Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
dem Lehen ihres Vaters zu einer geschäftigen kleinen Stadt strömte. Sie lag an seinem Ufer.
Soweit sie wusste, war es Nes’sky. Dann träumte Larissa, sie sähe Shazels Turm. Er war so hoch und schön, wie ihre Schwester ihn bei ihrem letzten Besuch zu Hause beschrieben hatte.
Larissas Phantasie beschwor sogar eine Reihe eigentümlich aussehender Frauen mit kurzem Haar herauf, die Schwerter trugen.
Die Fremden gingen so frei durch die Stadt, wie sie einst durch den Wald, bevor sie zu alt dazu geworden war. Aber sie wirkten trotzdem erwachsen. Einige waren sogar in Mamas Alter. Wenn Träume wahr würden, könnten Banshees fliegen, aber Larissa war der Meinung, es könne ihr nicht schaden, sich auszumalen, eine dieser Frauen zu sein. Warum sollte sie sich nicht vergnügen, solange der Traum dauerte? Die Wirkung des Kirian hielt schließlich nicht ewig an.
Und schon befand sie sich vor dem Tor, durch das die Frauen mit den Jacken und Reithosen ein und aus gingen. Hätte sie doch in Wirklichkeit dort sein können, statt in ihren sehnlichsten Träumen!
Dann spürte sie das kalte Gestein der Straße unter ihren Fußsohlen.
In ihrem wunderbaren Traum stolperte sie dem Tor entgegen. Ach, wie prächtig es doch war, wie freundlich man zu ihr sprach, wie hilfsbereit man sie aufrichtete, als sie zu wanken begann; wie man sich zu freuen schien, sie zu sehen … Es fühlte sich sogar so an, als lege man sie in ein Bett mit warmen Flickendecken.
Es spielte keine Rolle, dass nun alles verblasste. Sie wusste, dass es den Fluss wirklich gab. Wenn sie aufwachte, würden ihre Eltern sie irgendwann aus dem schrecklichen Schrank herauslassen. Dann würde sie bei Nacht auf einem Hirschpony entwischen und dem Verlauf des Flusses folgen. Vielleicht gab es den Ort wirklich. Doch nun gefiel es ihr, so zu tun, als legte sie sich hin und schliefe. Sie fürchtete sich nicht mehr davor, im Dunkeln aufzuwachen.
Einige Jahre später lagerten zwei Freie Amazonen in der Nähe der verfallenen Ruinen eines kleinen Lehens. Der Vertragskrieg war darüber hinweggezogen und hatte es leer zurückgelassen. Gwennis n’ha Ysabet äußerte sich ausführlich über die Torheit einiger Fürsten, die geglaubt hatten, sie hätten es nicht nötig, sich mit einer der sieben herrschenden Comyn-Familien zu verbünden. »Tja, das ist der fünfte Steinhaufen dieser Art, den ich sehe! Es spielt keine Rolle, wie mutig der Vai Dom dieser Gegend vielleicht war, wenn er die falsche Seite gewählt hat oder gar keine.«
»Ich weiß«, sagte Larissa n’ha Clarinna leise. Ach, sie wusste es nur allzu gut. Keine der ehrgeizigen Verbindungen ihres Vaters war ihm eine Hilfe gewesen, als es wirklich darauf angekommen war.
»Ich möchte nichts weiter dazu sagen«, erklärte sie und schluckte ihre Tränen herunter. »Ich habe einst hier gelebt.«
Über Vera Nazarian und ›Danilas Lied‹
Dies hier ist ein Story-Szenario, das auf Darkover oft passiert sein muss, wenn auch nur in Legenden. Vera Nazarian debütierte in Wolfsschwester und gehört ebenfalls zu den Autorinnen, die ich als Protegés betrachte, auch wenn sie nun nicht mehr ganz so jung ist und gut Mitte zwanzig sein dürfte. Sie ist an einem College irgendwo Südkalifornien angestellt und arbeitet an einem Roman.
Vera ist eine geborene Stilistin, weswegen die Erstfassungen ihrer Werke zur Überlegenheit neigen. Sie hat diese Erzählung vor einem Jahr eingesandt, aber der Text war zu lang und zu blumig. In diesem Jahr passt er jedoch hinein. Falls ihrem Roman ein ähnliches Schicksal bevorsteht, kann ich ihr nur empfehlen, ihn bis auf die Knochen abzuspecken und einen neuen Versuch zu starten. Das Schreiben ist eine Profession, bei der weniger manchmal mehr ist …
obwohl viele Zeitschriften früher nach der Wortanzahl honorierten.
Ich bin zu meinen ersten Veröffentlichungen gekommen, indem ich mich kurz und prägnant fasste - obwohl ich auch einen Roman geschrieben habe, der so lang ist, dass manche Menschen tatsächlich mehr Zeit benötigen, ihn zu lesen, als ich zum Schreiben brauchte. -
MZB
Danilas Lied
von Vera Nazarian
»Hältst du es überhaupt für möglich, dass jemand zwei Donas haben kann? Nicht eine, sondern zwei?«
Janisse Ridenow wusste, dass sie mal wieder hauptsächlich mit sich selbst redete. Ihr Bruder Erlend ritt mürrisch neben ihr her und schirmte sein Ich mit seinem Laran ab. Die meisten Worte, die sie in den letzten Minuten gesprochen hatte, waren völlig an seinem Gehör
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