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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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seiner Gunst Land schenken kann. Ich habe keinen Ehemann, der ein hohes Amt bei Hof bekleidet, weil meine Schwester die Mätresse des Königs ist. Ich habe nichts davon. Wie hoch du auch immer aufsteigst, ich habe nichts davon. Ich muß meinen eigenen Platz in der Welt erobern.«
    »Du sollst deinen Platz in der Welt haben«, murmelte ich schwach. »Das will ich dir nicht absprechen. Ich habe nur gesagt, daß ich nicht glaube, daß du es zur Herzogin bringen kannst.«
    |131| »Das hast wohl du zu entscheiden?« geiferte sie. »Du, die du nur den König von seinem wichtigen Staatsgeschäft ablenkst, einen Sohn zu zeugen, wenn er es denn schafft, und einen Krieg zu führen, wenn er eine Armee zusammenbekommt?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich das zu entscheiden habe«, flüsterte ich. »Nur, daß ich nicht glaube, daß sie es zulassen werden.«
    »Was geschehen ist, ist geschehen«, erwiderte sie und warf den Kopf in den Nacken. »Und niemand wird etwas davon erfahren, ehe es geschehen ist.«
    Plötzlich packte sie meine Hand mit grausam hartem Griff, drehte mir den Arm auf den Rücken und hielt mich so fest, daß ich vor Schmerzen aufschrie. »Anne, laß das, du tust mir weh!«
    »Dann hör mir jetzt gut zu«, fauchte sie. »Hör mir gut zu, Mary. Ich spiele mein eigenes Spiel, und ich will nicht, daß du mich dabei störst. Niemand wird etwas davon erfahren, ehe ich es nicht erlaube. Und dann ist es zu spät.«
    »Du willst ihn dazu bringen, dich zu lieben?«
    Unvermittelt ließ sie mich los. Ich rieb mir den schmerzenden Ellbogen und Arm.
    »Ich bringe ihn dazu, mich zu heiraten«, erwiderte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Und wenn du irgend jemandem auch nur ein Sterbenswörtchen verrätst, bringe ich dich um.«
     
    Danach betrachtete ich Anne mit äußerster Vorsicht. Ich sah, wie sie Henry Percy manipulierte. Nach all den kalten Monaten des neuen Jahrs in Greenwich zog sie sich nun plötzlich von ihm zurück. Und je mehr sie sich fernhielt, desto hartnäckiger verfolgte er sie. Wenn er einen Raum betrat, schaute sie auf und traf ihn mit einem Blick wie mit einem Pfeil mitten ins Herz, mit einem Blick, in dem Aufforderung und Begehren lagen. Doch dann schaute sie Percy während seines Besuchs nicht mehr an.
    Er gehörte zum Gefolge von Kardinal Wolsey. Man erwartete von ihm, daß er Seine Gnaden bediente, wenn der Kardinal |132| beim König oder bei der Königin weilte. In der Praxis bedeutete das nichts weiter, als daß er sich in den Gemächern der Königin herumtrieb und mit jedem Mädchen flirtete, das mit ihm zu sprechen bereit war. Doch er hatte nur Augen für Anne, und die übersah ihn, tanzte mit jedem, der sie aufforderte, außer mit ihm, setzte sich in seine Nähe, richtete jedoch nie das Wort an ihn, schickte ihm seine Gedichte zurück und erklärte ihm, sie könne ihm nicht mehr helfen.
    Sie zog sich so eindeutig von ihm zurück, wie sie ihn ermuntert hatte. Der junge Mann hatte nicht die geringste Vorstellung, wie er sie für sich zurückgewinnen konnte.
    Er wandte sich an mich. »Mistress Carey, habe ich Eure Schwester in irgendeiner Weise gekränkt?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Sie hat mich immer so bezaubernd angelächelt, und nun behandelt sie mich so kühl.«
    Ich überlegte einen Augenblick. Ich war in solchen Dingen langsam. Einerseits kannte ich die Wahrheit: Sie spielte mit ihm wie ein Angler, der einen Fisch am Haken hat. Doch Anne würde nicht wollen, daß ich das verriet. Andererseits wußte ich, welche Antwort Anne von mir erwartete. Ich schaute mit echtem Mitgefühl in Henry Percys Kindergesicht. »Mylord, ich glaube, sie fürchtet sich, Euch zu freundlich zu behandeln.«
    Ich sah, wie erneut Hoffnung in ihm aufstieg. »Zu freundlich?«
    »Sie war doch sehr freundlich zu Euch, nicht wahr, Mylord?«
    Er nickte. »O ja. Ich bin ihr ergebener Sklave.«
    »Ich denke, sie fürchtet, daß sie Euch zu lieb gewinnen könnte.«
    Er beugte sich vor. »Zu lieb?«
    »Zu lieb, als daß es gut für ihren Seelenfrieden wäre«, sagte ich sehr leise.
    Er sprang auf, machte zwei Schritte von mir weg, kam dann wieder zurück. »Es könnte also sein, daß sie mich begehrt?«
    Ich wandte lächelnd den Kopf ein wenig ab, damit er nicht |133| sah, wie traurig mich meine Lüge stimmte. Ich wollte ihn nicht abschrecken. Er warf sich vor mir auf die Knie und blickte zu mir auf.
    »Sagt es mir, Mistress Carey«, bettelte er. »Ich habe nächtelang nicht schlafen, tagelang nichts essen können. Sagt

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