Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
Vom Netzwerk:
an.
    Schließlich deutete er auf sich, dann auf seine und ihre Lippen, bevor seine Hände durch die Luft glitten und er eine um Verzeihung bittende Geste machte.
    Er entschuldigte sich für den Kuss? Sie war überrascht. Warum sollte er sich dafür entschuldigen? Nicht für den Kuss. Sie schüttelte den Kopf.
    Herausfordernd und auch ein wenig amüsiert zog er die Brauen hoch. Seine Augen funkelten, und ihr wurde plötzlich trotz des kühlen Windes heiß. Aber dann sah sie ihn offen an, ihrerseits mit einer unausgesprochenen Frage auf dem Gesicht. Was nun?
    Seine Hände bewegten sich erneut durch die Luft. Sie verstand, was er ihr sagen wollte. Er hätte sie am liebsten sofort wieder geküsst, aber … Eine leichte Röte schoss ihr in die Wangen, und sein Lächeln vertiefte sich . Er hatte sich für etwas anderes entschieden!
    Etwas anderes?
    Sie legte den Kopf schräg, doch bevor sie ihre Frage in Gesten umsetzen konnte, hatte er schon in seine Jackentasche gegriffen. Er reichte ihr ein schmales Päckchen.
    Amalia blickte ihn verwundert an.
    Ihre Finger fühlten unter dem Papier einen Gegenstand. Neugierig packte sie das Geschenk aus. Als sie die letzte Lage eines feinen Seidenpapiers entfernte, lag vor ihr eine Schachfigur: ein schwarzer König. Er war kunstvoll und filigran gearbeitet. Amalia hatte niemals zuvor eine solch schöne Figur gesehen. Zart strich sie mit dem Finger über die Konturen. Dann zeigte sich ein verwirrter Ausdruck auf ihrem Gesicht. Eine Schachfigur?
    Währenddessen hatte er erneut in seine Jacke gegriffen und zog eine lederne Rolle hervor, die er ausbreitete. Es war ein Schachbrett, wie man es auch auf Reisen mitnahm.
    Er deutete darauf.
    Amalia schüttelte überrascht den Kopf. Sie konnte kein Schach. Auch wenn sie einiges darüber gelesen hatte und wusste, dass es ein strategisches Spiel war. In der Bibliothek in Sherwood war auf einem kleinen Tisch sogar ein Schachbrett mit seinen Figuren aufgestellt, doch niemand spielte damit. Es war für ihre Eltern kaum mehr als Dekoration – ebenso wie die Bücher, die nur von ihr und Cathleen gelesen wurden.
    Er nickte, als hätte er das geahnt, und auch, als hätte er es ein bisschen gehofft. Seine Hand zeigte auf sich und dann auf sie und das Schachbrett. Ich werde es dir beibringen.
    Einen kurzen Augenblick lang erstarrte sie und verstand nicht sofort. Als sie schließlich begriff, entschlüpfte ein helles Lachen ihrem Mund. Sie konnte es nicht hören, doch sie sah an seinem Gesicht, dass es schön klingen musste.
    Du willst mir Schach beibringen? Sie deutete in einer übermütigen, ein wenig koketten Geste auf das Moor und die Landschaft um sich herum und dann auf das Spielbrett. Du kommst hierher in die Einsamkeit, um mir ein Spiel beizubringen?
    Seine Augen glitzerten dunkel, und sie hielt unwillkürlich den Atem an, weil sie begriff, dass es nicht der einzige Grund war, doch er nickte. Er nahm den Block, der neben ihr lag, und schrieb etwas.
    Ja. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, werde ich Dir eine weitere Figur schenken.
    Jedes Mal … Sie schwieg. Eine eigenartige Befangenheit ergriff sie plötzlich. Er meinte es ernst. Er wollte sie wiedersehen. Ihr Herz pochte. Er hielt sie nicht wie so viele für dumm, weil sie nicht hören konnte. Schön und taub, das waren die einzigen Attribute, die ihr die Welt sonst zubilligte. Sein Geschenk und Angebot durchdrang diese Wörter und ließ sie bedeutungslos hinter sich. Es zeigte ihr, dass er, ein Fremder, ein Stück ihres Inneren erkannte. War ihm klar, dass es kaum etwas anderes gab, worüber sie sich so gefreut hätte?
    Erneut spürte sie seinen Blick auf sich.
    Sie deutete auf das Spiel. Warum?
    Ein leichtes Lächeln glitt über sein Gesicht. Dann nahm er erneut den Block, schrieb etwas und reichte ihn ihr:
    Damit du einen Grund hast, dich mit mir zu treffen!
    Der Wind strich durch ihr Haar, und sie wich seinem Blick mit einem Mal aus. Über die Hügel schaute sie in die Einsamkeit des Moores hinaus.
    Da war er unversehens bei ihr. Er ging vor ihr in die Hocke und ergriff ihre Hand. Bitte! , formten seine Lippen, als fürchtete er, dass sie Nein sagen könne.
    Ein zartes Lächeln überzog ihr Gesicht, bevor sie schließlich nickte.
    56
     
    G ewöhnlich war der September im Dartmoor von wechselhaftem Wetter geprägt, Regen und kühle Winde zogen mit dem nahenden Herbst übers Land, doch in diesem Jahr blieben die Tage weiter warm und beständig. Beinah so, als wollte das Moor ihnen seine Gunst

Weitere Kostenlose Bücher