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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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weitergeritten war. Erst als Amalia ihn nicht mehr sehen konnte, hatte sie gemerkt, dass ihr Herz noch immer schneller schlug.
    Es schien ihr, als würden sich zwischen ihnen unaufhaltsam die Fäden einer eigenen Welt spinnen. Manchmal beobachtete auch sie ihn. Sie sah, wie er mit seinem Hengst über die morastigen Wege ritt. Er jagte die Hügel hinauf und hinunter, erfüllt von einer düsteren Rastlosigkeit, die ihn kaum länger als einige Augenblicke irgendwo zum Stehen kommen ließ und ihn selbst und das Pferd gleichermaßen an den Rand der Erschöpfung trieb. Dabei wirkte er wie jemand, der vor etwas floh. Etwas Gequältes und Niedergeschlagenes lag auf seinem Gesicht, als laste ein schweres Gewicht auf seinen Schultern, und sie fragte sich, was wohl der Grund dafür war.
    Schon immer hatte Amalia die Stunden, die sie allein im Moor verbrachte, geliebt, doch nun bekamen ihre Ausflüge einen zusätzlichen Reiz durch die Möglichkeit, ihm zu begegnen.
    Sie hatte nicht einmal Cathleen von ihm erzählt. Nach ihrer ersten Begegnung hatte sie es gewollt, doch ihre Schwester war so im Fieber wegen des bevorstehenden Balls gewesen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Später dann hatte Cathleen ihr von dem Fest erzählt, und Amalias gesamte Aufmerksamkeit hatte ihrer Erzählung gegolten. Mit glühenden Wangen war ihre Schwester noch in der Nacht zu ihr gekommen und hatte sich in ihrem Ballkleid neben dem Bett auf den Boden sinken lassen. Im Schein der Kerze hatte Cathleen ihr in lebhaften Gesten und Zeichen von jeder Einzelheit des Abends berichtet. Vor Amalias Augen war alles zum Leben erwacht, als wäre sie selbst dabei gewesen – die prachtvollen Kleider, in denen die Frauen und Männer zusammenstanden und plauderten und sich zum Rhythmus der Musik bewegten. Die jungen Männer hatten Cathleen umschwärmt – und nicht nur sie, sondern auch einige Ältere, wie ihre Schwester ihr mit einer Grimasse zu verstehen gab. Ihre Geschlechtsgenossinnen dagegen waren mit Zuneigungsbekundungen zurückhaltender gewesen – was Amalia nicht überraschte. Die eine oder andere hatte es nicht unterlassen, eine Anspielung auf Cathleens Herkunft zu machen. Ach, Ihre Mutter ist gar nicht eingeladen? … Sie müssen glücklich sein, dass Lady Lyshire über Ihre Eltern hinwegsieht… Am impertinentesten war die von der Natur nicht sehr vorteilhaft bedachte Rebecca Hampton gewesen. Nun, es ist nicht zu übersehen, welche Wirkung Sie hinterlassen, meine Liebe. Aber bilden Sie sich nichts darauf ein. Gleichgültig, wie schön und geistreich Sie auch sein mögen, eine Frau wie Sie nimmt sich ein Mann von Herkunft vielleicht zur Mätresse, aber ganz sicher nicht zur Ehefrau. Das sage ich nur, um Sie zu schützen. Nichts ist schrecklicher als eine enttäuschte Hoffnung, oder?
    Amalia hatte ihre Schwester ob dieser Unverschämtheit ungläubig angestarrt, und Cathleen hatte ihre von Mimik begleiteten Hand- und Lippenbewegungen mehrere Male wiederholen müssen, weil sie sich nicht sicher war, richtig verstanden zu haben. Sie gratulierte ihrer Schwester dazu, dass sie als Antwort auf Rebecca Hamptons gemeine Bemerkung gleich mehrere Male mit Richard Tennyson getanzt hatte, auf den diese ein Auge geworfen hatte.
    Amalias Hände waren durch die Luft geflogen. Hat Rebecca Hampton mir als Kind auf dem Sommerfest nicht den Bonbon weggenommen?
    Cathleen hatte mit einem Kichern genickt. Sie war auf dem Boden ein Stück näher zu ihr ans Bett gerückt. Ihr Bruder war auch da, teilte sie ihr dann mit.
    Amalia hob die Brauen. Und?
    Er ist sehr attraktiv, mit seinen dunklen Haaren und dem markanten Gesicht, obwohl ich ihn erst gar nicht erkannt habe, weil er sich so verändert hat. Cathleens Handbewegungen wurden eine Spur lebhafter und plötzlich schwärmerisch. Er hat diese besondere Ausstrahlung. Jede Frau hat sich für ihn interessiert …
    Amalia grinste, als sie den sehnsuchtsvollen Ausdruck auf Cathleens Gesicht bemerkte, der offenbarte, dass sie selbst darin keine Ausnahme bildete. Als Kind hatte ihre Schwester einige Zeit für Edward Hampton geschwärmt. Über Wochen und Monate hatte sie den klebrigen Bonbon aufgehoben, den er ihnen damals beim Sommerfest zurückgegeben hatte. Als eines der Dienstmädchen die unansehnlichen Reste der Süßigkeit entsorgte, hatte ihre Schwester einen halben Tag lang geweint.
    Und hast du mit ihm getanzt?
    Cathleen schüttelte den Kopf. Er hat überhaupt nicht getanzt und sich nur mit Lydia, der Tochter von Lord

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