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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihm geantwortet?« ermunterte ihn Anne.
    »Was man mir aufgetragen hat. Daß du eine Jungfrau und die hehrste Blume unserer Familie seiest. Daß du niemandes Bett teilst, ehe du nicht verheiratet bist. Wer immer auch darum bittet.«
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Oh.«
    »Das war alles?« drängte ich George. »Er hat nur ›Oh‹ gesagt?«
    »Ja«, erwiderte George schlicht. »Und dann ist er Sir Thomas auf dem Fluß nachgefahren, um den Huren einen Besuch abzustatten. Ich denke, du setzt ihm ganz schön zu, Anne.«
    Sie raffte ihr Nachthemd ein wenig hoch und stieg ins Bett. George betrachtete mit Kennermiene ihre nackten Füße. »Sehr hübsch.«
    »Das finde ich auch«, antwortete sie zufrieden.
     
    Mitte Januar bezog ich die Wöchnerinnenstube. Was geschah, während ich in Dunkel und Stille eingesperrt war, brauchte ich nicht zu wissen. Ich hörte, es habe ein Turnier gegeben und |209| Henry hätte unter seinem Umhang ein Unterpfand getragen, das nicht ich ihm gegeben hatte. Auf seinem Schild stand das Motto: »Kundzutun, ich wag es nicht!« Der halbe Hof zerbrach sich darüber den Kopf und rätselte, ob es wohl als Kompliment an mich gemeint sei, wenn auch ein recht seltsames Kompliment, da ich in der Wöchnerinnenstube doch weder das Turnier noch das Motto zu Augen bekam.
    Manche meinten auch, mein Stern sei im Begriff, sehr hoch zu steigen. »Kundzutun, ich wag es nicht!« war ein Signal an den Hof, daß vielleicht mein Sohn zum Erben erklärt würde. Nur wenige kamen auf den Gedanken, vom König, der mit diesem mysteriösen Spruch auf dem Schild ins Turnier ritt, zu meiner Schwester zu blicken, die Schulter an Schulter mit der Königin saß und ihre dunklen Augen auf die Reiter gerichtet hatte, ein winziges Lächeln auf den Lippen, den Kopf selbstbewußt ein wenig höher erhoben.
    Sie besuchte mich an jenem Abend und beschwerte sich über die muffige Luft und die Dunkelheit im Zimmer.
    »Ich weiß«, meinte ich knapp. »Sie behaupten, es müßte so sein.«
    »Ich begreife nicht, warum du das mit dir machen läßt«, erwiderte sie.
    »Überleg mal einen Augenblick«, riet ich ihr. »Wenn ich darauf bestehe, daß man die Vorhänge aufzieht, und dann das Kind verliere oder tot zur Welt bringe, was meinst du, würde unsere liebe Frau Mutter dazu sagen? Der Zorn des Königs wäre vergleichsweise mild.«
    Anne nickte. »Du kannst es dir nicht leisten, irgend etwas falsch zu machen.«
    »Nein«, stimmte ich ihr zu. »Es ist kein reines Vergnügen, die Liebste des Königs zu sein.«
    »Er will mich. Er ist drauf und dran, es mir zu sagen.«
    »Wenn ich einen Jungen bekomme, mußt du wieder zurücktreten«, warnte ich sie.
    Sie nickte. »Ich weiß. Aber wenn es ein Mädchen wird, dann sagen sie mir vielleicht, daß ich noch einen Schritt nach vorne machen soll.«
    |210| Ich lehnte mich in die Kissen zurück, zum Streiten zu matt. »Tritt vor oder zurück, mir ist es gleich.«
    Sie schaute mit wenig mitfühlender Neugier auf meinen riesigen Bauch. »Du bist ungeheuer dick. Er hätte eine Barkasse nach dir benennen sollen, kein Schlachtschiff.«
    »Wenn sie einmal Schlangen vom Stapel lassen, wird bestimmt eine nach dir benannt«, versprach ich ihr. »Geh, Anne. Ich bin zu müde, um mich mit dir zu streiten.«
    Sie erhob sich sofort und schritt zur Tür. »Wenn er mich begehrt und nicht dich, dann mußt du mir helfen, so wie ich dir geholfen habe«, warnte sie mich.
    Ich schloß die Augen. »Wenn er dich begehrt, nehme ich mein Kind und gehe nach Hever, und du kannst den König haben und den Hof und tagein, tagaus den Neid und die Mißgunst und den Klatsch und Tratsch, und du hast meinen Segen. Aber ich glaube nicht, daß er ein Mann ist, der seiner Geliebten viel Freude bringt.«
    »Oh, ich werde nicht seine Geliebte«, sagte sie verächtlich. »Du glaubst doch nicht, daß ich eine kleine Hure werden würde so wie du?«
    »Er wird dich niemals heiraten«, prophezeite ich ihr. »Und selbst wenn, dann solltest du es dir zweimal überlegen. Sieh dir die Königin gut an, ehe du auf ihren Thron spekulierst. Sieh dir das Leid im Gesicht dieser Frau an, und dann frag dich, ob dir die Ehe mit ihrem Mann wohl Freude bringen würde.«
    Anne zögerte, ehe sie die Tür öffnete. »Einen König heiratet man nicht um der Freude willen.«
     
    Im Februar kam eines Morgens mein Ehemann William Carey zu Besuch, während ich Brot, Schinken und Bier frühstückte.
    »Ich wollte Euch nicht beim Essen stören«, sagte er höflich

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