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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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jeden Einzelnen.
    Wollte man versuchen, die Beziehung zwischen den einzelnen Schwestern in einem einzigen Wort zusammenzufassen, wäre das passendste wohl »Austausch«. Ein vitaler und emotionaler Austausch. Seit über zweieinhalbtausend Jahren verfügte jede Lehrerin, die eine Kandidatin ausbildete, im Gegenzug über etwas, das mehr wert war als alles, was sich mit Geld bezahlen ließ: ein wiedergefundenes, inneres urtümliches Bewusstsein. Eine Empfindung, die jedem menschlichen Wesen eigen ist, jenes über den Rücken laufende Schaudern, das Echo einer im Lauf der Jahrhunderte verloren gegangenen, höheren Sinnlichkeit, die die Schwestern jedoch zu wecken vermochten, indem sie sich in Einklang brachten, und die sie so zu einem Teil ihrer selbst werden ließen wie eine dritte DNA -Helix. Ein allein Frauen vorbehaltenes Privileg, da alles menschliche Leben dem Schoß der Frau entspringt. Die Wurzeln jener Entdeckung verloren sich in der Nacht der Zeiten. Aber alle, die gezielt in einem Geschichtsbuch suchten, stießen auf die entsprechenden Namen.
    Der Kellner brachte die beiden Weingläser, und Florette bezahlte sofort. Als der Mann sich entfernt hatte, nahm Iv die Unterhaltung wieder auf. »Yana weiß, was sie tut. Lenas Verrat hat sie nur ziemlich mitgenommen. Aber würde es uns nicht genauso gehen?«
    Florette nippte an ihrem Wein. »Du hast recht. Aber woher soll sie nach einem derartigen Ereignis die Kraft nehmen, sich erneut ins Spiel zu bringen? Ihre Urteilskraft wird in Zukunft von Schuldgefühlen überschattet sein.«
    Iv musterte sie. Warum nahm sich Florette die Sache so zu Herzen? »Was sorgt dich so sehr?«, drängte sie.
    Florette lächelte: »Die Zukunft.«

49
    Moskau, Polizeizentrale
Sonntag, 2. Januar, 15.16 Uhr
    Inspektor Fëdor Omarov zupfte den Kragen seines blauen Hemdes zurecht, dann drückte er den Knopf des Haustelefons, das ihn mit dem Nebenzimmer verband. »Lassen Sie ihn herein, Fräulein Menchova …«, sagte er.
    Einen Augenblick später erschien Kirill Rotchko. Er war unrasiert, die Kleider zerknittert, und man sah ihm an, dass er seit Tagen nicht geschlafen hatte.
    Â»Setz dich, Kirill«, forderte ihn der Polizist auf.
    Â»Hallo Fëdor«, antwortete der Sibirier und nahm vor dem Schreibtisch Platz.
    Â»Wie geht es Mister Derzhavin?«
    Â»Besser«, erwiderte Kirill kurzangebunden und kam gleich zur Sache. »Warum hast du mich hergerufen? Habt ihr Lena Leskov gefunden?«
    Â»Nein«, antwortete Fëdor.
    Kirill wirkte enttäuscht. »Andere Neuigkeiten?«
    Â»Wir haben die Killer-Truppe vom Bunker ausfindig gemacht. Es sind dieselben, die den Unfall am Set verursacht haben.«
    Â»Leskovs Leute?«
    Â»Momentan lässt sich, wie bereits gesagt, keine Verbindung zwischen ihnen und ihr nachweisen.«
    Kirill zuckte mit den Schultern. »Egal, wir wollen schließlich nicht mit irgendwelchen Beweisen vor Gericht gehen.«
    Fëdor lächelte.
    Â»Wie habt ihr sie ausfindig gemacht?«
    Â»Wir sind vom Bunker ausgegangen, natürlich unter größter Geheimhaltung.«
    Â»Aber es gab keine Spuren.«
    Â»Gewöhnliche Spuren nicht.«
    Â»Bitte, Fëdor«, schnaubte Kirill, »ich bin sehr müde …«
    Â»Sie haben elektronische Spuren hinterlassen.«
    Â»Was meinst du damit?«
    Â»Das Timing des Überfalls. Es war absolut perfekt. Der Chef des Wachpersonals war auf einer Hochzeit, der erste Wachposten, der leidenschaftlich gern Planeta Sport schaute, wurde vor dem Fernseher überrascht … Als wenn sie über jeden von der Mannschaft eine Akte gehabt hätten.«
    Â»Und?«
    Â»Nachdem die Existenz eines Schnüfflers ausgeschlossen werden konnte, hatten wir die Vermutung, dass sie Informationen über die Wachleute gesammelt haben. So haben wir angefangen, im Internet zu recherchieren, und entdeckt, dass es genau so war. Irgendjemand war in die Datenbanken des Einwohnermeldeamtes und des Militärs eingedrungen …«
    Â»Warum des Militärs?«, fragte Kirill.
    Â»Weil aus den Daten des Einwohnermeldeamts hervorging, dass sechs der Wachleute ehemalige Armeeangehörige waren«, erklärte Fëdor. »Aber lass mich erzählen. Am Ende war klar, dass jemand, der sich sehr gut mit Computern auskennt, nach allen digitalen Informationen über die Wachleute im Bunker gesucht und diese auch gefunden

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