Die schwarzen Wasser von San Marco
zu. Vielleicht zog er es vor, angesichts der Besudelung seiner Kleidung lieber im Abtritt zu ersticken, als den Saal wieder zu betreten.
Einer von Chaldenbergens Gästen stand am Fuß der Treppe und spähte zu mir herauf, und ich zuckte mit den Schultern und machte eine Geste: Besetzt. Er rollte die Augen nach oben und breitete die Arme aus, und ich lachte pflichtschuldigst. Er wartete ein paar Augenblicke, aber dann entschied er sich, dass das Warten im Inneren des Saals angenehmer war, und zog sich zurück. Ich verließ meinen Posten. Aus dem Abtritt hörte ich das gedämpfte Husten des nun nicht mehr makellos weiß gekleideten Burschen, der nach Luft rang.
Weiter unten gab es ebenfalls einen Treppenabsatz und eine Tür. Diese führte nicht wie die zum Abtritt geradeaus weiter, sondern war auf der linken Seite eingelassen. Ich spähte weiter hinunter; ganz am Ende der Treppe befand sich die Küche, die sich sicherlich über das gesamte hintere Viertel des Erdgeschosses ziehen und direkten Zugang zum Innenhof und den Lagerräumen haben würde. Wohin die Tür hier im Treppenabsatz führte, konnte ich nur raten. Ich stand davor, als ich erneut das Gelächter vernahm. Es kam eindeutig aus einem Raum dahinter.
Ich probierte die Klinke. Sie war nicht verschlossen. Ich drückte die Tür auf und erwartete jeden Moment, dass ein Knüppel auf meinen Kopf herabsausen würde, aber nichts geschah. Ich konnte einen langen, schmalen Gang erkennen, an dessen Ende eine weitere Treppe liegen musste, die ins Erdgeschoss hinunterführte. Das Haus war einmal zur Verteidigung gedacht gewesen, und wie jede vernünftige Festung verfügte es über einen versteckten Fluchtweg. Lichtschimmer drang über die Stufen hinauf, das Gelächter und ein Laut, den ich lieber nicht gehört hätte: ein leises, flehendes Wimmern. Meine Nackenhaare stellten sich auf.
»Was suchen Sie hier?«, fragte hinter mir eine Stimme.
13
Ich fuhr herum. Mein abgewiesener Liebhaber aus dem Saal und sein Gefährte mit dem weißen Gewand sahen mich misstrauisch an. Den Weißgekleideten umgab eine feine Wolke aus Gestank. Er legte die Hand auf die Tür und drückte sie zu. Ich atmete tief ein.
»Was werde ich wohl suchen?«, erwiderte ich herablassend. Ich rieb meinen Bauch.
»Der Abort ist oben.«
»Da war die ganze Zeit besetzt.«
»Ich bringe Sie rauf.«
»Vielen Dank«, wehrte ich ab, »jetzt finde ich ihn allein.«
Der Mann, mit dem ich mich unterhalten hatte, nickte mit schmalen Augen. Sie traten beide zurück, sodass ich an ihnen vorbeikonnte. Als ich die Stufen hochschritt, gingen sie hinter mir her; am Eingang des Saals blieben beide stehen und sahen mir nach, bis ich den Abort betrat.
Ich blieb mit Todesverachtung lange genug auf dem stinkigen Örtchen, sodass es glaubhaft wirkte, doch als ich endlich wieder nach draußen ging, waren sie verschwunden. Ich stieg die Treppe langsam hinunter und riskierte ein Auge zum unteren Absatz des Treppenhauses. Ein Bediensteter Chaldenbergens stand jetzt vor der Tür, die zu dem versteckten Fluchtweg führte; und zu einem Raum, in dem etwas vorging, worüber ich mir lieber keine Vorstellungen machte. Er hörte mich und schaute nach oben, und ich winkte ihm zu und lächelte blöd, als sei ich besoffen. Er wandte sich ab und starrte wieder ins Leere.
Es gab nichts, was ich tun konnte. Ich dachte darüber nach, ob ich nicht einfach das Haus verlassen und Calendar alarmieren sollte. Er würde nicht mitkommen. Ich hatte keinerlei Möglichkeit, irgendetwas für Caterina zu tun, solange ich hier war, aber ich brachte es einfach nicht übers Herz zu gehen. Manchmal unterliegt man der idiotischen Vorstellung, es sei besser, in der Nähe zu bleiben, auch wenn es keinen Unterschied macht. Ich biss die Zähne zusammen und betrat den Saal aufs Neue.
Chaldenbergen war wieder da, umgeben von einem kleinen Zirkel Männer, auf die er hastig einredete. Sein Gesicht war gerötet. Ich konnte es nicht beschwören, aber ich glaubte in den Männern, die um ihn herumstanden, diejenigen zu erkennen, die mit ihm verschwunden gewesen waren. Er sah auf, als ich hereinkam, und sein Gesicht verzog sich zu einem falschen Lächeln. Er winkte mir zu. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel. Solange er sich hier befand, war er nicht bei Caterina. Ich sagte mir, dass es keinerlei Beweise gab für meinen Verdacht und dass die Geräusche, die aus dem versteckten Raum gedrungen waren, auch eine Täuschung sein konnten, ein verzerrtes Echo des
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