Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
der anderen vor den Kopf gestoßen hatte. Aber sie fuhr ihn ständig nur an, weil ihre Position noch immer so unsicher war, oder war eingeschnappt wegen seiner strikten Kontrolle der Ausgaben oder schmollte über irgendeine reale – oder eingebildete – Beleidigung seitens Julien. Oder wollte Sex, der immer mehr an Reiz verlor, da immer weniger Herz in der Sache steckte.
Manchmal wollte er sie anschreien und ihr sagen, sie solle aufhören, ein dummes, selbstsüchtiges kleines Mädchen zu sein und anfangen, sich wie die Königin zu verhalten, die sie, dessen war er sich sicher, sein könnte.
Und dennoch, trotz seiner wachsenden Frustration und egal, wie sehr er sich auch über sie ärgerte, sie fühlte sich noch immer so richtig an. Und er wusste, wenn sie nur ein kleines bisschen mehr Zeit hätte, erwachsen zu werden, wäre sie die Königin, die Dena Nehele so verzweifelt brauchte.
Mit einer Sache hatte sie allerdings Recht: Jeder Tag, der verging, ohne dass sie einen Hof aufstellte, machte Dena Nehele angreifbarer – und ließ Cassidy, und ihren Hof, besser dastehen.
Während der nächsten paar Tage fühlte sich Theran wie ein Mann, der an einer Wunde verblutete, die er nicht finden konnte.
Mit dem Gedanken, dass irgendein Hof besser wäre als gar keiner, und in der Annahme, Kermilla hätte nichts dagegen einzuwenden – schließlich hielt sie diese Blutleute für akzeptable Gesellschaft –, hatte er die Adelsfamilien in Grayhaven aufgesucht. Und dabei herausgefunden, dass sie alle die Stadt im Zuge irgendwelcher Geschäfte verlassen hatten. Die Diener konnten ihm nicht sagen, wohin die Familien gereist waren, konnten ihm nicht einmal sagen, wann sie zurückkehren würden.
Die Botschaft war deutlich genug: Die Männer hatten Angst, er würde von ihnen verlangen, an Kermillas Hof zu dienen, also hatten sie sich seiner Reichweite entzogen.
Als er sich auf den Weg machte, um mit den Kriegerprinzen seiner eigenen Provinz zu sprechen, starrten sie ihn mit düsterem Blick an und machten ihm keinerlei Angebot.
Und mit jedem Tag und jedem Misserfolg wurde Kermilla schriller und fordernder.
Er schickte einen weiteren Aufruf an die Kriegerprinzen der übrigen Provinzen und forderte sie alle auf, bei Kermilla vorstellig zu werden, um sich für den Hof aufstellen zu lassen.
Dieses Mal antwortete niemand.
Kapitel vierundvierzig
TERREILLE
G ray achtete nicht auf Cassidys Proteste, stopfte sie in ihren Wintermantel und schob sie aus der Küchentür.
»Zieh deine Stiefel an«, sagte er. »Ich will dir etwas zeigen.«
Na ja, sie brauchte ohnehin mal eine Pause vom Papierkram, und er wirkte, als könne er verbissen sein wie ein Sceltie, wenn es darum ging, ihr zu zeigen, was auch immer er ihr zeigen wollte.
Als sie draußen waren, hielt Cassidy ihr Gesicht in die Sonne. »Kein Wort über einen Hut. Nicht heute, wo der erste Duft des Frühlings in der Luft liegt.«
»Ich hatte nicht vor, etwas zu sagen.« Er ergriff ihre Hand und führte sie zu der kleinen Sitzgruppe unter dem Baum.
»Oh!«, rief sie entzückt. »Oh, Gray! Sieh mal!«
Er grinste. »Die ersten Frühlingsblumen.«
Kräftige kleine Blumen stießen ihre Köpfe durch den Schnee, lila und gelb und weiß. Ähnlich einer Frühlingsblume aus Dharo, aber nicht ganz dasselbe. Eine Kompromissblume, wie Gray sagen würde.
»Blumenzwiebeln?«, fragte Cassie.
»Ja. Um den Baum herum stecken noch ein paar andere Sorten, aber sie blühen erst später im Frühling.«
»Ein paar – « Während sie sich noch fragte, woher er das wusste – schließlich war der Hof letzten Frühling noch nicht hier gewesen –, drehte sie sich zu ihm um. Der Blick aus seinen Augen raubte ihr den Atem. »Die waren letzten Frühling noch gar nicht hier, nicht wahr?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie vergangenen Herbst gepflanzt. Es sollte eine Überraschung werden.«
Du bist die Überraschung. »Vielen Dank.«
Eine Entscheidung. Eine Chance.
»Gray?«
»Cassie?«
»Könntest du dir vorstellen, mich zu heiraten?«
Seine Miene war ausdruckslos. Seine Augen schwiegen. Dann, zögerlich: »Wirklich? Du machst dich nicht über mich lustig?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das würde ich nicht tun. Ich liebe dich als Gray und als Jared Blaed. Ich wünsche mir ein Leben mit dir, das alle Jahreszeiten überdauert.«
»Du liebst mich?« Sein Blick wurde wieder etwas wacher, aber sie war sich nicht sicher, ob sein Gehirn richtig funktionierte.
»Ja, ich liebe
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