Die Schwestern von Sherwood: Roman
Antwort.
Sie nickte stumm.
Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Wein, bevor er sich erneut zu ihr wandte. »Ich habe übrigens etwas herausgefunden, was dich sicherlich erfreuen wird.« Ein kaum wahrnehmbares Lächeln glitt über sein Gesicht. »Du hast recht mit dem Gerücht gehabt!«
47
S eitdem Cathleen auf dem Ball bei den Lyshires gewesen war und erzählt hatte, dass Edward Hampton dort den gesamten Abend nicht getanzt und sich einzig mit der ältesten Tochter von Lord Lyshire unterhalten hätte, war Elisabeth Sherwood klar, dass die Hamptons eine Vermählung zwischen den beiden anstrebten. Es lag nahe angesichts der Gemeinsamkeiten der zwei Familien, die nicht nur befreundet waren, sondern auch beide der Hocharistokratie angehörten und beeindruckende Stammbäume vorweisen konnten. Ein oder zwei Jahrhunderte zuvor wäre es ohne Frage zu einer Verbindung zwischen den beiden Häusern gekommen. Doch die Zeiten hatten sich geändert und mit ihnen auch die finanzielle Situation der Familien. Die Hamptons waren vom Ruin bedroht. So geschickt sie bis zum heutigen Tage versuchten, diese Tatsache zu verbergen – John hatte das bereits vor über einem Jahr herausbekommen.
Obwohl Elisabeth damals schon das erste Mal die verheißungsvollen Möglichkeiten vor Augen hatte, die in dem drohenden Bankrott der Hamptons für sie selbst lagen, hatte sie die Verwirklichung ihres heimlichen Wunschtraums immer wieder verworfen. Gegenüber der Tochter von Lady Lyshire würde Cathleen keine Chance haben, dessen war sie sich bewusst, und wie sie in Erfahrung gebracht hatte, fassten die Lyshires Edward Hampton durchaus als geeigneten Kandidaten ins Auge. Der alte Name schien das mangelnde Geld wettzumachen, nahm sie an.
Dann allerdings hatte sie von ihrer Nachbarin, Mrs Fincher, erfahren, dass die Lyshires ihr Jagdschloss südlich von London und das zugehörige Land verkaufen wollten. Sie war hellhörig geworden und hatte John davon erzählt. Einige diskrete Nachforschungen waren angestellt worden – und wie sich nun herausstellte, hatte sie recht gehabt. Das, was John hatte in Erfahrung bringen können, ließ Elisabeth nicht nur frohlocken, sondern stimmte sie geradezu euphorisch: Auch um die finanzielle Situation der Lyshires stand es weit weniger gut, als man allgemein angenommen hätte.
»Das ist ein Joker, Lisbeth. Ein richtiger Joker«, sagte John zu ihr. Sicherlich, die Bedrängnis der Lyshires war in keiner Weise vergleichbar mit der desaströsen Lage der Hamptons, aber auch weit davon entfernt, diese mittels ihres eigenen Vermögens vor dem drohenden Ruin bewahren zu können. Man musste also nur noch geschickt die Fäden ziehen, denn die tragische Ironie wollte es leider, dass keine der beiden Familien von der Lage der anderen wusste, sondern ganz im Gegenteil hoffte, durch die Vermählung die eigene Situation zu verbessern. Dem musste dringend Abhilfe geschaffen werden, wurde Elisabeth nun klar. Ein Gerücht streuen und es zur Sicherheit werden lassen, ohne dass allzu klar war, von wem es ausgegangen war.
Sie war zu dem Schluss gekommen, dass für diese Aufgabe niemand besser geeignet war als ihre Nachbarin, Mrs Fincher. Kaum einer war so unfähig, etwas für sich zu behalten, wie sie. Einige vorsichtige Andeutungen, und sie würde die Neuigkeit bei jeder sich ihr bietenden Gelegenheit ausgeschmückt plappernd weitergeben. Der Rest würde sich von allein ergeben.
Elisabeth empfand kein schlechtes Gewissen dabei, auf diese Weise vorzugehen. Im Grunde, so dachte sie, mussten die Lyshires ihr sogar dankbar sein. Kam es nicht geradezu einem Akt der Barmherzigkeit gleich, wenn sie ihre Tochter Lydia davor schützte, in eine Ehe zu stürzen, die sie dem Ruin preisgab?
Mrs Finchers Augen drohten aus ihrem rundlichen Gesicht mit dem Doppelkinn zu springen, als sie einige Tage später von ihr das Unglaubliche erfuhr.
»Mein Gott, und Lady und Lord Lyshire haben keine Ahnung? Die Ärmsten«, sagte sie, und ihre Stimme vibrierte dabei vor Sensationslust. Elisabeth hatte ihr mit gesenkter Stimme und gespielt betretener Miene alles berichtet.
»Nein, sie ahnen nichts! Und Sie müssen mir auch aufrichtig versprechen, darüber Schweigen zu bewahren, meine Liebe. Stellen Sie sich vor, wie schrecklich es für die Hamptons, aber auch für die Lyshires wäre, wenn das öffentlich bekannt würde …«
Einen Moment hing diese Vorstellung greifbar zwischen ihnen im Raum.
»Selbstverständlich werde ich nichts sagen. Es wäre
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