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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Tochter bei mir haben.«
    »Der Hof ist nicht der richtige Ort für einen Säugling«, sagte Anne brüsk.
    Henry fuhr sofort zu ihr herum. »Schade. Doppelt schade, daß ich derlei von meiner Frau hören muß. Der Hof ist der beste Platz für einen Säugling. Ich hätte erwartet, daß gerade Ihr das besser begreift als jede andere.«
    »Ich habe nur an die Gesundheit des Kindes gedacht, Mylord«, erwiderte Anne kühl. »Ich habe überlegt, daß das Kind auf dem Land aufwachsen sollte.«
    »Das kann die Mutter wohl am besten beurteilen«, bemerkte Henry großspurig.
    Ich lächelte honigsüß und ergriff die günstige Gelegenheit. »Mit Eurer Erlaubnis möchte ich gern meine Tochter im Sommer mit nach Hever nehmen. Sie kann dort meine anderen Kinder kennenlernen.«
    »
Meinen
Sohn Henry«, erinnerte mich Anne.
    Ich warf dem König einen betörenden Blick zu.
    »Warum nicht?« meinte er. »Was immer Ihr wollt, Lady Stafford.«
    Er bot mir seinen Arm, und ich knickste und hakte mich bei ihm unter. Ich schaute zu ihm auf, als sei er immer noch der hübscheste Prinz Europas und nicht der fette Mann mit dem schütteren Haar, der er inzwischen geworden war. Die klare Linie seines Kinns war rund geworden. Der schöne Mund, der in seinem jungen Gesicht so sehr zum Küssen eingeladen hatte, war einem verwöhnten Schmollmund gewichen, und seine lustig tanzenden Augen versanken im Fett der aufgedunsenen Backen. Er sah aus wie ein Mann, dem niemand einen Wunsch versagte und der trotzdem zutiefst unglücklich war, wie ein verzogenes Kind.
    |552| Ich strahlte ihn an, lachte über seine Bemerkungen und brachte ihn meinerseits mit meinen Geschichten vom Buttermachen und Käsen zum Lachen, bis wir beim obersten Tisch angelangt waren, er sich als König von England auf den Thron setzte und ich meinen Platz am Tisch der Hofdamen einnahm.
     
    Wir saßen lange bei Tisch. Der Hof war gefräßig geworden. Es wurden zwanzig verschiedene Fleischgerichte aufgetragen, und es gab vierzehn verschiedene Süßspeisen. Ich bemerkte, daß Henry von allem kostete und ständig mehr kommen ließ. Anne saß mit versteinerter Miene neben ihm, stocherte in ihrem Essen nur herum und blickte ständig nach rechts und links, als wolle sie erspähen, von wo Gefahr drohte.
    Als man endlich die Teller abgetragen hatte, wurde noch ein Maskenspiel aufgeführt, und dann begann der Hof zu tanzen. Ich behielt die Seitentür links vom Kamin ständig im Auge, sogar dann noch, als ich mich in den Kreis der Tanzenden einreihte. Nach Mitternacht wurde meine Aufmerksamkeit belohnt: Die Tür ging auf, und mein Mann William stahl sich in den Raum und schaute sich nach mir um.
    Es wirbelten inzwischen so viele Menschen im Kreis, daß niemand William bemerkte. Ich entschuldigte mich bei meinen Mittänzern und ging zu ihm. Er zog mich sofort in einen Alkoven hinter einem Vorhang.
    »Meine Liebste«, sagte er und schloß mich in die Arme. »Es kam mir vor wie eine Ewigkeit.«
    »Mir auch. Geht es dem Kind gut? Hat es sich eingewöhnt?«
    »Als ich gegangen bin, schliefen Kind und Amme tief und fest. Ich habe eine gute Unterkunft für sie gefunden, und für uns auch, sobald du vom Hof weggehen kannst.«
    »Ich habe viel mehr erreicht«, berichtete ich entzückt. »Der König war erfreut, mich zu sehen, und hat sich nach dir erkundigt. Du sollst morgen zum Hof kommen. Wir können zusammen hier leben. Er hat mir erlaubt, die kleine Anne im Sommer mit nach Hever zu nehmen.«
    »Hat Anne für dich darum gebeten?«
    |553| Ich schüttelte den Kopf. »Anne habe ich meine Verbannung zu verdanken. Sie würde mich die Kinder nicht sehen lassen, wenn ich nicht den König selbst darum gebeten hätte.«
    Er pfiff leise. »Du hast ihr bestimmt von ganzem Herzen dafür gedankt.«
    »Nein. Es hat keinen Sinn, sich über etwas zu beschweren, das einfach in ihrer Natur liegt.«
    »Und wie geht es ihr?«
    »Mies«, flüsterte ich ganz leise. »Krank. Und traurig.«

|554| Sommer 1535
    An jenem Abend saßen George und ich in Annes Gemach, während sie sich bereitmachte, zu Bett zu gehen. Der König hatte angekündigt, er wolle in dieser Nacht bei ihr liegen, und sie hatte gebadet und ließ sich von mir das Haar bürsten.
    »Du achtest doch darauf, daß er vorsichtig ist, nicht?« fragte ich besorgt. »Es ist eine Sünde, daß er überhaupt bei dir liegen will.«
    George, der sich auf ihrem Bett räkelte und seine Stiefel auf die schöne Decke gelegt hatte, lachte kurz auf.
    »Es besteht kaum Gefahr,

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