Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
lang gepflegt.
Wer wusste schon, ob es derselbe Baum war? Ein jeder glaubte, dass er es war, und nur das zählte.
Hoffnung. Leben. Liebe. Alles tot, wie der Baum.
Das hatte ihn die letzte Königin gelehrt.
Dann hatte Talon ihn gefunden, ihn gerettet. Und mit Talons Hilfe hatte Theran getan, was er konnte, um Gray dabei zu helfen, sich wieder ein Leben aufzubauen.
Er war nicht das, was er hätte sein sollen. Manchmal wusste er das, spürte, dass etwas verlorengegangen war.
Er würde hierbleiben, weil Theran hier war. Und Talon. Aber …
Er spürte ihre Anwesenheit, spürte ihre mentale Signatur wie Hitze auf der Haut.
Doch es war eine angenehme Hitze, wie Sonnenstrahlen, die an einem Frühlingsmorgen durchs Fenster fallen.
Er spähte um die Ecke des Schuppens und sah sie auf sich zukommen. Aber nicht auf der Suche nach ihm. Nein, sie betrachtete das Land.
Ihre Signatur sagte »Königin«, doch sie sah nicht aus wie eine Königin, war nicht gekleidet wie eine Königin. Sie sah … freundlich aus. Und ihr Haar …
Er beobachtete, wie sie sich die Nadeln aus dem Haar zog und es ihr über die Schultern fiel.
Er hatte noch nie rotes Haar gesehen. Er hatte Geschichten gelesen, in denen Leute rote Haare hatten, aber hatte noch nie so jemanden gesehen. Und sie hatte Punkte im Gesicht. Warum hatte sie Punkte im Gesicht? So blasse Haut. Welche Farbe hatten ihre Augen?
Mit klopfendem Herzen trat Gray vom Schuppen weg und ging langsam auf sie zu, ängstlich. Es war gefährlich. Das war es ganz sicher. Aber er wollte, musste die Farbe ihrer Augen sehen.
Cassidy beobachtete, wie er auf sie zukam. Ein gut aussehender Mann, der Theran sehr ähnlich sah, bis hin zu den dunklen Haaren und den grünen Augen. Vielleicht ein Verwandter?
Die wohlgeformte Gestalt eines erwachsenen Mannes, der viel körperlich arbeitete. Doch seine mentale Signatur sagte »Jugendlicher«, sogar »Kind«. Ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Und das war nicht gut, denn in diesem Körper …
Kriegerprinz. Wild. Wund.
Mein.
Der Gedanke erschütterte sie und ließ ihr Herz schneller schlagen, denn es schien in diesem Mann etwas zu erkennen, das ihr Verstand nicht bereit war zu akzeptieren.
Das war nicht das Gefühl des Wiedererkennens, das sie bei den Kriegerprinzen gespürt hatte, die nun zu ihrem Ersten Kreis gehörten. Das war anders. Persönlich.
Innerlich so wund. Jetzt, da er nahe genug herangekommen war, sah sie es in seinen grünen Augen. Er sah aus, als wolle er weglaufen, doch er kam immer weiter auf sie zu, als könne er nicht anders.
»Hallo«, sagte sie ruhig. »Ich bin Cassidy.«
Als er ihre Stimme hörte, blieb er stehen und verlagerte
das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, als sei er nicht sicher, ob er näher herankommen oder zurückgehen sollte.
»Ich bin Gray«, sagte er schließlich und machte noch einen Schritt in ihre Richtung.
Sein Blick wanderte über ihr Gesicht. Als er nahe genug bei ihr war, streckte er die Hand aus, bis er fast ihre Wange berührte. Dann zog er die Hand ruckartig zurück, wie ein kleiner Junge, der fast etwas Verbotenes berührt hätte.
Da sie sich fragte, was ihn so erstaunte und faszinierte, berührte sie ihre Wange, um zu sehen, ob sie etwas auf der Haut hatte.
Oh. Sie zog die Nase kraus. »Hast du noch nie Sommersprossen gesehen?«
»Sommersprossen.« Er sagte es ganz sanft, als wäre es ein zerbrechliches Geschenk. »Sind die nur in deinem Gesicht?«
Sie wusste, dass sie rot anlief. Sie wusste auch, dass trotz des erwachsenen Körpers ein kleiner, neugieriger Junge diese Frage stellte. Trotzdem …
»Ich kenne dich noch nicht gut genug, um auf diese Frage zu antworten.«
Er nickte verständnisvoll.
Er war einen halben Kopf größer als sie, wenn überhaupt. Es wäre ganz einfach gewesen, ihm in die Augen zu sehen, wenn er nicht so damit beschäftigt gewesen wäre, ihr Gesicht zu studieren.
»Bist du hier rausgekommen, um dir die Gärten anzusehen?«, fragte sie.
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn getadelt, weil er etwas falsch gemacht hatte.
»Ich pflege die Gärten. Das ist jetzt meine Aufgabe. Ich wohne nicht im großen Haus. Ich bin niemandem im Weg.«
Wer sagt denn, dass du im Weg wärst?
Seine Stimme hatte sich weinerlich verzerrt und er sah so aus, als wolle er fliehen, also wandte sie sich einer Stelle zu, die einmal ein Blumenbeet gewesen sein könnte. »Tja, da hast du sicher genug zu tun. Dieses Land wurde seit langer Zeit nicht
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