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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Howard«, sagte ich offen. »Trotz der großartigen Titel und Namen sind wir doch alle im Grunde nur wie läufige Hündinnen.«
     
    William Stafford wartete am Eingangstor des Greenwich Palace, als wir ankamen, zog den Hut vor mir und ertappte mich bei einem leisen Lächeln. Nachdem wir abgestiegen waren und Anne ins Haus vorausgegangen war, zog er mich zur Seite.
    »Ich habe auf Euch gewartet«, sagte er ohne einen weiteren Gruß.
    »Das habe ich gesehen.«
    »Ich mag es nicht, wenn Ihr ohne mich ausreitet. Es ist auf dem Land nicht mehr sicher für die Boleyn-Mädchen.«
    »Mein Bruder hat sich um uns gekümmert. Es war gut, einmal ohne großes Gefolge unterwegs zu sein.«
    »Oh, das kann ich Euch auch bieten. Einfache Verhältnisse, das ist meine Spezialität.«
    Ich lachte. »Ich danke Euch.«
    Er legte mir die Hand auf den Arm. »Wenn der König Eure Schwester heiratet, werdet Ihr einen Ehemann ihrer Wahl nehmen müssen.«
    Ich schaute in sein eckiges, wettergegerbtes Gesicht. »Und?«
    »Wenn Ihr einen Mann mit einem hübschen kleinen Landhaus heiraten wollt, mit ein paar Feldern ringsum, dann solltet Ihr Euch beeilen. Je länger Ihr wartet, desto schwieriger wird es.«
    Ich zögerte und lächelte ihn unter gesenkten Wimpern hervor an. »Es hat mich noch niemand gefragt«, erklärte ich zuckersüß. »Ich muß mich wohl damit abfinden, mein Leben lang Witwe zu bleiben. Es hat mich niemand gebeten, ihn zu heiraten.«
    Diesmal war er um eine Antwort verlegen. »Aber ich hatte |404| gedacht …«, begann er. Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Ich sank vor ihm in einen tiefen Knicks und lief in den Palast. Als ich die Treppe hinaufstieg, schaute ich zurück und sah, wie er seinen Hut auf den Boden warf und darauf herumsprang. Mich durchströmte die Freude, die jede Frau kennt, die weiß, daß sie einen gutaussehenden Mann an sich gefesselt hat.
     
    Eine ganze Woche lang sah ich ihn nicht mehr, obwohl ich im Stallhof, im Garten und am Fluß herumschlenderte, wo er mich hätte finden können. Als eines Tages das Gefolge meines Onkels vorüberzog, konnte ich ihn unter den zweihundert Leuten in der Livree der Howards nicht ausmachen. Ich wußte, daß ich mich aufführte wie eine Närrin, aber ich dachte mir, es wäre schließlich nichts dabei, nach einem gutaussehenden Mann Ausschau zu halten und ihn ein wenig zu necken.
    Er blieb eine Woche lang verschwunden, dann noch eine Woche. An einem warmen Aprilmorgen beobachteten mein Onkel und ich den König und Anne beim Bowling. Ich fragte wie nebenbei: »Habt Ihr noch diesen – William Stafford hieß er wohl – in Euren Diensten?«
    »O ja«, erwiderte mein Onkel. »Aber ich habe ihm einen Monat Urlaub gegeben.«
    »Er hat den Hof verlassen?«
    »Er möchte heiraten. Er ist nach Hause gereist, um sich mit seinem Vater zu besprechen und einen Wohnsitz für sich und seine junge Frau zu kaufen.«
    Ich spürte, wie mir der Boden unter den Füßen nachgab. »Ich dachte, er wäre schon verheiratet«, sagte ich, um ganz sicher zu sein.
    »O nein, er ist allerdings ein übler Schürzenjäger«, erwiderte mein Onkel. »Eine der Hofdamen war ganz vernarrt in ihn, wollte ihn gar heiraten, das Leben bei Hof aufgeben und mit ihm und einem Stall voll Hühnern leben. Kannst du dir so etwas vorstellen!«
    »Töricht.« Mein Mund war völlig ausgetrocknet.
    »Und die ganze Zeit ist er mit irgendeinem Mädchen vom |405| Land verlobt, denke ich«, sagte mein Onkel. »Wartet wohl, bis sie endlich volljährig wird. Er will noch diesen Monat heiraten, dann kehrt er zu mir zurück. Er ist ein guter Mann, sehr zuverlässig. Er hat dich doch schon nach Hever begleitet, nicht?«
    »Zweimal«, antwortete ich. »Und er hat mir Ponys für die Kinder besorgt.«
    »So etwas kann er gut«, bestätigte mein Onkel. »Er wird es weit bringen. Wer weiß, vielleicht befördere ich ihn zum Stallmeister.« Er hielt inne und wandte mir plötzlich seinen dunklen Blick zu. »Er hat doch nicht etwa auch mit dir geschäkert, oder?«
    Ich schaute völlig gleichgültig zurück. »Ein Mann, der in Euren Diensten steht? Natürlich nicht.«
    »Gut«, erwiderte mein Onkel völlig unbeeindruckt. »Er ist nämlich ein Schurke, wenn man ihm nur die kleinste Gelegenheit gibt.«
    »Die bekommt er bei mir nicht«, versicherte ich.
     
    Anne und ich hatten schon die Nachthemden übergestreift und die Zofen entlassen, als wir das vertraute Klopfen an der Tür hörten. »Das kann nur George sein«, meinte Anne.

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