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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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Ashfords Tagebuch
    Silvester 1961
    Einundzwanzig Jahre alt
    Was bedeutet, dass wir nun zu dem schlimmsten, traurigsten Teil des Jahres kommen – Trauer schließt an Freude an, eines folgt auf das andere.
    Wir schworen uns unsere Liebe und verabschiedeten uns dann: Ich versprach, meinen Abschluss zu machen und zu Ihm zurückzukehren. Unsere Pläne hielten wir geheim, und als meine beste Freundin kam und mir von Seinem Verrat erzählte, zerriß mir das Herz. Das Gefühl des Krankseins, das ein gebrochenes Herz mit sich bringt, läßt sich mit keiner anderen Krankheit vergleichen, weil es keine Heilung dafür gibt.
    Keine.
    In Mamas Auto fuhr ich nach Bayside, ohne irgendwem zu sagen, wohin ich wollte und warum. Es war Oktober, die ungewöhnliche Kälte hatte die Straßen leergefegt. Ich kam an Seinem Wohnwagen an, riss die Tür auf und fand Ihn allein, lesend. Als ich Ihn zur Rede stellte, gab Er alles zu, was Birdie gesagt hatte: Er hatte mich wirklich verraten. Aber Er sagte, das sei gewesen, bevor Er mich liebte, zwar sei er mit anderen zusammengewesen, als Er schon mit mir zusammen war, aber seit Ihm klar war, dass Er mich liebte, habe Er keine andere mehr angefasst. Jetzt liebte Er nur mich. Zum ersten Mal sagte Er: »Ich liebe dich.« Und dann fügte Er das Allerwichtigste hinzu. »Und nur dich.«
    Ich weiß, das sind nur sechs zufällig aneinandergereihte Worte. Nur Worte. »Ich liebe dich und nur dich.« Und doch bedeuten diese Worte alles.

D REIZEHN
    I m Licht der späten Nachmittagssonne war ich in der
    Bucht schwimmen gegangen. Als ich aus dem Wasser auf den Steg kletterte, sah ich Birdie mit einem Glas Wein in der Hand am Gartenzaun stehen. Ich winkte, sie lächelte. »Komm rüber«, rief sie.
    Ich winkte nochmals. »Ich komme.« Das Wasser rann mir aus den Haaren wie Regen und tropfte auf meinen weißen Leinenkittel. »Wie war dein Tag?« Ich umarmte sie.
    »Wunderbar. Und deiner?«
    »Unglaublich. Es ist so herrlich friedlich hier.«
    »Gut.« Sie schenkte mir ein Glas Chardonnay ein, wir gingen zur Veranda hinüber. »Ich genehmige mir Wein nur dann, wenn Gäste da sind. Du bist also die Ausrede.« Ihre Stimme war ein einziges Lachen.
    Ich lächelte. »Ich halte jederzeit gerne als Ausrede her.«
    Was sie dann erzählte, kam tief aus der Vergangenheit, die Geschichte von Mutter und ihrem Geliebten. »Sie haben sich 1960 erst ganz am Ende des Sommers getroffen. Deine Mutter hat sofort einen Weg gefunden, im nächsten Sommer wiederzukommen, indem sie sich einen Job als Bademeisterin besorgte. Erst 1961 haben sie sich richtig kennengelernt, als alles hier in Aufruhr war. Das kannst du nicht nachvollziehen. Man kann Bücher darüber lesen und sich Filme ansehen und Historikern zuhören, aber man war trotzdem nicht dabei.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich meine die Bürgerrechtsbewegung. Hier. In Alabama. Die Welt stand in Flammen, zumindest war sie kurz davor. Alles schien unwirklich und war gleichzeitig mehr als real. Wir steckten mittendrin – deine Mutter und ich –, und ich weiß heute noch nicht, wie das passiert ist.«
    »Meine Mutter hat über ein Sit-in und die Montgomery Freedom Riders geschrieben, aber keine Einzelheiten.«
    »Wir wollten die Welt verändern. Wir wollten allen beweisen, dass sie unrecht hatten. In dem Sommer haben wir uns hier in Bayside einer Gruppe Bürgerrechtlern angeschlossen. Wenn man sich auf so etwas einlässt, dann brennt man, man ist voller Selbstgerechtigkeit und sieht nur noch ein Ziel und ist von Gefühlen, von Verlangen, Hass, Freude, Trauer völlig überwältigt. Ein Bedürfnis ist nicht mehr nur ein Bedürfnis. Hass ist stärker als Hass. Und in dieser Zeit hat sie sich in ihn verliebt.« Birdie wandte den Blick ab, sprach aber weiter. »Er sah so gut aus.« Sie schüttelte den Kopf. »Er sieht immer noch gut aus.«
    »Birdie, er lebt noch?«
    »Oh«, sagte sie und lächelte mich an. »Und wie. Aber davon sprechen wir ja nicht, oder? Wenn du die Geschichte erfahren willst, musst du zuhören, okay?«
    »Okay.« Aber mir brannten tausend Fragen auf der Zunge.
    »Wir lebten in dem Sommer in unserer eigenen Welt. Wir diskutierten und schmiedeten Pläne und gingen zu Versammlungen. Obwohl wir eigentlich in Atlanta wohnten, haben wir immer die Zeit von Mai bis September hier verbracht. Deine Mutter hat bei uns gewohnt. Wir fuhren nach Birmingham und Montgomery und erzählten meinen Eltern, wir würden auf Konzerte oder ins Kino gehen, aber tatsächlich saßen wir in

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