Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
die so oft geflickt waren, dass sie zu nichts mehr zu gebrauchen waren. Also fand manchmal die ein oder andere Münze ihren Weg zu einer Familie, damit sie Nahrung und Kleidung kaufen konnten.«
»Ich verstehe«, sagte Cassidy. »Wurde dir deshalb die Hand gebrochen?«
Powell nickte. »Die meisten Leute waren vorsichtig, wenn sie das Geld ausgaben. Ein Mann war es nicht. Ich behauptete, dem Mann etwas von meinem eigenen Lohn gegeben zu haben, und die Königin konnte das Gegenteil nicht beweisen. Deshalb hat sie mir nur die linke Hand brechen lassen, anstatt meine Rechte zu verkrüppeln.«
In Kaeleer wäre ein Tribunal der Königinnen innerhalb weniger Minuten dahintergekommen, dass du lügst , dachte Cassidy. Aber ihr Zorn hätte sich gegen die Königin gerichtet, die ihr Volk misshandelt, und nicht gegen dich.
»Ich muss darauf vertrauen, dass die Leute, die mir dienen, für das Wohl von Dena Nehele arbeiten«, sagte Cassidy zu Powell. »Ich verstehe deine Gründe, und ich kann nicht behaupten,
dass du gefehlt hättest. Doch jeder hier wird für einige Zeit sehr bescheiden leben müssen und der Zehnt wird notwendig sein, um den Hof zu unterhalten und die Ausgaben zu decken, die ein Hof mit sich bringt. Wenn du denkst, dass jemand ungerecht belastet wird, muss ich das wissen. Aber die Höhe der Abgaben, ob gerecht oder nicht, unterliegt allein meiner Entscheidung. Hast du das verstanden?«
»Ja, Lady, ich habe verstanden«, sagte Powell.
»Wenn das so ist, wärst du bereit, den Ring des Haushofmeisters zu tragen?«
Schweigen. Ungläubigkeit bei Theran, die er nicht einmal zu verbergen versuchte. Überraschung bei den anderen Männern des Ersten Kreises. Außer bei Ranon. Er wirkte nachdenklich.
»Es wäre mir eine Ehre, dir als Haushofmeister zu dienen«, sagte Powell.
Hinten im Saal brach ein Tumult los. Die Männer neben der Tür strahlten Wut und Widerstand aus. Ranon reagierte ebenfalls mit Wut. Und einem Hauch Besorgnis.
Vae warf sich zwischen die Männer und setzte Schilde ein, um einen breiten Pfad zwischen ihnen zu schaffen, sodass einige Männer fast das Gleichgewicht verloren.
*Böse Männer!*, rief Vae. *Böse!*
Die Männer spähten zur Plattform hinüber und traten dann zur Seite, da Cassidy Vae nicht zurückrief.
Eine Frau, eine Hexe, schritt auf die Plattform zu.
»Vertreter deiner Art sollten nicht hier sein«, rief Theran, während Ranon gleichzeitig sagte: »Shira.«
Er liebt sie , dachte Cassidy, als sie beobachtete, wie Ranon darum kämpfte, sich neutral zu zeigen. Aber er wollte nicht, dass sie hierherkam. Warum?
»Ich habe ebenso das Recht hier zu sein wie du, Theran Grayhaven«, rief Shira. Dass sie seinen Titel ausließ, war ein offener Schlag ins Gesicht. »Du kannst deine Blutlinie zu Jared zurückverfolgen. Ich kann meine Blutlinie zu Jareds Cousine Shira zurückverfolgen. Wenn ich hier also nicht hergehöre, dann tust du es auch nicht.«
Da dieser verbale Schlag Theran die Sprache verschlagen hatte, sprang Cassidy ein: »Was kann ich für dich tun, Schwester?«
Shira sah sie offen an. »Ich will meine Dienste anbieten. Ich bin eine voll ausgebildete Heilerin, und -«
»Du bist nicht nur das«, fauchte Theran.
Nein, Shira war mehr als das. Der Anhänger in Form eines Stundenglases, den sie über ihren Aquamarin-Juwelen trug, zeigte, dass sie mächtiger – und gefährlicher – war als eine Heilerin.
»Ich schäme mich nicht für das, was ich bin«, sagte Shira.
»Warum solltest du auch?«, fragte Cassidy. »Du hast die Ausbildung in der Kunst des Stundenglases abgeschlossen?« Die Frage war eine reine Formalität. Shiras Anhänger, in dem sich der Goldstaub zur Gänze in der unteren Hälfte des Stundenglases befand, stand für eine Schwarze Witwe, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatte und ebenso in der Lage war, die Verworrenen Netze der Träume und Visionen zu spinnen wie auch Menschen zu helfen, die im Verzerrten Reich gefangen waren. Die Schwarzen Witwen waren außerdem die Hexenkaste, die sehr versiert in der Herstellung und dem Umgang mit Giften war.
»Ihre Art wurde schon vor Generationen geächtet«, erklärte Theran.
»Bist du eine geborene Schwarze Witwe?«, wandte sich Cassidy an Shira.
»Es gibt nur solche in Dena Nehele«, erwiderte Shira.
»Die Ausbildung anderer in dieser Kunst wird mit Exekution bestraft«, erklärte Theran.
Ranon knurrte Theran wütend an.
»Meine Herren«, sagte Cassidy und verstärkte ihre Stimme mithilfe der Kunst. Sie
Weitere Kostenlose Bücher