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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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das hab ich auch nicht getan.« Donatti wirkte nachdenklich. »Jetzt tut es mir Leid, dass ich es nicht getan habe. Sie wollte es, aber ich sagte Nein. Es war falsch. Ich hätte sie vögeln sollen. Niemand sollte als Jungfrau sterben.«

22
    Keinen Deut.
    So viel glaubte Decker von dem, was Donatti ihm gesagt hatte.
    Als er über den Riverside Drive zu seinem Wagen zurückging, behielt Decker die Hände in den Taschen und ließ seinen Blick über den Parkway schweifen. Die Sonne hatte kleine Löcher in die Wolkendecke gerissen, und ihre Strahlen ließen den träge dahinfließenden Hudson mal da, mal dort aufleuchten. Die Straßen waren rutschig, eine Mischung aus Motoröl, Wasser und Eis. Die Autos spritzten Schlamm und Matsch auf den Gehsteig, sodass Decker immer wieder ausweichen musste. Er berührte sein geschwollenes Gesicht und ignorierte stoisch den Schmerz. Er hatte zwei Möglichkeiten vorzugehen.
    Die erste bestand darin, Donatti zu beschatten und herauszufinden, was seine nächsten Schritte waren. Doch Decker verwarf die Idee gleich wieder. Der Mann war nicht dumm und erkannte einen Verfolger so schnell, wie er seine Automatik zog. Außerdem waren ihm die Straßen der Stadt vertraut, Decker jedoch nicht. Ihn zu beschatten wäre nicht nur sinnlos, sondern würde Donatti auch auf die Tatsache aufmerksam machen, dass Decker ihm nicht traute.
    Eins musste man ihm lassen: Donatti hatte eine gute Show geliefert. Aber der Schock und die Wut bedeuteten gar nichts. Chris war ein pathologischer Lügner, der mehrere, von erfahrenen Fachleuten durchgeführte Lügendetektortests bestanden hatte. Er war nicht perfekt gewesen, aber gut genug, um die Experten zu verblüffen. Was für Chris sprach, war die Frage »Warum die Mühe?«. Was hätte er durch Shayndies Tod gewonnen? Es gab nichts daran zu verdienen, und außerdem h atte er jetzt Decker am Hals.
    C.D. tut nichts, ohne dass etwas dabei für ihn herausspringt.
    Für den Augenblick war es vorteilhaft, Donatti auf Abstand zu halten - ihn zwar nicht unberücksichtigt zu lassen, aber seine Anstrengungen in eine andere Richtung zu lenken. Deckers zweite und etwas realistischere Möglichkeit bestand darin, noch einmal von vorn anzufangen und herauszufinden, was falsch gelaufen war. Das erforderte eine weitere Durchleuchtung der Liebers. Von Chaim und Minda konnte er keine Hilfe erwarten. Sie hassten ihn völlig irrational und hatten ihn zum Sündenbock gestempelt azazel auf Hebräisch, das symbolische Schaf, das an Jom Kippur von der Klippe gestürzt wurde und für die vergangenen Sünden der Gemeinde büßte. Minda und Chaim in dieser für sie schrecklichen Zeit zur Rede zu stellen war ausgeschlossen.
    Aber bei Jonathan war das etwas anderes.
    Decker dachte an Jonathans Reaktion auf die Nachricht von Shayndies Tod. Die Überraschung und der Schock waren echt, daran bestand kein Zweifel, aber etwas an seiner Reaktion erschien merkwürdig, als hätte er Shayndies Tod überhaupt nicht für möglich gehalten. Es kam ihm ungewöhnlich vor, weil Jon in den fünf Tagen vor ihrem Tod so skeptisch gewesen war. Er hätte mit Mord als Möglichkeit rechnen und sich darauf vorbereiten müssen, seinen Schwiegereltern beizustehen, wenn dies passieren sollte. Jon war Geistlicher; das war sein Beruf. Aber als er die Nachricht erfuhr, schien es, als würde es Jon noch härter treffen als Chaim.
    Und da war noch dieser nagende Verdacht, den Decker während seines schiwa-Besuchs kurz vor seiner Begegnung mit Minda gehabt hatte.
    Chaim und Jonathan verbergen etwas.
    Decker kombinierte deren geheimnistuerisches Verhalten mit dem Wissen, dass Shaynda entweder von Donatti abgehauen o der weggebracht worden war, und kam zu dem Schluss, dass das Mädchen irgendwann zwischen sechs Uhr morgens - als Donatti sie zum letzten Mal gesehen hatte - und ihrem Tod ungefähr vier Stunden später mit Jon und Chaim Kontakt aufgenommen haben musste.
    Er brauchte wirklich nicht von vorn anzufangen. Er musste diese entscheidenden vier Stunden rekonstruieren - die Ereignisse dieser vier Stunden waren wahrscheinlich Nebenprodukte des Mordes an Ephraim.
    Er beschloss, mit der einfachsten Aufgabe zu beginnen, nämlich die Flugtickets umzubuchen.
    Es gab nicht den geringsten Grund, dass Rina und Hannah bei ihm blieben. Das bedeutete, dass er seine Frau überzeugen musste, mit seiner Tochter und ohne ihn nach Florida zu fliegen. Seine Probleme mit Donatti waren ein Spaziergang, verglichen mit dem Ärger, den Rina ihm

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