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Die Schwester der Braut

Die Schwester der Braut

Titel: Die Schwester der Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Westphal
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überhaupt, dass sie einander für eine lange Zeit nicht sehen würden?
    Die Antwort war einfach: Dana kümmerte es. Sie saß tatsächlich schon früh an diesem Tag in ihrem Wohnzimmer. Immer wieder sah sie durch ihr Fenster auf die andere Straßenseite auf Alex’ Pick-up vor dem Haus der Herreras. Sie wusste, dass die Freundin heute abreisen wollte und wünschte sich, dass Alex noch einen Tag bleiben würde. Vielleicht könnte sie später hinübergehen. Sie könnten über die Hochzeit reden, darüber, was sie verpasst hatte. Sie würde gern noch ein paar Stunden in der Gesellschaft der jungen Frau verbringen, mit ihr reden, sie ansehen. Doch noch nicht. Sie war noch nicht bereit.
    Sie war auch noch nicht bereit, als sie Alex mit ihrer Sporttasche aus dem Haus kommen sah. Sie selbst gab ihren Platz auf ihrer Couch auf, auf der sie bereits seit Stunden vorgab, beschäftigt zu sein, immer wieder wechselnd zwischen einem Fernsehprogramm, das sie nicht interessierte und einem Buch, auf das sie sich nicht konzentrieren konnte.
    Dana stellte sich hinter ihre Gardine ans Fenster. Als Alex zu ihrem Haus sah, fing der Puls in ihrem Hals an zu pochen. Würde Alex vielleicht herkommen, um sich von ihr zu verabschieden? Dana wünschte es sich so sehr. Doch dann winkte Alex Lauren zu und stieg in ihren Wagen. Kurz darauf bog ihr Pick-up um die nächste Ecke und war verschwunden.
    Dana schloss die Augen. Sie fühlte sich benommen. Das war es also gewesen. Ein kurzer Flirt, nichts weiter. Ein paar innige Gespräche. Ein paar noch innigere Küsse. Nun war alles vorbei. Und sie wachte wie aus einem Traum auf und musste weitermachen. Sie musste zur Arbeit gehen, immer lächelnd, immer zuvorkommend Gäste begrüßen. Sie musste ihre Scheidung über sich ergehen lassen und daraus stärker hervorgehen, als sie es zuvor gewesen war, weil die Leute es erwarteten. Sie musste Essen kochen, Wäsche waschen, Staub wischen. All die kleinen Dinge, die jeder andere Mensch auch tun musste. Und am Abend würde sie allein auf ihrer Couch sitzen und sich fragen, was es wirklich gewesen war, das sie zu Alex hingezogen hatte. Was Alex zu ihr hingezogen hatte. In diesen kurzen Tagen vor Alicias Hochzeit.
    Alex betrat ihre Wohnung und ließ die Sporttasche neben der Tür fallen.
    »Home, sweet home«, bemerkte sie. Es klang nicht so erleichtert, wie sie es bei ihrer Abfahrt vor knapp einer Woche erwartet hatte. Da hatte sie gedacht, sie würde froh sein, wieder hier zu sein und die Ruhe und Einsamkeit genießen.
    Doch die hatten ihr nur in den ersten Stunden ihres Heimatbesuchs gefehlt. Als ihre Mutter sie immer wieder angesehen hatte, als hätte sie vergessen, wie Alex aussah. Als ihre Schwester ihr all die wichtigen und unwichtigen kleinen Details über ihre Hochzeit erzählt hatte.
    Irgendwann hatten sie sich daran gewöhnt, dass Alex wieder zu Hause war. Alle drei hatten sie sich an die Arbeit gemacht, die letzten Kleinigkeiten für den großen Tag ihrer Schwester zu erledigen. Alex hatte kaum an einen Gedanken an verpasste Sport-News verschwendet. Selbst den mitgebrachten Laptop hatte sie nur ein einziges Mal benutzt, als sie den Weg zum Hotel auskundschaften musste, wo sie ihren Onkel und seine Familie abholen sollte.
    Alex ging ins Wohnzimmer und setzte sich auf die cremefarbene Ledercouch. Ihr Apartment war sehr hell gehalten. Weiß. Elfenbein. Creme. Einige Akzente in Aquamarin. Zu ihrer Linken sah Alex auf die halbe Wand, die ihre Küche vom Wohnzimmer trennte. Sie zeigte eine Wolke aus Bilderrahmen mit Fotos aus Alex’ Leben. Fotos von wichtigen Ereignissen wie ihrem High School-Abschluss, der Hochzeit ihrer Eltern (bei der sie natürlich noch nicht anwesend gewesen war), und . . .
    Alex stand von ihrer Couch auf und besah sich ein Foto genauer. Es zeigte sie selbst auf wackligen Kinderbeinen in einem Kleid bei einer Feier. Sie kannte das Foto gut, hatte aber nicht gewusst, um welche Feier es sich handelte. Jetzt wusste sie es. Das Bild war auf Dana und Brian Lincolns Hochzeit entstanden. Man konnte ein Stück vom Garten sehen, ein paar Gäste im Hintergrund. Alex versuchte zu erkennen, ob Dana durch einen seltsamen Zufall irgendwo zu sehen war, doch das war sie nicht. Wäre sie zu sehen gewesen, wäre es vermutlich nicht schwer zu erraten gewesen, wann es geschossen worden war.
    Alex schüttelte den Kopf und besah sich auch einige der anderen Fotos genauer. Keines zeigte ihr den Menschen, den sie so gern entdeckt hätte.
    Mit einem

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