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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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den verworrensten theologischen Wust noch in |252| einen Witz zu verkehren, so daß er lachen mußte, obwohl er sich gerade darüber den Kopf zerbrach.
    Die beiden gingen jeden Nachmittag miteinander spazieren. Sie war bei ihm untergehakt, und sie steckten die Köpfe so nah zusammen wie zwei Verschwörer. Sie wirkten wie ein Liebespaar, doch wenn ich in ihre Nähe kam, hörte ich Anne sagen: »Ja, aber der heilige Paulus ist in seinen Argumenten zu diesem Thema sehr eindeutig …« Und Henry antwortete: »Ihr glaubt, daß er das wirklich so meint? Ich hätte immer gedacht, daß er sich damit auf einen anderen Abschnitt bezieht.«
    George und ich spazierten hinter ihnen, stets bereit, ihnen zu Diensten zu sein, und ich mußte mit ansehen, wie Anne Henry kurz in den Arm kniff, um einem Argument Nachdruck zu verleihen, oder wie sie mißbilligend den Kopf schüttelte.
     
    »Warum teilt er der Königin nicht einfach mit, daß sie gehen muß?« fragte George. »Kein Hof in ganz Europa würde ihn dafür verurteilen. Jeder weiß, daß er einen Erben braucht.«
    »Er möchte dabei gern ein gutes Gewissen haben«, erklärte ich. »Er würde es nicht übers Herz bringen, eine Frau zu verstoßen, nur weil sie alt geworden ist. Er muß eine Möglichkeit finden, dies als Gottes Willen darzustellen. Er muß eine höhere Autorität finden als nur seine Wünsche und Begierden.«
    »Mein Gott, wenn ich König wäre, würde ich meinen Begierden folgen und mir keine Gedanken darüber machen, ob es Gottes Wille ist oder nicht«, rief George aus.
    »Weil du ein raffgieriger Boleyn bist. Dieser König jedoch will stets das Richtige tun. Er will stets sicher sein, daß Gott auf seiner Seite ist.«
    »Und Anne hilft ihm dabei«, merkte George boshaft an.
    »Was für eine Hüterin des guten Gewissens!« stimmte ich ihm gehässig zu. »In ihren Händen ist eine unsterbliche Seele wirklich gut aufgehoben.«
     
    Wieder einmal hatte man den Familienrat zusammengerufen. Ich hatte es schon erwartet. Seit wir aus Ludlow zurückgekehrt |253| waren, hatte mein Onkel uns beide, Anne und mich, genau und mit ruhiger Beharrlichkeit beobachtet. Im Sommer war er bei Hof gewesen und hatte gesehen, daß der König alle Tage mit Anne verbrachte, daß er sich offensichtlich unwiderstehlich zu ihr hingezogen fühlte. Aber bei Einbruch der Nacht wurde doch immer wieder ich zu ihm gerufen. Meinen Onkel verwirrte es, daß der König uns beide begehrte. Er überlegte, wie man Henry so lenken könnte, daß für die Howards das meiste dabei herauskam.
    George, Anne und ich standen vor dem großen Tisch im Arbeitszimmer meines Onkels. Er saß uns gegenüber, neben ihm auf einem kleineren Stuhl unsere Mutter.
    »Der König begehrt Anne ganz offensichtlich«, hob mein Onkel an. »Aber wenn sie nur Mary als Favoritin ersetzt, sind wir keinen Schritt weiter. Unsere Position hätte sich vielmehr sogar verschlechtert. Denn sie wäre nicht einmal verheiratet, und während einer solchen Affäre kann sie auch niemanden heiraten, und danach wäre sie völlig nutzlos.«
    Ich schaute zu meiner Mutter, wie sie dieses Gespräch über ihre älteste Tochter aufnehmen würde. Sie zuckte nicht mit der Wimper. Hier ging es um Familiengeschäfte, nicht um Gefühle.
    »Also muß Anne sich zurückziehen«, ordnete mein Onkel an. »Du verdirbst Mary das Spiel. Sie hat ihm eine Tochter und einen Sohn geboren, und bisher haben wir dafür nichts vorzuweisen außer einigen zusätzlichen Ländereien …«
    »Und ein paar Titeln«, murmelte George. »Und ein paar Ämtern …«
    »Ja, das leugne ich nicht. Aber Anne nimmt ihm die Lust auf Mary.«
    »Er hat keine Lust mehr auf Mary«, meinte Anne gehässig. »An Mary hat er sich längst gewöhnt. Das ist ganz etwas anderes. Ihr seid doch verheiratet, Onkel, Ihr solltet wissen, wie das ist.«
    Ich hörte George nach Luft schnappen. Mein Onkel warf Anne ein wölfisches Lächeln zu.
    »Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, Mistress Anne«, erwiderte er. »Eure Schlagfertigkeit würde Euch gut anstehen, |254| wenn Ihr noch am französischen Hof weiltet. Da Ihr Euch jedoch in England befindet, muß ich Euch daran erinnern, daß alle Engländerinnen das zu tun haben, was man ihnen sagt.«
    Anne senkte den Kopf, und ich sah, wie sie vor Zorn errötete.
    »Ihr geht nach Hever«, meinte Onkel plötzlich.
    Sie fuhr auf. »Nicht schon wieder! Was habe ich denn getan?«
    »Ihr seid unberechenbar, und ich weiß nicht, wie ich Euch in diesem Spiel einsetzen

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