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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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wäre nie wieder fähig, ihm ins Gesicht zu sehen und zu sagen, was für mich wahr war, ich würde ihn stattdessen immer wieder besänftigen. Mein Gefühl der Sicherheit war immer noch leicht und zerbrechlich, ein kleiner grüner Spross in derErde Alabamas, der leicht ausgerissen oder niedergetrampelt werden konnte. Ich wollte dieses Pflänzchen schützen. »Bitte geh«, sagte ich.
    »Wie du willst, Ellie. Ganz wie du willst. Das habe ich dir ja immer gegeben, die ganzen Jahre hindurch – alles, was du wolltest. Und jetzt sagst du mir, dass es nie genug war.«
    »Ich sage nicht, dass es nicht genug war.« Ich hob die Hand. »Ich will das nicht mehr. Ich verteidige mich nicht mehr wegen Dingen, die ich nie gesagt habe. Bitte, geh.«
    »Du verlierst dein echtes Leben, Ellie. Mich. Du verlierst mich. Du verlierst dein Leben und deine Freunde, während du hier mit Leuten rumhängst, die du Freunde nennst und nicht mal kennst. Willst du das?«
    »Ich will, dass du gehst«, sagte ich.
    »Scheiße, Ellie, wie du willst.«
    Seine Schritte donnerten über den Holzfußboden. An der Haustür drehte er sich noch einmal um, sah mich lange an und schleuderte dann die Tür hinter sich zu. Die gerahmte Schiffszeichnung links neben der Tür fiel zu Boden, das Glas zersplitterte. Ich stand still da, hörte, wie sein Auto startete, dann das Knirschen im Kies, als er wegfuhr.
    Ich zitterte am ganzen Körper. Ich wartete, bis das Erdbeben meines veränderten Lebens verebbte, dann holte ich den Besen aus der Küche, fegte die Glassplitter zusammen, legte das Bild auf den Küchentisch.
    Was hätte ich auch sonst tun sollen?
    Auszug aus Lillian Ashford Eddingtons Tagebuch
    Silvester 1962
    Zweiundzwanzig Jahre alt
    Das ist so eine Sache, wenn man ein Baby hat – ich bekomme keinen Schlaf und bin jetzt sehr müde. Ich will mehr schreiben. Dir (wer immer du bist) mehr über das Jahr und die Geburt und die Hochzeit erzählen. Aber ich habe das Gefühl, du weißt schon alles. Und ich bin so müde, es fühlt sich an, als wären meine Knochen aus Wasser und meine Augenlider aus Beton.
    Wie ich Vietnam hasse. Lulus Bruder ist dort gefallen. Wenn das bloß aufhören würde. Alle spielen verrückt – Rassenunruhen, Martin Luther King, Vietnam, die Hippies und Blumenmädchen –, und dann sehe ich Ellie an und bin überwältigt vor Glück.
    Oh, und Redmond hat von der großen Meisterin der Porträtmalerei, Miss Kate Edwards, ein Bild von Ellie und mir anfertigen lassen. Alle meine Freundinnen sind neidisch. Wie gesagt, ich habe so ein Glück.
    Vielleicht ist die Lektion, die ich lernen musste, eine ganz andere, nämlich: mit dem glücklich zu werden, was ich schon habe. Mich nicht länger nach dem zu sehnen und wegen dem Tränen zu vergießen, was ich nicht habe. Ist das, was ich habe, nicht genug? Glaube ich wirklich, daß ich noch mehr verdiene???
    Aber Verlust ist so – die ständige Erkenntnis, daß das, was man für möglich gehalten hat, es nicht ist.
    Also ist das das Jahr …
    Ich werde die perfekteste Mutter aller Zeiten werden. Mehr will ich im Moment nicht. Das ist alles, was ich will.Ich werde alles richtig machen. Genau richtig. Das hier werde ich nicht vermasseln.
    Blumen.«

Z WANZIG
    A m nächsten Morgen stand ich in der Küche und hörte wieder Melody Gardot singen, da fiel mein Blick auf das Geschenk, das Rusty zurückgelassen hatte. Ich hatte es völlig vergessen. Ich nahm die kleine, babyblaue Schachtel mit dem weißen Seidenband in die Hand – mit dem jeder Frau vertrauten Tiffany-Schriftzug. Beim Schütteln hörte ich ein leises Rascheln. Ich zog die Schleife auf, ließ das Band auf den Tisch fallen und hob den Deckel an. Ein Diamant von mindestens drei Karat an einem Platinring funkelte mir anklagend entgegen.
    Ich trug immer noch den Verlobungsring, den Rusty mir geschenkt hatte, einen einfachen Ein-Karat-Diamanten an einem Goldring. Viele Male hatten er und auch meine Freunde mich schon gefragt, ob ich nicht ein »Upgrade« wollte. Ich hatte immer nein gesagt, ich mochte den Ring, er war ein Versprechen. Kein Zettel oder Brief lag bei diesem neuen Diamanten, also musste ich wohl glauben, dass Rusty wirklich eine Wiederholung unseres Gelübdes im Sinn gehabt hatte.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl und zog den Ring aus dem Samt. Er liebt mich , dachte ich. Ich bin so gemein und kaltherzig, und er liebt mich.
    Dann sagte ich laut: »Er liebt mich.«
    Aber die Worte klangen falsch. »Doch, doch«, sagte ich laut. Warum hätte

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