Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
bewußt zu werden, die der plumpe Hochopepa ihr entgegenbrachte, den sie bei Tasaios rituellem Selbstmord kennengelernt hatte. Der stets etwas merkwürdige Moment, wenn Hokanu seinem wirklichen Vater begegnete, ging völlig an ihr vorüber. Der eisige Blick des rothaarigen Magiers, der hinter dem schweigsameren Shimone stand, traf sie nicht. Ob feindselig oder gütig – die Worte der Magier konnten ihre Apathie nicht durchdringen. Kein Leben, dessen Existenz sie mit ihrer Macht hätten bedrohen können, bedeutete ihr mehr als das, das Turakamu und das Spiel des Rates bereits beendet hatten.
    Mara betrat den Kreis des Rituals, in dem die Bahre lag. Mit versteinertem Blick sah sie zu, wie ihr Kommandeur den viel zu reglosen Körper des Jungen hochhob und ihn sanft auf das Holz legte, das sein letztes Bett war. Er rückte Schwert, Helm und Schild zurecht und trat dann zurück. Sämtlicher Schalk war ihm abhanden gekommen.
    Mara spürte einen sanften Stoß von Hokanu. Benommen machte sie einen Schritt nach vorn, als die Trommeln um sie herum verstummten. Sie ließ den Schilfhalm auf Ayakis Körper sinken, doch es war Hokanus Stimme, die sich zu dem traditionellen Ruf erhob: »Wir haben uns hier versammelt, um des Lebens von Ayaki zu gedenken, dem Sohn Buntokapis und Enkel von Tecuma und Sezu!«
    Es waren zu wenig Worte, dachte Mara mit einem schwachen Stirnrunzeln. Wo war die Liste der Taten ihres Erstgeborenen?
    Eine unangenehme Stille senkte sich herab, bis Lujan sich auf einen verzweifelten Blick Hokanus rührte und sie anstieß, damit sie sich gen Osten wandte.
    Der Priester Chochocans näherte sich, ganz in Weiß, das Symbol des Lebens, gekleidet. Er legte seinen Mantel ab und tanzte, nackt wie zur Zeit seiner Geburt, zur Feier der Kindheit.
    Mara sah seine Drehungen und Wendungen nicht; sie fand keine Sühne für das Gefühl der Schuld, daß ihre Nachlässigkeit das Unheil herbeigeführt hatte. Als der Tänzer sich tief vor der Bahre verneigte, wandte sie sich gen Westen. Mit stumpfem Blick stand sie da, als das schrille Pfeifen der Anhänger Turakamus die Luft zerriß, während der Priester mit dem Tanz für Ayakis Reise in die Hallen des Roten Gottes begann. Er hatte niemals zuvor ein barbarisches Tier nachahmen müssen, und seine Vorstellung davon, wie ein Pferd sich bewegte, wäre beinahe zum Lachen gewesen, hätte sie nicht mit dem Sturz geendet, der ein so junges Leben zerstört hatte.
    Maras Augen blieben trocken. Ihr Herz schien für alle Zeit zu Stein geworden zu sein, unfähig zur Erneuerung. Sie neigte ihren Kopf nicht zum Gebet, als die Priester vortraten und das rote Seil um Ayakis Hände zerschnitten und damit seinen Geist für die Wiedergeburt befreiten. Sie weinte nicht, und sie bat auch nicht um die Gunst des Gottes, als der weißgefiederte Tink-Vogel als Symbol von Erneuerung und Wiedergeburt freigelassen wurde.
    Der Priester Turakamus setzte zum Gebet für Ayaki an. »Am Ende treten alle Menschen vor meinen Gott. Der Todesgott ist ein gnädiger Gott, denn er beendet Leid und Schmerzen. Er beurteilt jene, die zu ihm kommen, und belohnt die Gerechten.« Mit einer ausholenden Bewegung seiner Hand und einem Nicken seiner Totenschädelmaske fuhr der Priester fort: »Er versteht die Lebenden und weiß von Schmerz und Trauer.« Der rote Amtsstab zeigte auf den Jungen auf dem Scheiterhaufen. »Ayaki von den Acoma war ein guter Sohn, fest auf dem Pfad, den seine Eltern sich für ihn gewünscht hatten. Wir können nur akzeptieren, daß Turakamu ihn für wert erachtete und ihn zu sich rief, so daß er – mit einem sogar noch größeren Schicksal – zu uns zurückkehren mag.«
    Mara biß die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien.
    Welches Gebet konnte gesprochen werden, ohne daß sich Wut hineinmischte? Welche Wiedergeburt könnte ihn erwarten, die ehrenhafter wäre, als der Erbe der Acoma zu sein – außer vielleicht als Sohn des Lichts des Himmels selbst? Als Mara vor mühsam unterdrückter Wut zu zittern begann, schlossen sich Hokanus Arme um sie. Er murmelte etwas, das sie nicht verstand, als die Fackeln aus den Halterungen rund um den Kreis genommen wurden und das aromatische Holz in Brand gesetzt wurde. Ein kaltes Band schloß sich um ihr Herz. Sie sah die rotgelben Flammen emporzüngeln, doch ihre Gedanken waren weit von der Gegenwart entfernt.
    Als der Priester Jurans, des Gerechten, herantrat, um seinen Segen zu erteilen, bewahrte nur Hokanus verstohlenes Schütteln sie davor, ihn

Weitere Kostenlose Bücher