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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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– äh – Schwierigkeiten gibt es immer, die hat man in allen – äh –«
    »Was für Schwierigkeiten?«
    »Nun ja, im Grunde geht es wohl immer um – sagen wir um Reibungen zwischen der älteren Generation, meiner Generation, und einigen der jüngeren Mitarbeiter. Das gibt es immer. Auch schon, als ich so alt war wie Sie.«
    »Die Jüngeren haben ihre eigenen Vorstellungen?«
    »Ja, und das ist auch gut so.«
    »Denken Sie an einen bestimmten Vorfall?«
    Wieder zögerte der Präsident. »Sie kennen das bestimmt so gut wie ich. Da geraten sich zwei ein bißchen in die Wolle …«
    »Hat es etwas mit Mr. Quinn zu tun?«
    »Ganz ehrlich gesagt, Chief Inspector – ich glaube es nicht. Einer dieser Vorfälle ereignete sich vor seiner Einstellung, genaugenommen während des Berufungsverfahrens.« Er berichtete kurz über die Auseinandersetzung im Berufungsausschuß.
    »Das heißt, daß Bartlett Quinn eigentlich nicht hat einstellen wollen?«
    Der Präsident schüttelte den Kopf. »Sie mißverstehen mich. Der Geschäftsführer war ganz zufrieden mit ihm. Nur er persönlich hätte einen der anderen Kandidaten vorgezogen.«
    »Und wie standen Sie dazu?«
    »Ich – äh – war auf Bartletts Seite.«
    »Der Haken war demnach Roope?«
    »Nein, nein, auch diese Formulierung wäre mißverständlich. Quinn wurde nicht von Roope, sondern von dem ganzen Ausschuß bestellt.«
    »Ich bitte Sie jetzt um eine offene Antwort, Sir. Haben Sie den Eindruck, daß sich Bartlett und Roope nicht gerade in herzlicher Freundschaft zugetan sind?«
    »Schmeckt Ihnen der Tee nicht, Inspector? Sie haben ja noch kaum etwas getrunken.«
    »Wollen Sie meine Frage nicht beantworten?«
    »Es wäre wohl fairer, wenn Sie die Betroffenen danach fragen würden.«
    Morse nickte und schluckte das lauwarme Gebräu. »Gibt es Reibungen zwischen den Hauptamtlichen?«
    »Bei den Akademikern, meinen Sie? Kaum.«
    »Das klingt ein bißchen skeptisch.«
    Der Präsident trank langsam seinen Tee, und Morse beschloß, seinem Glück etwas nachzuhelfen.
    »Wie ist es zum Beispiel mit Miss Height?«
    »Eine reizende Frau.«
    »Sie meinen, man könnte es den anderen gar nicht verdenken, wenn –«
    »Falls da irgend etwas – äh – gespielt wird, kann ich nur sagen, daß ich davon nichts weiß.«
    »Auch nicht gerüchteweise?«
    »Kein vernünftiger Mensch gibt etwas auf Gerüchte.«
    »Ach nein?«
    Aber der Präsident ließ sich nicht provozieren, und Morse schlug erneut einen Haken. »Ist Bartlett eigentlich beliebt?«
    Der Präsident sah Morse scharf an und schenkte Tee nach. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich überlege nur, ob einer seiner akademischen Mitarbeiter vielleicht Grund hatte … na ja, Sie wissen schon …« Morse wußte selbst nicht recht, was er meinte, aber offenbar hatte er aus seinem Gegenüber eine Reaktion herausgekitzelt.
    »Sie denken wohl an Ogleby?«
    Morse nickte weise und bemühte sich, Allwissenheit zu verströmen. »Ganz recht, ich dachte an Mr. Ogleby.«
    »Aber das ist doch eine alte Geschichte. Damals habe ich tatsächlich Ogleby für geeigneter gehalten und auch für ihn gestimmt. Aber im Rückblick meine ich, daß wir mit Bartlett besser gefahren sind, und wir haben es alle begrüßt, daß Ogleby sich bereit erklärt hat, den Posten des stellvertretenden Geschäftsführers zu übernehmen. Ein sehr fähiger Mann. Hätte er nur gewollt, dann hätte er bestimmt …« Während der Präsident sich jetzt keinen Zwang mehr antat, schweiften Morses Gedanken ab. Bartlett und Ogleby hatten sich demnach beide um die Geschäftsführung beworben, und Ogleby war durchgefallen. Vielleicht hatte die Kränkung sich bei ihm festgesetzt, so was sollte es geben. Aber was um alles in der Welt konnte das mit dem Mord an Quinn zu tun haben? Gewiß, wenn Bartlett umgebracht worden wäre, meinetwegen auch noch Ogleby. Aber so …
     
    Der Präsident sah Morse nach, der rasch über den Hof ging. Er wußte, daß er die letzten zehn Minuten tauben Ohren gepredigt hatte, und konnte sich beim besten Willen den Ausdruck stiller Selbstzufriedenheit nicht erklären, der unvermittelt auf dem Gesicht des Chief Inspector erschienen war.
     
    Lewis leerte seine Teetasse und wollte gerade die Polizeikantine verlassen, als Dickson hereinkam.
    »Wie ich sehe, sind Sie an die Öffentlichkeit gegangen. Hat der Alte sich festgefahren?«
    Er reichte Lewis die Oxford Mail und deutete auf einen Absatz am unteren Ende der ersten Seite.
     
    MORDERMITTLUNG
    »Im Zuge der

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