Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
möglicherweise mehr bewirkt, als Ihr ahnen könnt.«

    Lady Isashanis Besuch brachte Mara zumindest dazu, sich wieder mehr um ihr Äußeres zu kümmern. Sie machte sich die Fähigkeiten der Zofen zunutze, und wenn ihr verbessertes Aussehen zunächst auch nur der Schminke zu verdanken war, achtete Hokanu darauf, sie nicht weiter zu bedrängen. Wenn sie sich lange Stunden mit Berichten beschäftigte, bemühte sie sich wenigstens zu essen; und als sie erst ihre Meditationsübungen in einem kleinen Boot auf dem See wieder aufgenommen hatte, verschwand auch ihre Blässe.
    »Es ist sehr schwer, sich mit all dem Wasser ringsum Sorgen zu machen, so friedvoll ist es unter diesem Himmel«, sagte sie eines Abends und trat ans Ufer, während das Abendrot die kleinen Wellen und die Landschaft in sanftes Gold tauchte. Hokanu umarmte sie; er haßte es, diesen Augenblick zu zerstören. Doch schon bald würde sie es herausfinden, und wenn er nicht einen Wutausbruch herbeiführen wollte, sollte er die Neuigkeiten nicht zu lange für sich behalten.
    »Arakasi ist zurück.«
    »So rasch?« Mara hob das Gesicht und küßte ihren Mann geistesabwesend auf die Lippen; ihre Gedanken waren bereits anderweitig beschäftigt. »Er muß von dem Anschlag auf Lord Hoppara schon gehört haben, bevor ich ihn aufforderte zurückzukehren.«
    Der herzliche Augenblick war beendet, als die Lady zu ihrem Supai eilte. Hokanu begleitete sie ins Haus, durch die von den abendlichen Schatten düsteren Korridore, vorbei an Bediensteten, die die Öllampen anzündeten. Aus einem der Innenhöfe drang schwach das Echo von Justins glücklichen Rufen zu ihnen.
    »Was stellt der Kleine wieder an?« fragte Mara.
    Hokanu legte den Arm um ihre Schulter. »Es ist ein neues Spiel. Euer Kriegsberater schloß eine Wette mit dem Jungen ab, daß er sich bei ihm nicht unbemerkt in einen Hinterhalt legen könne. Justin hat sich entschlossen, ihm hinter den Möbeln aufzulauern, und die Diener benutzen die hinteren Flure nicht mehr, aus Angst, überfallen zu werden.«
    »Und Keyoke?« Mara bog um die letzte Ecke und ging einen Korridor mit alten, abgeschliffenen Mosaiken entlang. »Ist er in einen Hinterhalt geraten?«
    Hokanu lachte. »Mehrmals. Sein Gehör ist nicht mehr so gut wie früher, und seine Krücke macht ihn zu einer leichten Beute.«
    Mara schüttelte den Kopf. »Justin sollte ihn nicht so terrorisieren. Der alte Kämpfer hat genug Wunden im Dienst der Acoma erhalten, als daß er in seinen letzten Jahren geschlagen werden sollte.«
    Doch Hokanu wußte, daß Keyoke sich an den blauen Flecken nicht im mindesten störte. Als der Enkel, den der alte Mann nie gehabt hatte, besaß Justin all seine Zuneigung.
    Das Paar erreichte den Gang, der zu Maras Arbeitszimmer führte. Dort hob Hokanu den Arm und warf seiner Frau einen fragenden Blick zu. Die Bediensteten waren noch nicht bis hierher gekommen, und die Lampen brannten noch nicht. Maras Gesicht war ein blasses Oval in den Schatten, und ihr Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Nach einem Augenblick meinte sie: »Bleib dieses Mal bei mir. Lady Isashanis Neuigkeiten haben mich etwas beunruhigt, und ich brauche deinen Rat.«
    Hokanu hörte die Sorge in ihrer Stimme. »Soll ich nach Sanc und Incomo schicken lassen?«
    Mara schüttelte den Kopf. »Nein. Sie würden das, was ich vorhabe, nicht gutheißen, und ich sehe keine Notwendigkeit, ihre Kritik zu ertragen.«
    Plötzlich fröstelte Hokanu in der dunklen Wärme. Der Geruch des Abendessens wehte von der Küche herüber. Hokanu hob Maras Kinn mit einem Finger. »Was heckst du da wieder aus, hübsche Lady?« Sein Ton paßte so gar nicht zu der Besorgnis, die ihm die Kehle zuschnürte.
    Mara antwortete nach einer kurzen Pause. »Ich denke, daß die Hamoi Tong zu lange Unruhe gestiftet haben. Ich habe einen Sohn verloren und ein ungeborenes Kind. Ich möchte nicht, daß Lady Isashani das gleiche Schicksal erleiden muß; das schulde ich zumindest ihrem verstorbenen Mann, Lord Chipino.«
    Hokanu atmete hörbar aus; dieses Gespräch über die beiden Kinder setzte ihm zu. »Es sind nicht die Tong, die wir fürchten müssen, sondern der Feind, der ihnen Aufträge erteilt.«
    Mara nickte kaum wahrnehmbar. »Ich weiß. Deshalb werde ich Arakasi bitten, in ihr Hauptquartier einzudringen und ihre Aufzeichnungen zu stehlen. Ich will wissen, wer sie beauftragt hat – und dann diese Intrigen öffentlich machen.«
    »Der Name ist vermutlich Anasati«, sagte Hokanu.
    »Einer der Namen.«

Weitere Kostenlose Bücher