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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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und stoßen Warnschreie aus, rufen Tod und Verzweiflung. Und dann heult der Junge plötzlich laut auf – laut genug, um noch in Dustari gehört zu werden –, und dann rennt er die Straße hinunter, zurück in den Wald, als ob ihm der Arsch brennt. Hab ihn später gefunden, im Schuppen eines Köhlers. Stell dir vor, er hatte nicht die kleinste Verletzung, aber es dauerte Tage, bis er endlich zu heulen aufhörte.« Der Karawanenmeister legte einen Finger an die Schläfe und zwinkerte Arakasi wissend zu. »Sie haben was mit seinem Kopf gemacht, verstehst du? Er bildete sich ein, er wird von Feuerdämonen gefressen oder so was.«
    Arakasi verdaute das Gehörte, während der Karawanenmeister noch einen Schluck aus der Flasche nahm. Er wischte sich mit seinem dicht behaarten Handgelenk die Lippen und starrte Maras Supai an. Seine Stimme wurde leiser und bekam einen bedrohlichen Unterton. »Du darfst nicht einmal einen Witz darüber machen, die Tore zur Stadt der Magier zu durchbrechen. Leg dich mit der Versammlung an, und wir alle hier verlieren unsere Arbeit. Ich habe keine Lust, mein Leben als Sklave zu beenden, ganz und gar nicht.«
    »Aber der Junge, der versucht hat, ihnen einen Streich zu spielen und in die Stadt zu schlüpfen, hat seine Freiheit nicht verloren«, wies Arakasi auf das Offensichtliche hin.
    »Es wäre nicht viel anders gewesen«, sagte der Karawanenmeister verdrießlich. Er nahm noch einen Schluck. »Hätte sie genausogut verlieren können. Er kann nicht schlafen, weil er dann Alpträume kriegt, und tagsüber läuft er rum, als ob er schon tot wäre. Sein Kopf ist immer noch durcheinander.«
    Er senkte voller Furcht die Stimme. »Ich habe gehört, daß sie irgendwie wissen, was in den Köpfen von denen vor sich geht, die zur Insel rüber wollen. Er war nur ein Lausejunge, deshalb haben sie ihn leben lassen. Aber ich hab Geschichten gehört…! Wer ihnen was Böses will« – er streckte die Hand aus, den Daumen nach unten –, »findet sich ganz schnell auf dem Grund des Sees wieder.« Er flüsterte, als er fortfuhr: »Der Seegrund ist voller Leichen. Es ist zu kalt da unten, deshalb kommen sie nicht aufgedunsen wieder an die Oberfläche wie andere Wasserleichen. Sie bleiben einfach dort unten.« Mit einem bekräftigenden Nicken beendete der Karawanenmeister das Gespräch, jetzt wieder in normaler Lautstärke: »Magier mögen es nicht, wenn man sich mit ihnen anlegt. Das ist eine Tatsache.«
    »Sollen sie doch machen, was sie wollen.« In einem ungewöhnlichen Anflug von Ärger angelte sich Arakasi die Flasche. Die Aufgabe, die Mara ihm gestellt hatte, war praktisch unlösbar. Die Karawanen zogen nur bis zum Tor an der Brücke über den Fluß. Dort übergaben die Treiber und Wagenlenker die Zügel an Diener aus der Inneren Stadt, und jede Ladung wurde genau durchsucht, bevor die Wagen weiterrollten. Die Brücke überspannte nicht den ganzen See, sondern endete an einem Anlegeplatz, wo die Waren in Boote umgeladen und ein zweites Mal untersucht wurden. Dann erst wurden sie zur Stadt der Magier hinübergebracht.
    Dies war der dritte Mann, der etwas über das Schicksal von Eindringlingen erzählte. Niemand gelangte heimlich in die Stadt der Magier, und jeder, der es versuchte, wurde auf magische Weise in ein nasses Grab befördert oder in den Wahnsinn getrieben.
    Angesichts dieser trostlosen Aussichten nahm Arakasi einen tiefen Schluck aus der Flasche. Dann schob er sie wieder dem Karawanenmeister zu und ging unauffällig hinaus, um sich auf dem Abort zu erleichtern.

    Auf dem Abort der Taverne, umgeben von Gestank und Düsternis, studierte Arakasi die Wände, in die vorbeiziehende Karawanentreiber eine bunte Mischung aus Initialen, hämischen Kommentaren über die Qualität des hier ausgeschenkten Biers oder die Namen ihrer Lieblingsdamen aus den Bordellen des Südens gekratzt hatten. Unter all dem Gekritzel und Geschreibsel war auch das Zeichen, das er suchte: ein mit weißer Kreide gezeichnetes, aufrecht stehendes Strichmännchen. Bei den Knien war die Linie etwas ausgefranst, als ob die Hand des Zeichners in der Eile verrutscht wäre. Als er dies sah, schloß Arakasi für einen Augenblick seine müden Augen und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Sein Agent, der Laufbursche eines Köhlers, war hier gewesen – und er hatte gute Neuigkeiten. Das Lagerhaus, in dem er beinahe seinen Feinden in die Hände gefallen wäre, war seit zweieinhalb Jahren nicht mehr Bestandteil seines Netzwerks, doch

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