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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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erledigen.« Er hantierte eine Weile, dann begann er erneut zu sprechen: »Ich schaue im allgemeinen Personenregister der Russischen Akademie nach. Sie verschicken zu Weihnachten immer Grüße an alle. An alle, die einmal eingeschrieben waren, sofern sie noch leben.«
    Nadja wartete schweigend und betete, dass er ihn finden würde.
    Â»Na bitte!«, rief der Alte plötzlich. Dann betrachtete er den Bildschirm genauer. »Er ist nach Kasachstan zurückgekehrt.«

38
    Moskau, Volokonin-Klinik
Freitag, 31. Dezember, 21.45 Uhr
    Zurück in Moskau berichtete Nadja Kirill von den Ergebnissen ihres Museumsbesuches. Sie wollte ihm gerade das Plakat zeigen, als ein Arzt das Wartezimmer betrat. »Sein Zustand hat sich plötzlich verschlechtert«, erklärte er ernst.
    Â»Inwiefern verschlechtert?«, fragte Nadja besorgt.
    Â»Er liegt im Koma.«
    Es war lediglich Kirills schneller Reaktion zu verdanken, dass die junge Frau nicht zu Boden stürzte.
    Der Sibirier hielt sie fest und wartete schweigend, bis sie sich von dem Schlag erholt hatte.
    Â»Er wird es schaffen«, flüsterte er ihr zu.
    Als Nadja schließlich vollkommen erschöpft in den Schlaf sank, überließ Kirill sie der Obhut einer Krankenschwester und ging hinaus in den Park.
    Es war eine helle Nacht, vermutlich würde es bald noch einmal schneien. In der Ferne, in Richtung Stadtzentrum, stiegen die ersten Feuerwerkskörper in die Luft.
    Das gesamte Anwesen war in unwirkliche Stille getaucht, gleichsam der Zeit enthoben. Der Schnee dämpfte jegliches Geräusch.
    Nach einigen Metern kehrte Kirill um und erklärte dem Ukrainer am Eingang, dass er mit Taras sprechen müsse. Der Mann murmelte etwas in sein Funkgerät, und kaum eine halbe Minute später erschien Taras.
    Kirill bat ihn, eine kleine Runde mit ihm durch den Park zu drehen. Während sie nebeneinander herliefen, fasste er rasch die jüngsten Ereignisse zusammen. Dann erkundigte er sich, ob einer seiner Leute schon einmal in Kasachstan gewesen sei oder ob er dort irgendwelche Kontakte habe.
    Taras schüttelte den Kopf. »Kasachstan gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsländern …« Kurz darauf, als sei ihm plötzlich etwas eingefallen, erkundigte er sich: »Im Norden oder im Süden?«
    Â»Nordosten«, erwiderte Kirill. »Aber was tut das zur Sache?«
    Â»Sehr viel.«
    Â»Wir sind sowohl hier als auch dort verhasst«, bemerkte Kirill und blieb stehen.
    Â»Warst du schon mal da?«
    Der Sibirier nickte. »Einige Male. Bevor sie die Kosmodrome verlegt haben.«
    Â»Im Norden oder im Süden?«
    Â»Damals machte das noch keinen Unterschied.«
    Kirill setzte sich wieder in Bewegung. »Kann mich einer von deinen Leuten begleiten?«
    Taras dachte einen Moment nach, dann antwortete er: »Ich.«
    Kirill blieb erneut stehen und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    Â»Dich brauche ich hier bei Gavril und Nadja«, erklärte er knapp.
    Â»Wann willst du aufbrechen?«
    Â»So schnell wie möglich.«
    Â»Morgen?«
    Â»Vielleicht schon heute Nacht, wenn ich es bis dahin schaffe.«
    Â»Darf ich dir Parnok empfehlen?«, fragte Taras.

39
    Astana, im Flugzeug über der Steppe
Samstag, 1. Januar, 15.13 Uhr
    Kirill schaute aus dem Flugzeugfenster auf die Landschaft unter sich. Sie sah genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte: eine endlose Steppe, die von unzähligen Nuklearexplosionen verwüstet zu sein schien. Und so war es tatsächlich.
    In den Fünfzigerjahren hatten russische Wissenschaftler angefangen, Kasachstan für Atomversuche zu benutzen, als sei das Land eine große Zielscheibe, auf die man tonnenweise Uran 237 abfeuern könne. Das Ergebnis sah Kirill unter sich in all seinen verheerenden Ausmaßen, ein in zwei Teile zerbrochenes Land. Der Norden ein riesiges, scheinbar natürliches Areal mit gigantischen, an eine Mondlandschaft erinnernden Kratern. Der Süden ein vollkommen anderes Territorium, das sich nach der Unabhängigkeitserklärung von Russland ein neues Gesicht gegeben hatte.
    Kirill dachte zurück an die Zeiten der Roten Armee, als Kasachstan in jeder Hinsicht für die Versorgung des Heeres zuständig gewesen war: Seine Hunderttausende von Hektar großen Weizenanbauflächen ließen mindestens zwanzig Prozent der Russen satt werden: Es waren die Ärmsten, die unter den endlosen Wintern und den korrupten, stets nur in die

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