wenn ich da hineinginge und etwas unterbrechen würde?«
»Mindestens.«
Lucivar grinste. Dann sah er sie an. »Wo wirst du heute schlafen?«
»Jaenelle und ich hatten zusammen eine Suite gemietet, aber anscheinend habe ich unsere Räumlichkeiten heute Nacht ganz für mich allein.«
»Gibt es dort die Möglichkeit, etwas zu essen zu bekommen?«
Oh, Mist! »Ja, aber es gibt dort … ziemlich viele Frauen.«
»Und was ist mit Männern?«
Als sie an die Blicke und das Geflüster denken musste, die sie den ganzen Tag über hatte ertragen müssen, war die Versuchung einfach zu groß, sich als richtiges Miststück zu erweisen. »Klar, es gibt dort auch Männer. Wir können dort zu Abend essen, wenn du willst. Und da Jaenelle das andere Schlafzimmer nicht benutzen wird, bist du herzlich willkommen, in der Suite zu übernachten« Sie hielt inne. »Außerdem müssen wir uns sowieso unterhalten. Es gibt Ärger hier.«
»Schön. Gehen wir.«
»Wahrscheinlich müssen wir bis zur nächsten Straßenecke laufen, um eine Droschke aufzutreiben«, sagte Surreal und ging an ihm vorbei.
Sie war durch sein belustigtes Schnauben gewarnt, doch bevor sie reagieren konnte, hatte er einen Arm um ihre Taille
geschlungen und schwang sich zusammen mit ihr gen Himmel. Da er sie kurz darauf mit dem Rücken an seine Brust gedrückt hielt, konnte sie sich nirgendwo festhalten, während er für ihren Geschmack viel zu dicht über den Baumkronen entlangflog. Folglich begnügte sie sich damit, die kreativsten Flüche auszustoßen, die ihr in den Sinn kamen.
»Halt den Mund«, sagte Lucivar, »oder du wirst noch Käfer zwischen die Zähne kriegen.«
» Was? «
Unter lautem Gelächter wirbelte er zusammen mit ihr einige Male in der Luft herum, bevor er zum Gehsteig hinabglitt und mit den Flügeln schlug, um sanft vor ihrem Ziel zu landen.
»Du Hurensohn«, fauchte Surreal. Der Gehsteig drehte sich, und sie griff nach dem Arm, den er ihr anbot. »Allein dafür hoffe ich, dass deine Eier schrumpfen, sobald du durch die Tür gehst.«
Er schnaubte nur verächtlich und geleitete sie zur Rezeption.
»Muss ich mich ins Gästebuch eintragen oder so?«, fragte er.
»Du kannst tun und lassen, was du willst.« Surreal hielt sich am Rezeptionstisch fest. Das Atrium drehte sich zwar nicht im Kreis, aber sie vertraute ihren Beinen trotzdem noch nicht ganz. Der kleine Mistkerl, bei dem sie sich am Morgen zusammen mit Jaenelle angemeldet hatte, hatte immer noch Dienst - und beäugte Lucivar misstrauisch.
»Wir bitten darum, dass jegliche … Begleitung … die unsere Gäste besucht, sich hier einträgt«, sagte er, legte ein in Leder gebundenes Gästebuch auf den Tisch und hielt Lucivar einen Federhalter entgegen.
Lucivar griff nach dem Federhalter und tauchte ihn in das Tintenfass. Dann schrieb er seinen Namen in das Buch. »Ich bin keine Begleitung, sondern Familie.«
Das höhnische Grinsen, das über das Gesicht des Mannes huschte, erregte Surreals Zorn.
»Was würdest du tun, wenn jemand die Beweggründe für
deinen Aufenthalt hier falsch deuten würde?«, fragte sie Lucivar.
Er betrachtete sie nachdenklich. »Ich bin hier, um mit einem Familienmitglied zu Abend zu essen, und da deine Suite über ein zusätzliches Schlafzimmer verfügt, und ich heute Nacht irgendwo schlafen muss, werde ich bleiben. Was gibt es da denn falsch zu deuten? Es ist doch ganz einfach.«
»Nicht jeder sieht das Offensichtliche - oder die Wahrheit.« Seine goldenen Augen
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