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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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erneut Suppe über ihre Lippen.
    »Du scheinst zu wissen, was du tun musst«, sagte ich.
    »Meine Mutter lag so ein paar Wochen, bevor sie starb. Ich habe sie auf diese Art ernährt.«
    »Wird Jana wieder gesund?«
    Ich wusste, wie dumm die Frage klang, und musste sie dennoch stellen.
    Fiuzetta warf mir erneut einen scharfen Blick zu. »Was willst du hören?«
    Ich antwortete nicht. Jana schluckte erneut etwas von der Suppe hinunter, was mir wie ein Wunder erschien. Ich beobachtete ihre Wangen, ob vielleicht etwas Leben in sie zurückkehrte, aber meine Hoffnung war eitel.
    »Hast du es ihm gesagt?«
    Fiuzetta nahm den Gesprächsfaden ohne Schwierigkeiten wieder auf. »Si, certo.«
    »Was hat er erwidert?«
    »Er ist ein großer Kaufherr. Er kann sich keinen Skandal leisten. Das Kind könnte von jedem sein. Sein Name darf nicht mit Dreck beworfen werden. Mit Dreck, so wie mir und dem Kind.« Fiuzetta seufzte und betastete den kleinen Schnitt auf ihrer Wange mit der freien Hand. »Das Kind kann nur von ihm sein. Ich hatte keinen anderen als ihn. Er weiß es. Ist ihm aber egal. Der Narr geht auf das Seil, bis er abstürzt. Die Worte meiner Mutter. Ich bin der Narr.«
    »Es tut mir Leid.«
    »Bist du auch ein großer Kaufherr?«
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte ein Lächeln. »Jana ist der Kaufmann von uns beiden.«
    »Du bist nicht mehr jung. Sie ist auch kein Mädchen mehr. Es war aber das erste Kind.«
    »Wir kennen uns seit drei Jahren.«
    »Du hattest vorher eine andere Frau? Gestorben?«
    Ich nickte. Fiuzetta senkte den Blick. »Ich dachte es mir.« Sie befühlte wieder den Schnitt auf ihrer Wange.
    »Er hat dich geschlagen, nicht wahr?«
    » Si . Er trägt einen großen Ring am Finger. War ihm egal. Er war voller Wut. Ich bin zu dumm fürs Ficken, hat er gesagt.«
    Ich ließ den Kopf hängen und dachte daran, was ich über Fiuzetta zu Jana gesagt hatte. Die eigenen Worte klingen noch schlimmer, wenn man sie aus fremdem Mund hört.
    »Wie lange wart ihr … wie lange warst du …?« Ich brach ab.
    »Seine Matratze?«, stieß sie hervor. »Zwei Jahre.«
    »Es tut mir Leid.«
    »Es brauchte dir schon vorhin nicht Leid zu tun. Er sagte, er will keinen Bastard. Seine Frau macht ihm die Hölle heiß. Er kann das nicht brauchen fürs Geschäft. Er hat außerdem schon genug Ärger mit seinen echten Kindern.«
    »Ein verheirateter Mann mit Familie.«
    »Er sagte, er hat den Wolf in den Schafspelz gesteckt und dem Trottel die Arbeit des Wolfs gegeben, und er kann es nicht wieder gutmachen, weil er sonst das Gesicht verliert. Er kann nicht auch noch Schwierigkeiten mit mir und dem Balg gebrauchen.«
    »Wie hat er das gemeint?«
    Fiuzetta lächelte bitter. »Er hat einen Sohn in ein Geschäft gesteckt, aber der Junge kann es nicht richtig machen. Er sagt, er ist ein Holzkopf und taugt nicht zum Kaufherrn – speit schon seine Gedärme aus, wenn das Schiff noch im Hafen liegt.«
    Ich riss die Augen auf. »Wie heißt der Mann, der dich ausgehalten hat?«
    »Ich mag den Namen nicht sagen.«
    »Fabio Dandolo.«
    Jetzt weiteten sich ihre Augen. Einer weiteren Bestätigung bedurfte es nicht.
    »Dieser Bastard!«, sagte ich. »Es war ihm klar, dass Pegno nicht für seine Pläne taugte. Er hätte Andrea an seiner Stelle zu Enrico schicken sollen, um diesem das Geschäft unterm Hintern wegzuorganisieren. Aber Pegno war da, wo Andrea sein sollte, und Andrea saß im Kloster fest. Wahrscheinlich hat er noch Geld bezahlt, damit die Mönche Andrea aufnahmen.« Ich bemerkte, dass ich Janas Finger so fest drückte, dass sie aufgeschrien hätte, wenn sie bei Bewusstsein gewesen wäre. Ich legte ihre Hand vorsichtig zurück auf das Laken.
    »Du kennst messère Dandolo?«, fragte Fiuzetta ängstlich. Sie hatte ihn wahrscheinlich niemals Fabio genannt, nicht einmal in den intimen Momenten ihres Zusammenseins.
    – Ich besorg es dir, du Miststück, pass bloß auf. O ja, messère Dandolo, Sie sind der Beste, nehmen Sie mich, ich gehöre Ihnen.
    »Nein«, stieß ich hervor. »Es gibt Bekanntschaften, auf die ich im Vorhinein verzichten kann.«
    »Woher weißt du es dann?«
    »Ich hätte etwas für die Familie tun sollen. Ich habe mich über sie erkundigt.«
    »Er droht, ich muss ins Gefängnis, wenn ich angebe, dass ich seine Geliebte bin. Er wird zu allem lügen, was ich sage. Wem wird die Quarantia glauben, einem guten Kaufherrn oder einer Nutte? Er sagt, ich werde mit Schlägen aus der Stadt gejagt und muss das Kind auf der Straße zur

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