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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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»Natürlich nicht. Aber er macht mir ein wenig den Hof, und es ist angenehm, wenn ein Mann das tut.«
    »Ich hätte gedacht, hier wimmelte es nur so von Männern, die dir den Hof machen.«
    »O ja, sie schreiben Gedichte und schwören, daß sie vor Liebe vergehen. Aber er … er … ist ein wenig … wirklicher.«
    »Wer ist es?«
    »Ein Niemand«, wiederholte ich. »Ich denke also nicht an ihn.«
    »Schade, daß du ihn dir nicht einfach nehmen kannst«, sagte George mit brüderlicher Offenheit.
    Ich antwortete nicht. Ich dachte an William Staffords gewinnendes, vertrautes Lächeln. »Ja«, erwiderte ich sehr leise. »Schade, aber es geht nicht.«

|401| Frühling 1532
    George, der nicht wußte, wie sehr die Stimmung im Volk umgeschlagen war, lud Anne und mich ein, mit ihm am Fluß entlangzureiten und in einem kleinen Gasthof zu Abend zu essen. Ich erwartete, daß Anne das Angebot ablehnen und ihm erklären würde, es sei für sie nicht mehr sicher, allein auszureiten. Sie sagte jedoch nichts. Sie trug ein ungewöhnlich dunkles Kleid, zog den Reithut tief ins Gesicht und hatte ihr unverkennbares Halsband mit dem goldenen »B« abgelegt.
    George war so froh, wieder in England zu sein und mit seinen Schwestern auszureiten, daß er Annes diskretes Verhalten und ihre gedeckte Kleidung nicht bemerkte. Doch als wir in dem Gasthof einkehrten, warf die schlampige Alte, die uns hätte bedienen sollen, nur einen verstohlenen Blick auf Anne und verschwand. Wenig später erschien der Herr des Hauses, wischte sich die Hände an der Schürze ab und verkündete, das Brot und der Käse, den man uns hatte vorsetzen wollen, seien leider verdorben, und es gäbe im ganzen Haus sonst nichts für uns zu essen.
    George wollte aufbrausen, aber Anne legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm und sagte, es sei nicht so wichtig, dann würden wir eben im nahe gelegenen Kloster essen. Wir speisten dort recht gut. In jeder Abtei und in jedem Kloster landaus, landein fürchtete man den König. Nur die Dienerschaft musterte uns neugierig, während wir aßen, tuschelte darüber, welche wohl die alte Hure und welche die neue sein mochte.
    Auf dem Heimweg gab George seinem Pferd die Sporen und gesellte sich zu mir. »Es wissen also alle«, sagte er gleichmütig.
    |402| »Von London bis weit ins Land hinaus«, antwortete ich.
    »Und ich habe nicht den Eindruck, daß das Volk vor Freude jubelt und hurra schreit.«
    »Nein, das wirst du wohl nicht erleben.«
    »Ich hätte gedacht, ein hübsches englisches Mädchen würde den Leuten gefallen? Sie ist doch hübsch, nicht? Winkt, wenn sie vorbeifährt, gibt Almosen und so weiter?«
    »Das macht sie alles«, erwiderte ich. »Aber die Frauen hegen eine störrische Zuneigung zur alten Königin. Sie sagen, wenn schon der König von England eine treue, ehrliche Frau verstößt, weil ihm der Sinn nach Veränderung steht, dann ist keine Frau mehr sicher.«
    George schwieg einen Augenblick. »Bleibt es beim bloßen Murren?«
    »In London sind wir in einen regelrechten Aufruhr geraten. Und der König meint, es sei für sie in der Innenstadt nicht mehr sicher. Die Leute hassen sie, George, und sie erzählen sich alles mögliche über sie.«
    »Alles mögliche?«
    »Daß sie ein Hexe sei und den König durch Zauberei gewonnen hätte. Daß sie eine Mörderin sei und sogar die Königin vergiften würde, wenn sie nur könnte. Daß sie dafür gesorgt hätte, daß er bei allen anderen Frauen impotent ist, so daß er sie heiraten muß. Daß sie die Kinder im Schoß der Königin verhext und durch Hexenwerk dafür gesorgt habe, daß es keinen Thronfolger gibt.«
    George erblaßte. »Das sagen sie in aller Öffentlichkeit? Könnte der König es zu Ohren bekommen?«
    »Das Schlimmste wird ihm vorenthalten, aber irgend jemand wird es ihm früher oder später hinterbringen.«
    »Er würde doch kein Wort glauben, oder?«
    »Einiges sagt er sogar selbst. Er behauptet, besessen zu sein. Er meint, sie hätte ihn mit ihrem Zauber gefesselt, so daß er an keine andere Frau mehr denken kann. So wie er es sagt, ist es die Sprache der Liebe, aber wenn es nach außen dringt, dann ist es gefährlich.«
    George nickte. »Es wäre besser, sie täte mehr gute Werke |403| und wäre nicht so verdammt …« – er suchte nach dem richtigen Wort – »… sinnlich.«
    Ich schaute zu Anne, die vor uns ritt. Sogar zu Pferd, selbst wenn sie nur mit ihrer Familie ausritt, bewegte sie sich ungeheuer aufreizend.
    »Sie ist eine Boleyn und eine

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