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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Der König kann die Augen nicht von mir losreißen. Sir Thomas Wyatt ist vor mir nach Frankreich geflohen. Doch meine Schwester, die ein Jahr jünger ist als ich, ist verheiratet und hat zwei Kinder vom König höchstpersönlich. Wann bin endlich ich an der Reihe? Wann heirate ich? Wer wird mein Lebensgefährte sein?«
    George streichelte ihr die gerötete Wange. »O Annamaria«, sagte er zärtlich. »Für dich ist keiner gut genug, nicht einmal der König von Frankreich selbst oder der Kaiser von Spanien. Du bist vollkommen in allem. Sei geduldig. Wenn du erst die Schwester der Königin von England bist, dann können wir uns überall für dich umsehen. Im Augenblick ist es besser, Mary in eine gute Position zu bringen, in der sie dir helfen kann, als dich jetzt an irgendeinen erbärmlichen Herzog wegzuwerfen.«
    Sie mußte wider Willen darüber lachen, und George neigte seinen dunklen Kopf herab und streifte ihre Wange mit den Lippen. »Es stimmt«, versicherte er ihr. »Du bist in jeder Hinsicht vollkommen. Wir beten dich alle an. Bleib so, um Gottes willen, denn wenn irgend jemand erfährt, wie du im stillen Kämmerlein wirklich bist, sind wir alle verloren.«
    Sie fuhr zurück und hätte ihn sicher geschlagen, doch er duckte sich, lachte nur und schnipste mit den Fingern. »Nun |222| komm, kleine Königin im Werden!« forderte er mich auf. »Bist du bereit? Bist du soweit?« Er wandte sich zu Anne. »Er kriegt seinen Schwanz doch rein, oder? Du hast sie nicht zu sehr zugestopft?«
    »Natürlich«, antwortete sie ärgerlich. »Aber ich glaube, es wird höllisch weh tun.«
    »Nun, darüber wollen wir uns keine Gedanken machen, nicht wahr?« George lächelte sie an. »Schließlich ist sie unsere Gönnerin und unser zukünftiges Glück, kaum noch ein Mädchen, das wir ihm ins Bett legen. Komm, Kind! Du hast noch Arbeit zu erledigen für uns Boleyns. Wir zählen alle auf dich!«
    Während wir durch den großen Saal und über die finsteren Treppen zu den Gemächern des Königs gingen, schwatzte er ununterbrochen weiter. Als wir eintraten, saß Kardinal Wolsey bei Henry. George zog mich auf eine Bank beim Fenster und brachte mir ein Glas Wein, während wir darauf warteten, daß der König die leise Unterredung mit seinem Ratgeber beendete.
    »Wahrscheinlich hat er die Speisereste in der Küche nachgezählt«, flüsterte mir George boshaft zu.
    Ich lächelte. Die Versuche des Kardinals, die Verschwendung am Hof des Königs ein wenig einzudämmen, waren eine ständige Quelle der Erheiterung für die Höflinge, darunter meine Familie, deren Wohlbefinden und Vermögen sich nur aus der Extravaganz des Königs speisten.
    Hinter uns verneigte sich der Kardinal und bedeutete seinem Pagen, die Papiere einzusammeln. Er nickte George und mir knapp zu, während George mich zu seinem verlassenen Stuhl beim Kamin führte.
    »Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Majestät, Madam, Sir«, sagte er und verließ den Raum.
    »Trinkt Ihr ein Glas Wein mit uns, George?« fragte der König.
    Ich warf meinem Bruder einen flehentlichen Blick zu.
    »Danke sehr, Majestät«, antwortete George und schenkte uns allen Wein ein. »Ihr arbeitet noch so spät, Sir?«
    |223| Henry winkte abschätzig mit der Hand. »Ihr wißt doch, wie der Kardinal ist«, erwiderte er. »Unermüdlich bei der Arbeit.«
    »Todlangweilig«, warf George frech ins Gespräch.
    Der König lachte treulos. »Todlangweilig«, pflichtete er ihm bei.
     
    Um elf Uhr schickte er George fort, und um Mitternacht lagen wir im Bett. Er streichelte mich zärtlich und pries meine prallen Brüste und die Rundung meines Bauches. Ich bewahrte seine Worte in meinem Gedächtnis, damit ich meiner Mutter, wenn sie mich das nächste Mal fett und farblos nannte, stolz berichten konnte, daß der König mich auch so liebte. Doch ich fand keine Freude daran. Irgendwie hatten sie ein Stück von mir gestohlen, als sie mir mein Kind wegnahmen. Ich konnte diesen Mann nicht lieben, wußte, daß er mir nicht zuhören würde, wußte, daß ich ihm nicht einmal meine Trauer offenbaren durfte. Er war der Vater meiner Kinder, und doch würde er kein Interesse an ihnen zeigen, ehe er sie nicht als Schachfiguren im Spiel um das Erbe einsetzen konnte. Er war jahrelang mein Geliebter gewesen, aber ich hatte die Aufgabe gehabt, sorgsam darauf zu achten, daß er mich niemals wirklich kennenlernte. Während er auf mir lag und sich in mir bewegte, fühlte ich mich unendlich einsam.
    Henry schlief danach beinahe sofort

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