Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
Mühe ausgehandelt hat, öffnet uns alle Tore. Frieden mit Frankreich bedeutet das Ende unseres Bündnisses mit Spanien, das Ende der Königin. Ob sie es will oder nicht, sie ist jetzt nichts mehr als eine unerwünschte Ehefrau.«
    Was wir nun besprachen, war offener Verrat. Mein Onkel schreckte vor nichts zurück. Er blickte mich an. »Das Ende des Bündnisses mit Spanien ist das Ende der Königin«, sagte er. »Die Königin geht, ob sie will oder nicht. Und du trittst an ihre Stelle, ob du willst oder nicht.«
    Ich raffte all meinen Mut zusammen, erhob mich und trat hinter meinen Stuhl, so daß ich mich an der massiven geschnitzten Lehne festhalten konnte.
    »Nein«, erwiderte ich, und meine Stimme war ruhig und stark. »Nein, Onkel, es tut mir leid, aber ich kann das nicht.« Ich schaute auf das dunkle Holz des Tisches hinunter und begegnete seinem gestrengen Blick. »Ich liebe die Königin. Sie ist eine große Dame, und ich kann sie nicht verraten. Ich kann ihren Platz nicht einnehmen. Ich kann sie nicht verdrängen und die Rolle der Königin von England spielen. Das hieße die Ordnung der Dinge auf den Kopf stellen. Ich wage es nicht. Ich kann es nicht tun.«
    Er lächelte sein Wolfslächeln. »Wir begründen eine neue Ordnung«, sagte er. »Eine neue Welt. Man spricht davon, daß |201| die Autorität des Papstes ihrem Ende entgegengeht. Die Landkarten von Frankreich und Spanien werden neu gezeichnet. Alles ändert sich. Und wir stehen an der vordersten Front dieser Umwälzungen.«
    »Und wenn ich mich weigere?« fragte ich mit sehr dünner Stimme.
    Er warf mir mit eiskalten Augen sein zynischstes Lächeln zu. »Du weigerst dich nicht«, sagte er schlicht. »So sehr hat sich die Welt noch nicht geändert. Noch führen die Männer das Regiment.«

|202| Frühling 1526
    Anne durfte endlich wieder an den Hof und übernahm meine Pflichten als Hofdame der Königin, während ich immer matter wurde. Diesmal war die Schwangerschaft beschwerlich. Die Hebammen beteuerten, das könnte nur daran liegen, daß ich einen großen, starken Jungen unter dem Herzen trug, der mir all meine Kraft raubte. Sein Gewicht spürte ich wahrhaftig, wenn ich durch Greenwich ging. Ich sehnte mich immer nur nach meinem Bett.
    Doch auch im Liegen drückte mich das Gewicht des Kindes. Beine und Füße verkrampften sich, und oft schrie ich plötzlich mitten in der Nacht auf. Anne schreckte dann ebenfalls auf und krabbelte schlaftrunken zum Fußende des Bettes, um mir die Zehen zu massieren.
    »Schlaf doch, um Gottes willen«, zischte sie wütend. »Warum wälzt du dich ständig so herum?«
    »Weil ich keine bequeme Lage finde«, fauchte ich zurück. »Wenn du dich mehr um mich und weniger um dich selbst sorgen würdest, dann würdest du mir noch ein Kissen für den Rücken und etwas zu Trinken besorgen, anstatt nur einfach faul dazuliegen.«
    Sie kicherte, setzte sich in der Dunkelheit auf.
    »Geht es dir wirklich so schlecht, oder machst du nur viel Lärm um nichts?«
    »Mir geht’s wirklich schlecht«, beteuerte ich. »Ungelogen, Anne, mir tun alle Knochen weh.«
    Sie seufzte, stand auf, zündete eine Kerze an und hielt sie mir nah ans Gesicht.
    »Du bist bleich wie ein Gespenst«, meinte sie fröhlich. »Du siehst alt genug aus, um meine Mutter sein zu können.«
    »Ich habe Schmerzen«, erwiderte ich unbeirrt.
    |203| »Möchtest du etwas warmes Bier?«
    »Ja, bitte.«
    »Und noch ein Kissen?«
    »Ja, bitte.«
    »Und pinkeln, wie gewöhnlich?«
    »Ja, bitte. Anne, wenn du je ein Kind bekommen hättest, dann wüßtest du, wie das ist. Ich schwöre dir, es ist kein Spaß.«
    »Das sehe ich«, sagte sie. »Man muß dich nur anschauen und es ist einem klar, daß du dich fühlst, als wärst du mindestens neunzig. Gott weiß, wie wir den König halten können, wenn es so weitergeht.«
    »Ich muß gar nichts machen«, erwiderte ich gereizt. »Alles, was er heutzutage beachtet, ist mein Bauch.«
    Anne schob das Schüreisen ins Feuer und stellte das Bier und zwei Becher neben den Kamin. »Liebkost er dich?« fragte sie interessiert. »Wenn du nach dem Abendessen in seine Gemächer gehst?«
    »Im vergangenen Monat kein einziges Mal«, erwiderte ich. »Die Hebamme hat gemeint, ich sollte das nicht tun.«
    »Ein wirklich kluger Rat an die Mätresse eines Königs«, murmelte Anne zornig und beugte sich über das Feuer. »Ich wüßte zu gern, wer sie dafür bezahlt hat, dir das zu sagen? Und du Närrin hörst auch noch auf sie!« Sie zog das heiße Eisen

Weitere Kostenlose Bücher