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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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beizutragen. Melinda fuhr sich durchs Haar, bemüht, den Überblick zu behalten.
    Amalia Sherwood war angeblich im Oktober 1895 verunglückt, es lag folglich nahe, davon auszugehen, dass dies der Zeitpunkt gewesen war, zu dem sie in das Heim St. Mary’s Home gebracht worden war. Nach Sandforts Aufzeichnungen war dort aber keine Amalia Sherwood untergebracht gewesen, sondern nur eine junge Frau mit dem Namen Amalia Stone. Ihr Name stand in Sandforts Notizen und dahinter ein großes Fragezeichen. Eine Seite weiter war er anscheinend zu dem Schluss gekommen, dass es sich dabei um Amalia Sherwood gehandelt hatte, denn zwischen den beiden Namen stand ein Gleichzeichen. Es war nachvollziehbar, dass ihre Großmutter unter einem anderen Namen im Heim untergebracht worden war, überlegte Melinda, da sie ja als verschwunden und tot galt.
    Wie sie den Unterlagen weiter entnehmen konnte, hatte es im Frühjahr 1896 dann einen schweren Brand in St. Mary’s Home gegeben, bei dem Amalia Stone angeblich ums Leben kam.
    Sandfort hatte diverse Gespräche mit der Leitung des Heims und einigen Lehrern geführt. Der Name Beans war mehrmals aufgeschrieben und unterstrichen worden. Auch mit einigen Insassen hatte Sandfort offenbar gesprochen.
    Melinda spielte nachdenklich mit dem Stift in ihrer Hand. Sie war sich sicher, dass die Heimleitung wenig begeistert davon war, aber Barry Sandfort schien ein knallharter Journalist gewesen zu sein. Roger Sandfort hatte ihr ein Bild von seinem Vater gezeigt. Auf dem Foto saß er mit hochgekrempelten Ärmeln an einem Tisch vor einer Schreibmaschine, in den Mundwinkel lässig eine Zigarre geklemmt. Er wirkte wie jemand, dem es auch im Winter nichts ausmachte, in einen eiskalten See zu springen, und der morgens zum Frühstück schon einen Whisky trinken konnte.
    Sie fragte sich, was genau er bei den Gesprächen mit den Insassen herausgefunden hatte. Leider war der entsprechende Teil der darunterstehenden Notizen verwischt, doch Melinda, die sogar eine Lupe zu Hilfe nahm, konnte mehrmals das Wort »Missbrauch« entziffern. Einmal war es sogar unterstrichen.
    Eine Seite weiter stand das unschöne Wort direkt neben dem Namen von Amalia Stone. Melinda fühlte eine zunehmende Beklemmung, während sie die Notizen durchlas. Die Heiminsassen schienen keine Möglichkeit gehabt zu haben, St. Mary’s Home zu verlassen – das hieß, dass sie der Willkür der Lehrer und Pfleger dort völlig ausgesetzt waren.
    Grübelnd packte sie die Unterlagen zusammen. Nach diesen Aufzeichnungen war ihre Großmutter offiziell zweimal ums Leben gekommen, wurde ihr klar – einmal im Moor als Amalia Sherwood und das zweite Mal beim Brand als Heiminsassin Amalia Stone. Melinda begann zu begreifen, weshalb sie einen anderen Namen angenommen hatte.
    Ein schrilles Telefonklingeln, das im Flur ertönte, riss sie aus ihren Gedanken.
    Einen Moment später klopfte es an ihrer Tür.
    »Ja?«
    »Für Sie, Miss Leewald – Mr Clifford.« Tonfall und Blick von Mrs Donston, die auf der Schwelle stand, waren gleichermaßen vorwurfsvoll. Melinda lächelte schief. Sie musste zugeben, dass man die Anrufe von George inzwischen als Belästigung bezeichnen konnte. Ergeben stand sie auf. »Ich werde ihm sagen, dass er nicht mehr anrufen soll …«
    »Dafür wäre ich Ihnen höchst verbunden, Miss Leewald.«
    Sie ging zum Telefon und atmete tief durch, bevor sie den Hörer in die Hand nahm. »Ja?«
    »Melinda? Danke, dass du endlich rangehst. Würdest du mir einen Moment zuhören, bitte?«
    »Ich wüsste nicht, warum«, erwiderte sie kühl und nahm verärgert über sich selbst zur Kenntnis, dass sich ihr Puls beim Klang seiner Stimme unwillkürlich beschleunigte. Warum konnte dieser Mann ihr nicht einfach gleichgültig sein!
    »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    Sie zog angesichts dieses doch ein wenig abgeschmackten Satzes die Augenbrauen hoch. »Nein? Was denke ich denn?«
    »Du hast die Mappe über dich bei mir entdeckt, und dann hast du mich bei Tennyson gesehen«, sagte George ruhig. »Ich verstehe, dass du falsche Rückschlüsse daraus gezogen hast, aber du solltest mir zumindest die Gelegenheit geben, dir alles zu erklären«, fügte er bittend hinzu. Seine tiefe Stimme klang noch ein wenig rauer als sonst. Entsetzt merkte sie, dass ihr innerer Widerstand ins Wanken geriet. Sie atmete erneut tief durch.
    »Ich halte das für keine gute Idee. Ich wüsste nicht, was wir uns noch zu sagen hätten. Bitte rufe nicht mehr an.« Ohne seine Antwort

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