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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hält.«
    »Wahrscheinlich wird gleich eine Wache hier auftauchen«, sagte ich und deutete zum Fenster hinaus. »Ich hoffe, er überlebt den Sturz. Ich bin sicher, dass er etwas über Pegnos Tod weiß. Es kann kein Zufall sein, dass er seine Arbeit im Arsenal genau um die Zeit herum aufgegeben und sich Rara und ihren Kumpanen zugesellt hat, als Pegno starb.«
    »Sie hätten gern an meiner Stelle mit ihm kämpfen dürfen«, erwiderte Calendar, aber es klang weniger sarkastisch, als er es gemeint hatte.
    »Ich habe immerhin dafür gesorgt, dass Sie überhaupt die Gelegenheit zu einem Kampf bekamen.«
    »Das stimmt. Diesmal haben Sie mir den Pelz gerettet. Ich hätte nicht gedacht, dass so eine Brutalität in einem Kaufmann steckt.« Er lächelte schwach.
    »Ich war nicht immer Kaufmann«, erwiderte ich. »Eine Zeit lang war ich so etwas Ähnliches wie Sie. Ich habe Ihnen doch erzählt, dass ich für den Bischof von Augsburg gearbeitet habe.«
    »Aber was Sie da gemacht haben, haben Sie mir nicht erzählt.«
    »Sie haben nie danach gefragt.«
    Er schüttelte den Kopf. Rara straffte sich plötzlich und nahm ihre stolze Haltung wieder ein, und sein Blick irrte ab. Er verstärkte seinen Griff um ihren Oberarm. Sie verzog keine Miene.
    »Wir gehen jetzt zu Caterina«, befahl er.
    »Die arme Kleine«, sagte Rara höhnisch. »Ich war überzeugt, der tedesco würde sie gut behandeln. Stattdessen legt er mir sie in diesem Zustand vor die Tür. Der Schreck, den ich heute Morgen bekommen habe! Wenn ich sie nicht von der Türschwelle aufgelesen hätte, wäre sie schon längst tot.«
    »Wen wollen Sie damit überzeugen?«, fragte ich wütend.
    »Ohne meine Hilfe findet ihr sie nicht mal.«
    Calendar sagte ruhig: »Wir brauchen bloß das Haus auseinander zu nehmen. Stein um Stein.«
    Rara presste die Lippen zusammen, dann lachte sie heiser. »Wenn du deine Herren dazu überreden kannst … oder bist du in Wahrheit der Vorsitzende des Zehnerrats, dass du nur zu befehlen brauchst?«
    »Sie kann sie nicht so gut versteckt haben, dass wir sie nicht irgendwann finden«, stieß ich hervor.
    »Dann kann es zu spät sein. Wir wissen nicht, wie es ihr geht.«
    »Nicht so gut«, erklärte Rara ungerührt.
    »Also gut«, seufzte Calendar. »Vielleicht kann ich Ihnen die peinliche Befragung ersparen.«
    »Das reicht mir nicht.«
    Calendar zog sie zu sich heran und legte seine Stirn an ihr Ohr, damit er ihr zuflüstern konnte. Sein Blick traf mich. »Wenn du erst mittendrin bist«, raunte er Rara zu, »wirst du dir wünschen, auf mein Angebot eingegangen zu sein.« Er nahm den Kopf zurück, sah ihr in die Augen und nickte ihr lächelnd zu, als hätte er ihr einen gut gemeinten Rat unter Freunden gegeben. Rara wurde bleich vor Wut.
    »Ihr Schweine!«, zischte sie. Calendar starrte sie unverwandt an. »Na gut. Ich führe euch hin.«
    Sie versuchte sich loszumachen, doch der Polizist hielt sie fest. »Wir warten auf das Eintreffen der Wache und lassen einen von ihnen mitgehen. Wer weiß, ob sich nicht noch ein Freund von Matteo dem Bären hier im Haus herumtreibt.«
    Rara zuckte mit den Schultern.
    »Sieht man schon was?«
    Ich trat zum Fenster hinüber. Unten hatte sich inzwischen eine ansehnliche Menschenmenge versammelt. Als ich mich hinausbeugte, wurde das Stimmengewirr größer, und ein paar Finger deuteten auf mich. Ursino lag noch so da, wie er gefallen war. Ich hörte keinen Laut mehr von ihm. Die Gaffer standen mit den Schuhspitzen hart am Rand der Blutlache, die bestürzend groß geworden war.
    »Kann nicht mehr lange dauern«, erwiderte ich und wandte mich zu Rara um. »Wenn Sie bereitwillig die Namen Ihrer Verbündeten nennen, werden die Behörden vielleicht noch nachsichtiger sein.«
    »Verbündete?«
    »Tun Sie nicht so unwissend. Nicht mal Sie hätten dieses Geschäft völlig allein aufbauen können.«
    Sie verzog abschätzig den Mund. »Welches Geschäft? Dass ich mich um die elternlosen Dinger kümmere, deren Fleisch auf dem Sklavenmarkt feilgeboten wird?«
    »Erzählen Sie Ihre Märchen dem Priester um die Ecke. Der glaubt Sie Ihnen vielleicht.«
    Rara lächelte verächtlich. Calendar zuckte mit den Schultern. »Sie wird nicht selbst Zeugnis gegen sich ablegen, wenn Sie das hoffen.«
    Plötzlich kam mir eine Idee. Ich wartete einen Augenblick um der Wirkung willen. »Wir kriegen Barbarigo auch so«, zischte ich dann.
    Rara warf den Kopf in den Nacken und lachte. Es hörte sich nach echter Belustigung an. Calendar, der erstaunt

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