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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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Gesellschaft gehört.
    Emil musterte sie. »Ich denke schon. Ich würde Andrew Johnson, unseren Seminarleiter, fragen. Er müsste das doch wissen.«
    Melinda nickte. Daran hatte sie auch schon gedacht.
    »Was genau möchten Sie denn aus dem Archiv haben?«, fragte Johnson, als sie ihn nach dem Seminar um Rat bat.
    Melinda griff in ihre Tasche und holte den Zeitungsausschnitt heraus, den sie im Buch ihrer Großmutter gefunden hatte.
    »Ich würde gern mehr über diese Unglücksfälle wissen«, erklärte sie.
    Andrew Johnson überflog erstaunt den Artikel. »April 1897? Das liegt aber schon eine ganze Weile zurück. Erlauben Sie mir die Frage, warum Sie sich dafür interessieren?«
    In knappen Worten erzählte Melinda ihm von ihrer halbenglischen Herkunft und ihrer Großmutter und dass sie glaubte, dass die Sherwood-Schwestern in einem Zusammenhang mit ihr stehen könnten.
    Er hörte ihr mit neugieriger Miene zu. »Hatte Ihre Frage nach der Finkenstein-Bank auch damit zu tun?«
    Sie nickte, und er las den kurzen Artikel noch einmal durch. »Ich müsste das bei meiner Zeitung in Auftrag geben. Da der Zeitpunkt so weit zurückliegt, müsste man einen schriftlichen Antrag bei uns im Archiv einreichen, und die Kollegen dort würden dann bei den anderen Zeitungen anfragen. Es wird ein paar Tage dauern, schätze ich.«
    Melinda blickte ihn erfreut an. »Danke, dass Sie mir helfen.«
    Seine Mundwinkel hoben sich leicht. »Gern! Sie haben übrigens das Zeug zu einer wirklich guten Journalistin«, sagte er im Weggehen.
    Das Kompliment freute sie. Auch Arno Scholz, dem sie zwei Artikel über das Dartmoor telegrafiert hatte, die in der Sonntagsbeilage erscheinen sollten, hatte neben der üblichen Kritik einen kurzen lobenden Kommentar zu ihrer Arbeit zurückgeschickt: »Sie entwickeln sich. Weiter so!«
    Melinda dachte darüber nach, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit das Gefühl hatte, die Zukunft könne doch etwas Positives für sie bereithalten. Das Wochenende im Dartmoor hatte ihr gutgetan. Es war wohltuend gewesen, in eine andere Welt einzutauchen, einfach in einem Pub ein Bier zu trinken und neuen Menschen zu begegnen. Sie wünschte, sie hätte Irene davon berichten können. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie sich deren Reaktion vorstellte, wenn sie von ihrem Ausflug ins Moor erzählte und davon, wie ihr ein unbekannter Engländer geholfen hatte …
    »Rede nicht lange herum – wie sieht er aus?«, hätte Irene mit blitzenden Augen gefragt.
    Er sah gut aus, ging es Melinda durch den Kopf, und sie merkte, dass sie nicht zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr an ihn dachte. Nicht nur, weil sie George Clifford attraktiv fand, sondern vor allem, weil er, obwohl sie sich fremd waren, in einer so vertrauten Art mit ihr umgegangen war. Beinahe, als würde er sie kennen. Sie entsann sich der seltsamen Spannung, als er am Kamin vor ihr gestanden hatte. Oder hatte sie sich das alles nur eingebildet?
    43
     
    A ls Melinda in ihre Pension zurückkehrte, erfuhr sie von der Wirtin, Mrs Donston, dass das Büro einer Mrs Finkenstein für sie angerufen habe. Die Wirtin reichte ihr einen Zettel, auf dem sie eine Adresse notiert hatte.
    »Man lässt Ihnen ausrichten, dass man Sie dort morgen um 19 Uhr erwartet!«
    Melinda verspürte eine kribbelnde Aufregung, als sie auf das Papier blickte. Würde Evelyn Finkenstein, die Mutter der Bankdirektorin, ihr weiterhelfen können? Sie versuchte, ihre Erwartungen zu dämpfen. Die alte Dame war über achtzig, ein Krieg mit vielen Schicksalsschlägen lag hinter ihr, und noch dazu war es viele Jahre her, dass ihre Großmutter für sie gearbeitet hatte. Es wäre nur natürlich gewesen, wenn sie sich nicht mehr erinnern konnte.
    Diesen Gedanken hatte Melinda noch immer im Kopf, als sie am nächsten Abend vor einer alten englischen Stadtvilla in London-Kensington stand, in der Mrs Finkenstein zu Hause war. Selbst in dem spärlichen Licht der Gaslaternen konnte man die noble Eleganz und Pracht des Hauses erkennen.
    Nur wenige Augenblicke später, als sie höflich von einem Butler begrüßt und in den Salon geleitet wurde, wo man sie erwartete, begriff sie, dass ihre Bedenken, Mrs Finkensteins Alter betreffend, unbegründet waren. Die alte Dame war noch immer eine vitale Erscheinung. Sie saß mit ihrer Tochter Beatrice, der Bankdirektorin, an einem stuckverzierten Kamin und erhob sich, als Melinda den Raum betrat.
    Mehrere Gemälde zierten die Wände, und die Einrichtung, die aus erlesenen

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